Neue Zeiten - Neuzeit Bayerische Aspekte der Reformation
Für die Geschichtswissenschaften ist der Beginn der Reformation eines der Signale für eine neue Ära, einen historischen Umbruch: Das Mittelalter wendet sich zur Neuzeit.
"Ketzer sind nützlich. Wir wissen nicht, wie gut es uns ist, Gegner zu haben."
Martin Luther
Wo er Recht hat, da hat er wirklich Recht gehabt, der Martin Luther. Am Gegensatz, am Widerspruch schärfen sich unsere Gedanken. Nur, wer bereit ist, eigene Überzeugungen dem Widerspruch auszusetzen und dadurch immer wieder auf die Probe zu stellen, hat die Chance, sich weiterzuentwickeln. Für uns heute scheint das das Selbstverständlichste der Welt zu sein. Zu Luthers Zeit, vor 500 Jahren, war Widerspruch überhaupt nicht gefragt. Im Mittelalter galten Kirche und Staat als eine Einheit, man hat sie gesehen als die zwei Arme an ein und demselben Körper; und beide waren streng hierarchisch geordnet. Das jahrhundertealte Prinzip der Hierarchie, der heiligen Herrschaft war die bedingungslose Gefolgschaft. Aber schon damals hat sich die Welt immer schneller gedreht: Klimatische Veränderungen und technische Neuerungen wie der Buchdruck haben das Leben der Menschen radikal verändert. Und plötzlich passten die althergebrachten Formen des Zusammenlebens nicht mehr. Rufe nach Re-Formen wurden immer lauter. Schon lang vor Luther. Kirche und Staat reagierten darauf mit Repressionen. Unter Intellektuellen aber wurde immer klarer, dass eine Reform der Verhältnisse immer drängender wurde. Luther war nur einer dieser Intellektuellen.
Dr. Johannes Eck
Auch in Bayern, besonders an der Bayerischen Landesuniversität zu Ingolstadt, gab es nicht wenige davon. Herausragendster Vertreter dieser modernen Denker war Dr. Johannes Eck. Der war anfangs gar nicht so weit vom Denken Luthers entfernt, entwickelte sich aber bald zum bedeutendsten Luther-Gegner, dessen Gegnerschaft den Wittenberger Reformator erst zu dem gemacht hat, der er bis heute ist. Doch während Luther schnell und dauerhaft weltberühmt wurde, reduziert sich Ecks Bekanntheit heute auf die bekannte Kreuzworträtselfrage: „Gegner Luthers mit drei Buchstaben“…
Autor: Anton Rauch
Ausbund
Im Gegensatz zu gemäßigten Lutheranhängern wurden die radikalen Strömungen der Reformation, wie etwa die Wiedertäufer streng verfolgt. Sie stellten die gesamte alte heilige Ordnung in Frage, indem sie zum Beispiel die Trennung von Kirche und Staat forderten. Die Wiedertäufer wurden als Ketzer verfolgt und teilweise hingerichtet. Damit gelang es den bayerischen Herzögen die Baptistenbewegung klein zu halten. Und dennoch ist das niederbayerische Passau bei Täufergemeinden, etwa den Amish-People in Amerika, bis heute buchstäblich in aller Munde.
Autor: Andreas Pehl
Landschaft und Mensch
Die Reformation markiert den Beginn des Individualismus. Die Menschen lösen sich aus der Fixierung auf den Himmel und gewinnen einen Blick für die Welt, nicht, wie sie sein sollte, sondern wie sie wirklich ist. Das findet auch seinen Ausdruck in den Künsten. Albrecht Dürer oder die Holbeins aus Augsburg porträtieren ihre Auftraggeber, wie sie wirklich sind, der Regensburger Albrecht Altdorfer bettet seine Alexanderschlacht in dramatische Landschaften ein und der Passauer Hofmaler Wolf Huber wird sogar zum ersten reinen Landschaftsmaler der mitteleuropäischen Kunstgeschichte. Einen ganz besonderen Stellenwert hat sich dabei Lukas Cranach erarbeitet.
Autorin: Barbara Bogen
Georg Rörer
Altbayerns Beitrag zur Reformation war keineswegs unbedeutend. Besonders deutlich wird das an einem Mann, der zu Unrecht in der breiten Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist. Der Deggendorfer Georg Rörer gehörte seit 1522 zu Luthers engsten Vertrauten. Rörer, der erste protestantische Pfarrer der Kirchengeschichte, hat Luthers Vorlesungen, Reden und Predigten mit einer selbst entwickelten Kurzschrift protokolliert. Und um das Lesen der schließlich gedruckten Werke zu erleichtern, soll er auch die heute noch gebräuchliche Großschreibung von Hauptwörtern eingeführt haben.
Autorin: Birgit Fürst