Bayern genießen Stark - Bayern genießen im März
Jetzt geht's stark aufs Frühjahr zu. Zu diesem Anlass gibt's in der März-Ausgabe von Bayern genießen eine ganze Reihe starker Themen aus allen sieben bayerischen Regierungsbezirken.
So war sie schon immer die Welt - ein ewiges Auf und Ab. Warum solls in unserer Zeit anders sein? Längst ist schwach geworden, was einst stark war, und anderes hat sich aus unbedeutenden Anfängen zu ungeahnter Stärke und Größe aufgeschwungen. Prominentestes Opfer heuer: Der Winter. Von dem Matthias Claudius einmal behauptet hat, sein Fleisch fühle sich wie Eisen an, er sei kernfest und auf die Dauer. So kann man sich täuschen. Von wegen Dauer. Diesmal schauts stark danach aus, dass er vorbei ist, ohne überhaupt angefangen zu haben. Freilich: Jeder weiß, dass die Stärke des Winters bloß die Schwäche der Sonne ist. Und die wiederum ist die einzige Konstante fürs irdische Leben. Oder ist nicht doch die Kälte des Universums die Konstante und die Wärme der Sonne nur ein vorübergehendes - wenn auch für menschliche Maßstäbe unendlich groß und stark? Schauns, so schnell kommt man beim Plaudern zu den ganz großen Fragen. Dabei wollen wir uns in dieser Bayern genießen Sendung bloß einmal mehr mit starken Genussthemen beschäftigen.
Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Stark"
Oberbayern: Starker Rowdy. Herzog Christoph der Starke und die Münchner Residenz. Von Christine Gaupp
Niederbayern: Starker Trunk. Welche Rolle spielt Starkbier zur Fastenzeit heute noch im Kloster? Von Birgit Fürst
Oberpfalz: Starke Stars. Die Bundesliga-Gewichtheber aus Roding. Von Thomas Muggenthaler
Oberfranken: Starker Geschmack. Die Haferwurzel. Von Susanne Roßbach
Mittelfranken: Starker Überhang. Bouldern im Café Kraft. Von Tobias Föhrenbach
Unterfranken: Starke Typen. Die Steinhauer aus den Haßbergen. Von Norbert Steiche
Schwaben: Starker Wuchs. Robuste Gemüsesorten auf der Augsburger Saatgutbörse. Von Barbara Leinfelder
Starker Geschmack. Die Haferwurzel
Stark. Der Begriff geht auf die jahrtausendealte Wortwurzel star-, ster- zurück, die soviel bedeutet wie fest, kräftig, unbeweglich steif. Die Wurzel steckt auch drin in starr, im Fix-Stern und im Ster, dem Festmeter Holz, im Stur-Kopf und seiner Stirn. Und, ja, tatsächlich auch im Sterben. Bekanntlich tritt bei Leichen eine Leichenstarre ein. Sie werden steif, unbeweglich. Genauso müssen aber auch die Wurzeln, aus denen es jetzt wieder stark zu treiben anfängt. Doch da muss man aufpassen. Das Wachstum darf man nur zulassen, wenn man die oberirdischen Teile der Pflanze genießen möchte. Wer den Spross oder gar die Wurzel braucht, der muss früher dran sein, damit nichts verholzt. Der Spargel ist ein berühmtes Beispiel dafür. Aber die Spargelzeit kommt erst noch. Viel früher sind die typischen Wurzelgemüse dran, die man im Herbst ernten kann. Darunter auch eines, das heute nicht mehr so bekannt ist, durchaus aber Feinschmecker-Potential hat und sich deswegen lohnt, wiederentdeckt zu werden: Die Haferwurzel. Sie schmeckt kräftig süßlich und ist ziemlich nahrhaft. Früher hats einmal geheißen: Habermark macht Buben stark. Beziehen können Sie sie zum Beispiel bei der Biogärtnerei Niedermaier in Bamberg. Und beim Umweltamt der Stadt Nürnberg gibt es eine Broschüre, die neben der Haferwurzel noch zahlreiche andere historische Kultursorten aus Franken samt Bezugsquellen auflistet.
