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Regent darf nicht sterben Neustart beim Weißenburger Anzughersteller

Bei teuren Herrenanzügen denken die meisten an Hersteller aus London oder Italien. Doch auch in Mittelfranken gibt es eine Firma, deren Anzüge Hollywoodstars und Bundespräsidenten schätzen: Regent aus Weißenburg. Neue Chefs wollen die zuletzt arg gebeutelte Firma aus der Krise holen.

Von: Stephan Lina

Stand: 24.05.2017 | Archiv

Sendung zum Nachhören: Regent darf nicht sterben

Das Paradies für Anzugfans liegt in einem nüchternen Industriegebiet, zwischen Autowerkstätten und einem Schnellimbiss. An einer schlichten, leicht verblichenen rosa Fassade prangt der Schriftzug Regent. Dort, im mittelfränkischen Weißenburg, entstehen bis heute Herrenanzüge, und das weitgehend in Handarbeit. Vielleicht muss man auch sagen: Hier entstehen wieder Herrenanzüge. Regent gilt unter Kennern seit Jahrzehnten als Garant für edle Männermode. Doch vor wenigen Monaten noch stand das Traditionsunternehmen vor dem Aus. Nun wollen mehrere junge Investoren die Marke retten.

Andreas Meier

"Wir betreten jetzt die Basis für unsere Produkte, das Stofflager und sehen dort zum Einen, was sich in den letzten Jahrzehnten hier an Stoffen angesammelt hat. Und zum Zweiten sind dort natürlich auch die Themen gelagert, die jetzt frisch eingetroffen sind und nun in die Produktion laufen. Der Raum ist speziell klimatisiert, um die hochwertigen Stoffe, die aus Italien und aus England kommen, auch langanhaltend frisch zu halten. Der Stoff kann ja auch gewisse Alterungserscheinungen haben. Es gibt die Anforderung, dass während der Lagerung nicht zu stark belichtet wird, dass es eine bestimmte Temperatur, eine bestimmte Feuchtigkeit hat. Und das haben wir in diesem Raum sichergestellt."

Andreas Meier, Geschäftsführer von Regent

Stofflager bei Regent

Wenn Andreas Meier durch das Stofflager von Regent führt, ist man schnell an das sprichwörtliche Kind im Bonbon-Laden erinnert. Mit leuchtenden Augen deutet er auf die Stoffrollen, zieht hier einen Ballen Kaschmir aus den riesigen Regalen, streicht dort über einen seidig glänzenden Wollstoff.

"Wir haben hier parallel angeordnet Regale in mehreren Reihen, auch mit Querreihen, die über 20 bis 30 Meter hinweg mit vielen bunten Rollen gefüllt sind. Auf diesen Rollen sind verschiedene Arten von Stoffen aufgerollt, die dann sortiert sind. Nicht nach Farbe bei uns, sondern nach Stoffqualitäten und nach Herstellern."

Andreas Meier, Geschäftsführer von Regent

Neues Leben einhauchen

Andreas Meier ist seit einigen Monaten einer der beiden Geschäftsführer von Regent in Weißenburg. Zusammen mit Philippe Brenninkmeijer will er der Traditionsfirma neues Leben einhauchen. Das hat Regent bitter nötig. Denn binnen zweier Jahre war das Unternehmen zuvor zweimal in die Insolvenz gerutscht.

Filmstars, Musiker, Bundespräsidenten als Kunden

Meier und Brenninkmeijer sind die letzte Hoffnung für eine Firma, die über Jahrzehnte zu den großen Namen in der deutschen Modebranche gehört hatte. Bundespräsidenten ließen sich hier mit Anzügen einkleiden, Filmstars, Musiker. In einem der Büroflure gibt es eine Wand, an der signierte Fotos der prominenten Kundschaft hängen. Es ist eine Art Museum der Bundesrepublik der 60er bis 80er Jahre. Und genau das war auch die Ursache für den schleichenden Niedergang, sagt Andreas Meier. Regent sei irgendwann stehengeblieben, während sich die Modewelt immer schneller zu drehen begann. Nun müsse man den Spagat schaffen, den Ruhm der Vergangenheit mit einem coolen Neustart zu verbinden. Ähnlich sieht es sein Partner Philippe Brenninkmeijer.

Philippe Brenninkmeijer

"Wir sind stolz darauf, wo die Firma herkommt, müssen aber beziehungsweise sehen ganz stark die Notwendigkeit, das Ganze abzustauben. Das ist das, was wir machen. Deswegen hängt auch bei mir im Büro ein Staubwedel."

Philippe Brenninkmeijer, Geschäftsführer von Regent

Auch wenn sich die Märkte verändert haben: Im Prinzip geht es bei Regent seit knapp 70 Jahren um das immer gleiche Thema. Den Anzug für den Herren. Doch was ist eigentlich ein Anzug? Die kürzeste Definition ist wohl: Eine Kombination von Hose und Jackett aus dem selben Stoff. So sagte es zumindest Sir Hardy Amies. Der Engländer gilt bis heute als die Kapazität, wenn es um stilvolle Herrenmode geht.

Ein Anzug in 20 Stunden

Dampfpresse bei Regent

Bis zu 20 Stunden dauert es in Weißenburg, bis ein Konfektions-Anzug fertig ist. Zum Vergleich: Ein großer Hersteller mit automatisierten Fabriken benötigt weniger als zwei Stunden. Die meisten Firmen lassen zudem in Billiglohnländern in Osteuropa oder Asien fertigen. Die Weißenburger erledigen dagegen jeden Arbeitsschritt im Hochlohnland Deutschland. Das erklärt auch, warum der Einkauf bei Regent nicht billig ist. Ein Anzug kostet mindestens 2.000 Euro. Und das gilt für Anzüge von der Stange. Echte Maßanfertigungen sind noch teurer, denn dann muss alles von Hand erledigt werden, selbst die ersten Schnitte, die sonst eine große Maschine übernimmt.

Stephan Lina hat die schillernde Geschichte von Regent recherchiert

Zeit für Bayern-Autor Stephan Lina beleuchtet die schillernde Geschichte von Regent, zeigt die Handwerkskunst und das immense Know-How und die unzähligen Handgriffe und Arbeitsschritte, die hinter einem guten Anzug stecken, die Lebensläufe von Spezialisten wie einem Knopfannäher, aber auch den mühsamen Kampf eines kleinen Traditionsherstellers in Zeiten des Onlinehandels und der rasend schnellen Sortimentswechsel in der Modebranche.


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