Vom Leben nach dem Tod Neu genutzte Klöster in Bayern
Hunderte Klöster gibt es in Bayern - aber Ordensleute werden immer weniger. Nur eine verhältnismäßig geringe Zahl der oft riesigen Gebäude werden als Kloster überleben. Wir zeigen hoffnungsvolle Ansätze für ein "Leben nach dem Tod" alter Klöster.
Kloster Furth
Furth bei Landshut. Das ehemalige Maristenkloster ist jetzt das Seminar- und Tagungszentrum Kloster Furth: Eine helle Lobby Platz gemacht, mit modernen Design-Lampen und automatischen Glasschiebetüren; durch eine Wand leuchtet groß der Schriftzug "Kloster Furth".
"Wenn man Kempinski hört oder andere große Ketten, dann ist es immer ein Name und verschiedene Unterhäuser, die sich in diese Ketten einfügen, und das gleiche ist das Konzept, das wir ins Kloster Furth übernehmen wollten, Kloster Furth als Dachmarke selbst, mit dem Logo das wir haben, und die Outlets, die dem untergeordnet sind, Bräustüberl, Bier Destillation, Seminar und Schulungszentrum, dass wir nach außen mit der starken Marke arbeiten können, aber jedes Outlet selbst sich auch in dem System selbst identifizieren kann."
Steffen Lehmann, Manager 'Kloster Furth'
2015 ist die aktive Ära der Maristen-Schulbrüder in Furth zu Ende gegangen - genau ein Jahrhundert und ein Jahr nach der Kloster-Gründung. Ihr ehemaliges Gymnasium ist innerhalb des Orts umgezogen, wird nun vom Bistum Regensburg betrieben. 16 der Further Maristenbrüder leben noch - sie haben sich im ältesten Teil des Klostergebäudes einen Alterswohnsitz eingerichtet. Das Kloster ist jetzt ein Kommunalunternehmen der Gemeinde.
"Früher hat's eine Klosterbrauerei gegeben, die Klosterbrüder waren da, Schule war da, wo ich klein war; der Hintergrundgedanke Kloster und Schule ist irgendwo wieder aufgefasst worden, mit dem Bildungszentrum und auch die Brauerei ist wieder eingezogen, die ja mal weg war. Genau die Sachen, die Furth früher ghabt hat, des bringt ma wieder nach Furth (...) Das selbstgebraute Bier ist spitzenmäßig gelungen, das Essen wirklich sehr gut (...) is a tolles Gebäude, Ambiente is wirklich a Traum worn da oben. Mir gfrein uns, dass (...) das in Further Hand geblieben ist - und in der Zwischenzeit ist des a tolle Entwicklung mit dem Bräustüberl, mit der Verwaltungsschule, mir san als Furtherer richtig stolz drauf, dass sich des so ergeben hat."
Further Bürger
Kloster Schlehdorf
Ganz ähnlich wie den Further Maristen ging es den Missions-Dominikanerinnen im oberbayerischen Kloster Schlehdorf. Aus dem Wunsch heraus, den richtigen Moment nicht zu verpassen, noch selbst über ihre Zukunft zu entscheiden, bevor es andere tun, machten sich die Schwestern auf die Suche nach einem Käufer, mit einem Konzept in ihrem Sinn. Daraus geworden ist das "Cohaus Kloster Schlehdorf", ein gemeinschaftlich organisiertes Wohn- und Arbeitshaus. Es hat nach einer Testphase 2019 endgültig den Zuschlag bekommen hat. Die Münchner Wohnungsbaugenossenschaft Wogeno hat für das Cohaus eine eigene GmbH gegründet. Das Konzept dafür war eigentlich fast das Kloster selbst.
"Es hat sich gezeigt, dass dieses Haus schon für eine Gemeinschaft entworfen wurde und auch belebt wurde und damit eine ideale Basis bietet, das weiter zu nutzen. Und damit haben wir uns auch in der Gliederung der Räumlichkeiten sehr stark angelehnt an das, was die Missionsdominikanerinnen hier gelebt haben."
