Ein Dorf hilft sich selbst Mit Schaufel und Bagger ins World Wide Web
"Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner!" Stundenlang verbrachten die Einwohner aus dem niederbayerischen Weiler Satzenberg vor ihrem Computer. Meistens nachts. Manchmal ging ein bisserl was, meistens gar nichts. Digitale Diaspora. Architekten, Künstler, Landwirte, Ingenieure, Sanitäter, alles Berufe, die auf Internet angewiesen sind. Manche dachten an Wegzug, manche fuhren resigniert nach Simbach hinunter mit Laptop und Handy, um sich dort ins World Wide Web einzuloggen. Bis einer die Initiative ergriffen hat und 12 Haushalte von seiner Idee überzeugen konnte.
Ohne Internet - geht gar nichts
Ob im Supermarkt oder am Flughafen, bei der Deutschen Bahn oder auf Behörden, in Schulen, in Fabriken und Betrieben, wenn das Netz zusammenbricht, geht gar nichts mehr. Gerade im ländlichen Raum ist eine gute digitale Anbindung besonders wichtig. Recherchen für die Schule, Bankgeschäfte, Behördengänge, Steuererklärungen oder die gesetzlich festgesetzten Meldungen in Vieh- und Milchwirtschaft sind ohne Online-Zugang kaum oder nur unter erhbelichem Zeitaufwand zu bewerkstelligen. Internet gehört seit Jahren zur Grundausstattung eines Haushalts.
Die Politiker predigen seit Jahren immer wieder davon, den ländlichen Raum gezielt zu fördern. Tatsächlich fühlt sich der ländliche Raum aber häufig abgehängt – vom Streckennetz der Bahn genauso wie vom Netzausbau für das Internet. In Satzenberg, ein paar Kilometer von Simbach am Inn entfernt, war der Leidensdruck besonders groß. Bis sich Online-Portale aufbauten, konnte man vorher duschen gehen und zu Abend essen, wenn es überhaupt funktionierte. Wind und Wetter beeinflussten die LTE-Verbindungen, wer Bereitschaft hatte, war digital nicht erreichbar, ein Zustand, der von keinem Arbeitgeber akzeptiert wird.
Hans Birneder und die Satzenberger baggern sich ins World Wide Web
Der Weiler Satzenberg mit 39 Einwohner mitten im schönsen Rottal gelegen, ergriff nun selbst die Initiative. "Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner!" Der EDV-Ingenieur Hans Birneder hatte die Idee. "Lasst uns doch zum nächsten Verteiler-Kasten selber graben!" Aus den anfänglich 800 Metern zur Pfarrkirchner Staatsstraße wurden dann letztendlich 6000 Meter nach Weinleiten! 12 Familien halfen zusammen und baggerten und schaufelten sich Richtung Simbach durch Wald und Flur, über Stock und Stein. Fast ein ganzes Jahr lang recherchierte und verhandelte Hans Birneder im Vorfeld mit Grundstückseigentümern, mit der Deutschen Telekom und dem privaten Provider "Inn-Energie". Über 142 Grundstücke wurden gequert, fast 7000 Meter Leerrohre verlegt, ein Abenteuer, das sich auszahlte, denn die Satzenberger haben Glasfaser direkt im Haus und surfen mit 100Mbit pro Sekunde durchs Netz.