Starkes Bier: Bei den Chorherren im Kloster Windberg
Die feste, unbewegliche, starre Wortwurzel ster- gibt’s auch in vielen anderen Sprachen. Im Griechischen zum Beispiel. Da bedeutet stereos fest, fest verankert. Unser Wort Stereo leitet sich davon ab, weil beim Stereo-Raumklang jeder Ton gewissermaßen seinen festen Platz zugewiesen kriegt. Übrigens: Im Mittelhochdeutschen hat ein Geißbock Stär geheißen. Weil er oft so bockbeinig, so bockstarr dasteht. Und da könnte es sein, dass die Münchner Paulaner-Mönche, die ja bekanntlich als erste das Starkbier Salvator gebraut haben, sich einen Spass erlaubt haben. Bockbier zu brauen, das war früher nämlich ein alleiniges Vorrecht des bayerischen Herzogs. Niemand sonst, auch die Mönche nicht, durften das. Sie habens natürlich trotzdem gemacht - und den Namen bloß übersetzt: So könnte das Stär-Bier, das Starkbier entstanden sein, mit dessen Hilfe die braven Brüder einmal die harte Fastenzeit überstehen konnten. Aber die Fastenzeit ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Und natürlich sind auch die Mönche von damals mit den heutigen kaum mehr zu vergleichen. Wir haben einmal geschaut, welche Rolle heute noch das fastenzeitliche Starkbier im Kloster hat. In der niederbayerischen Abtei Windberg zum Beispiel.
Starker Überhang: Im Nürnberger Café Kraft
Stark ist insofern ein interessantes Wort, weil es zweierlei bedeuten kann: Einerseits kräftig, muskulös, andererseits dick, umfangreich. Starke Mauern sind selbstverständlich kräftig, widerstandsfähig; aber sie sind das in der Regel deswegen, weil sie auch dick sind, weil die Mauerstärke eben nicht bloß ein paar Zentimeter beträgt. Andererseits gibt es mittlerweile eine ganze Menge Materialien, die deutlich widerstandsfähiger sind als Mauern, obwohl sie viel dünner sind. Wie überhaupt ein starker Mann dick sein kann ohne tatsächlich stark zu sein. Dagegen ein Schlanker trotzdem ungeheuer kräftig. Man kann aber dünn sein und wenig muskulös und trotzdem stark: Und mit Geistesstärke tu ich Wunder auch. Selbst wenn bei Goethes Zauberlehrling diese Stärke, wie sich herausstellt, noch nicht groß genug ist: Sein Hirn ist vielleicht der wichtigste Muskel des Menschen. Kraft muss nämlich auch richtig angewandt werden. Nirgendwo sonst wird das deutlicher als beispielsweise im Nürnberger Café Kraft. Das ist mit 1600 Quadratmetern eine der größten Boulderhallen Deutschlands.
Starke Stars: Die Bundesliga-Gewichtheber aus Roding in der Oberpfalz
Auch, wenn der Mensch keine Kraft zu verschenken hat: Der Wettbewerb gehört schon seit Urzeiten zur menschlichen Kultur. Und gerade der Wettbewerb nach dem Motto Wer ist der stärkste im ganzen Land. Wer das höchste Gewicht und anschließend die Arme in die Höhe reißt, der will eins: Gesehen werden. Rekorde sind nichts ohne Zeugen. Man kann genausowenig der stärkste im stillen Kämmerlein sein, wie es überhaupt eine absolute Stärke gibt. Auch beim Gewichtheben spielt die mentale Stärke eine riesige Rolle. Und die speist sich nicht bloß aus dem Inneren des Sportlers, sondern auch von außen. Aus dem, was man an Technik vermittelt bekommt, aber auch aus dem, was jubelnde Zuschauer letztlich aus einem herauskitzeln. Die Bundesligagewichtheber aus Roding in der Oberpfalz wissen das. Heute Abend sind die Bayerischen Meisterschaften der Masters in Schweinfurt und am 4. April ist Vereinsmeisterschaft. Aber Roding ist auch sonst einen Ausflug wert. Nicht nur die Stadt, sondern auch die Ruine der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Schwärzenburg darüber. Die Burg steht auf dem berühmten Pfahl, einer 300 Jahrmillionen alten Quarzmauer, die sich 150 Kilometer lang quer durch den Bayerischen Wald zieht. Und der zählt zu den stärksten Naturwundern Bayerns, gleichzeitig eines der bedeutendsten Geotope Deutschlands. Ideal zum Wandern.