Johannes Hochholzer, Geschäftsführer Wogeno
Gerade Klostergebäude tragen einen eigenen Sinn, eine eigene Logik in sich, die sich eng an den Orden und seine Geschichte knüpft. Die große Kunst bei der Suche nach einem neuen Konzept ist - so scheint es - sich diese Logik zunutze zu machen. Und sie dann mit den Bedürfnissen neuer Bewohner und der Nachbarn in Einklang zu bringen. Reisach, Reutberg, Beuerberg, Altomünster und viele andere Orte. Fast überall empfinden die Menschen ein aufgelassenes Kloster als Verlust. Schließlich haben die vielen hundert Klöster bayerische Identität geprägt, oft über Jahrhunderte.
Ursulinenkloster Landshut
Stundenwechsel an der Ursulinenrealschule in Landshut. Durch verwinkelte Flure drängeln sich die Schülerinnen, über alte Fliesen, Holzdielen und gewundene Stiegen. 2015 haben die Ursulinen das Kloster verlassen und es an die Erzdiözese München-Freising verkauft. Die nimmt jetzt 55 Millionen Euro in die Hand. Einerseits, um die Schule auszubauen. Und andererseits, um die Bausubstanz komplett zu sanieren und dann im Gebäude eine Zweigstelle des Diözesan-Museums einzurichten, das die Geschichte der Landshuter Ursulinen erzählt. So lebt vor allem das zentrale Ideal der Ursulinen weiter: Bildung und Erziehung für Mädchen - heute alltäglich, vor drei Jahrhunderten eine Revolution.
"Wenn der Grundgedanke, wenn praktisch das Besondere des Denkmals nicht kaputtgeht, dann kann man natürlich auch Veränderungen vornehmen. (...) Jetzt gilt's halt in der Denkmalpflege darum zu sehen, was ist das Wichtige an diesen Gebäuden, das auch für Menschen nachfolgende Generationen von Bedeutung ist?"
Mathias Pfeil, Bayerischer Generalkonservator
Kloster Polling
Im 18. Jahrhundert kam nach Polling, wer sich am deutschen Bildungs- und Wissenschaftsbetrieb beteiligen wollte. 80tausend wertvolle Bücher hatten die Augustiner-Chorherren einst in der Klosterbibliothek gesammelt.
Heute kommen Oldtimer-Fans aus der ganzen Welt nach Polling - für einen erstklassig sanierten 300SL Flügeltürer oder Roadster. Wo einmal der Stall war mit Pferden oder Ochsen, befindet sich heute die Herzkammer von HK Engineering, in der vier Experten alte Motoren restaurieren - vom Typ Mercedes-Benz 300 SL. Wie in einer Art Setzkasten stehen die Luxus-Karossen hinter den inzwischen verglasten Stalltüren, die hochmodernen Werkstätten bleiben verborgen, in den historischen Wirtschaftsgebäuden des Klosters.
"Also, es war einfach eine Ruine. So haben die Leute aus dem Ort es auch genannt. Da war auf dem Dach Grasnarbe, die zehn Zentimeter dick war. Da sind die Brennnesseln und die Bäume aus Dächern und Fenstern gewachsen. Im Hof war Gras auch meterhoch, und die Fenster waren zum Großteil zugenagelt. Also, es war fast gespenstisch hier. Aber hat trotzdem auf mich einen gewissen Reiz ausgeübt."
Hans Kleissl, Inhaber HK Engineering
Und so hat Hans Kleissl vor 40 Jahren die denkmalgeschützte Ruine gekauft, im Laufe der Jahrzehnte immer weiter saniert - und dabei erhalten, was er nur konnte.
In der alten Ziegelei betreibt er mittlerweile eine Wirtschaft. In der ehemaligen Klostermühle dagegen scheint die Zeit stehen geblieben - die Mehlsäcke hängen noch so da, als hätte sie vor hundert Jahren einfach jemand nicht mehr abgeholt. Die Mühle soll im Wesentlichen bleiben wie sie ist, wie er sie weiter nutzen möchte, weiß Hans Kleissl noch nicht. Jetzt ist er für die bayerische Denkmalschutzmedaille nominiert worden.
So - auf die eine oder andere Art - erzählen die bayerischen Klöster ihre oft schon jahrhunderte dauernden Geschichten weiter. Es sind Geschichten von ungezählten Umbrüchen, von Blütezeiten, Krisen und Neuanfängen - von Wandel und Veränderung. Und es sind Geschichten vom Leben nach dem Tod.