Starker Mann. Der Münchner Herzog Christoph der Starke
Wer ist der Stärkste? Das wollte man immer schon wissen. Der stärkste Mann der Welt - in der griechischen Antike soll das ein gewisser Milon aus Kroton, heute Crotone in Kalabrien gewesen sein. Milon hat in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts vor Christus gelebt und als einziger sechsmal in allen Panhellenischen Spielen gewonnen. Schon seine Zeitgenossen waren geteilter Meinung über ihn. Tatsächlich scheint er ein gebildeter und politisch interessierter Mensch gewesen zu sein, der dem Philosophen Pythagoras nahestand und von den Einwohnern seiner Heimatstadt zum Feldherrn ernannt wurde. Sprichwörtlich geworden und bis heute berühmt ist er aber als furchtbar dummer und gefräßiger Kraftprotz, über den man sich nach Belieben lustig machen konnte. Das Schicksal teilt er mit Vielen, die wegen ihrer Körperstärke berühmt wurden und denen man deswegen wenig Geistesstärke zutraute. In der Bayerischen Geschichte geschah das mit einem veritablen Herzog: Christoph dem Starken von Bayern München. Der jüngere Bruder Herzog Albrechts IV. lebte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Er war durchaus ein heller Kopf, der sich zeitlebens gegenüber seinem Bruder politische Mitbestimmung im Herzogtum erstreiten wollte. Berühmt geworden aber ist er durch seine Tapferkeit und sportliche Stärke. Noch heute zeigt man in der Münchner Residenz einen 364 Pfund schweren Stein, den er 9 Schritt weit geschleudert haben soll. Übrigens: Auch Unternehmer ist Christoph der Starke gewesen. Bei Peiting im bayerischen Oberland hat er die nach ihm benannte Herzogsägmühle gegründet. Heute befindet sich dort eine große Einrichtung des bayerischen diakonischen Werks für behinderte und benachteiligte Menschen, unter anderem mit einem umfangreichen Kultur- und Freizeitprogramm.
Starker Wuchs: Robuste Gemüsesorten aus Augsburg
Gestorben sein soll Herzog Christoph der Starke auf der Rückreise von seiner Fahrt ins Heilige Land übrigens an den Auswirkungen ungewohnter mediterraner Kost. Wieviel da dran ist, lassen wir einmal dahingestellt. Bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts hat sich bei den deutschen Italienreisenden am Teutonengrill bekanntlich die Mär gehalten, dass Olivenöl schwer verdaulich sei. Dabei hätte auch damals bereits Friedrich Nietzsches Satz gegolten Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. Wobei da selbstverständlich nichts gegen einheimische Kost gesagt werden soll. Speziell altes einheimisches Gemüse, das oft viel robuster ist und stärker wächst als die neuen Zuchtsorten. In Augsburg gibt’s da alljährlich Anfang März eine Saatgutbörse. Wer die Samenbörse verpasst hat, hat noch Gelegenheit, sich in ein paar Wochen bereits mit starken Jungpflänzchen einzudecken. Am Sonntag, 10. Mai, lädt die Cityfarm ab 14 Uhr zur Offenen Gartentür mit Jungpflanzenmarkt. Dort kriegt man Jungpflanzen zum Beispiel vom Roten Augsburger, einer besonders wüchsigen Gemüsepaprikasorte.
Zur Wortfamilie stark, starr, stur, sterben etc. gehören auch der Sterz, Starz oder Storz, mit dem man den Strunk eines Baums, den Anschnitt eines Brotes oder auch einen kleinen Menschen bezeichnen kann und die Strebe. Und die ist auch doppeldeutig. Eine Strebe ist starr, strebt aber gleichzeitig in eine bestimmte Richtung. Und damit kommt in diese an sich feste, starre Wortfamilie etwas durchaus Bewegliches, etwas das in unterschiedliche Richtungen - genau! - steuert. Nicht nur das Steuern, auch das Stören und das Streichen, der umherziehende Landstörzer, Landstirzer also der Landstreicher; der Störschuster oder -schneider, der einmal von Haus zu Haus gezogen ist; ja, und der Storch, der unstete Zugvogel, auf den wir uns in diesen Wochen wieder freuen dürfen. Weil er aus Afrika zurückkehrt und weil es stark aufs Frühjahr zugeht…