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Wo einst der König Kunde war Bayerische Hoflieferanten - Tradition und Zukunft

Über 100 Jahre nach dem Ende der Monarchie in Bayern werben immer noch viele Firmen mit dem Titel "Ehemaliger Königlich Bayerischer Hoflieferant". Was zeichnet gerade diese Unternehmen aus? Wie haben sie es geschafft, Weltkriege, Wirtschaftskrisen, Moden, und Globalisierung zu überleben?

Von: Julie Metzdorf

Stand: 09.12.2022 | Archiv

Wo einst der König Kunde war: Bayerische Hoflieferanten - Tradition und Zukunft

Ein kurzer Spaziergang durch die Münchner Innenstadt. Nicht selten fällt der Blick auf das königliche Wappen der Wittelsbacher mit Krone, Löwen und Rauten-Schild. Und das nicht nur an den Gebäuden der ehemaligen Residenz, sondern an Geschäftshäusern: an Fassaden und Markisen, auf Schuhputzmitteln, Servietten und Schaufenstern.

Das “Roeckl-Eck“ in der Münchner Münchner Theatinerstraße. Stammhaus des Kgl. Bairischen Hoflieferanten

Manchmal sind nur Teile des Wappens ins Firmen-Logo integriert, manchmal steht es ganz für sich, wie etwa bei Feinkost Dallmayr oder dem Kaffee- und Teehändler Eilles. Mehr als 1700 Unternehmer in und außerhalb Bayerns wurden zwischen 1806 und 1918 mit dem Hoftitel geehrt oder zum "Königlich Bayerischen Hoflieferanten" ernannt, ein Großteil davon in der Residenzstadt München.

"Es gibt Hoflieferanten und Hoftitel-Inhaber. Der Hofzimmerermeister ist einer, der wirklich für den Hof arbeitete, wohingegen ein Hoflieferant gar nicht zwingend für den Hof liefern muss, der Hoftitel ist dahingegen höherwertig, der hat das besondere, dass man am Hof arbeitet, teilweise war der Hof der wichtigste Arbeitgeber und die haben ganz viel gemacht."

Marita Krauss, Lehrstuhlinhaberin für Europäische Regionalgeschichte Uni Augsburg

Ein Anspruch auf tatsächliche Lieferung an das Könighaus entstand durch den Hoflieferanten-Status nicht. Die Hoffnung lag eher darin, mehr Kundschaft aus dem Adel und dem Bürgertum anzuziehen, die sich in der Königsnähe des Unternehmens sonnen konnten.

"Es gibt Fotos vom Schuhgeschäft Eduard Meier, der den Schuheinkauf zu einer heiligen Handlung gemacht hat, die Leute saßen auf einem Podest, auf einem Thron, wo der Verkäufer vor ihnen kniete und ihnen die Schuhe angepasst hat, das ist ein Gefühl 'Einkaufen wie ein König', das ist schon ein Teil dieses Gefühls, wenn man beim Hoflieferanten eingekauft hat."

Marita Krauss, Lehrstuhlinhaberin für Europäische Regionalgeschichte Uni Augsburg

Mehr als die Hälfte aller Titel gingen nach München, gefolgt von Nürnberg, Würzburg, Bamberg und Regensburg, seltener auch in ländliche Gebiete, zum Beispiel an die Mineralwasser-Firma Kondrauer in Waldsassen. Aber auch ausländische Firmen konnten bayerische Hoflieferanten werden. Über den Titel freuten sich zum Beispiel ein Weinbrand-Fabrikant aus Cognac, ein Chocolatier aus Dresden, ein Pianoforte-Konstrukteur aus St. Petersburg und ein Schildkrötensuppenhändler aus London.

Außenansicht Geschäft Ed.Meier

Auf den tiefblauen Markisen des Schuhhauses Eduard Meier in der Münchner Brienner Straße prangen gleich drei verschiedene Versionen des königlichen Wappens. Den Hoflieferantentitel bekam Eduard Meier 1895.

"Das war damals eine sehr kluge Geschichte vom Königshaus, denn damit hat man - wie heißt das heute in der Pädagogik - gute Leistung positiv verstärkt und einen Ehrgeiz geweckt und der Ehrgeiz ist über das rein wirtschaftliche hinausgegangen. Das wichtigste ist, dass es dein Unternehmen morgen und übermorgen noch gibt. Was du dann Gewinn und Umsatz gemacht hast, steht jetzt mal nicht im Vordergrund und das ist was, was sich sicherlich bei allen familiengeführten Unternehmen überall wiederholt. Ich lebe als erstes fürs Unternehmen und dann in Stufe 4 vom Unternehmen."

Peter Eduard Meier, Inhaber Schuhhaus Eduard Meier München

Auch die Münchner Hoflieferanten traf es hart: Zwei Weltkriege, Inflation, Industrialisierung, Globalisierung, veränderte Moden, Bankenkrise, Pandemie, Energiemangel - Krisen sind beständige Begleiter eines jeden Unternehmens. Auch Peter Eduard Meier sagt: Man muss Täler aushalten können. Die schwierigen Phasen überwiegen seiner Meinung nach sogar, auch in jüngerer Zeit gab es zwei richtige Ruckler: die Finanzkrise 2008 und die Geschäfts-Schließungen wegen Corona. Verbundenheit mit dem Produkt, Kampfgeist und die Familie im Rücken sind wichtig für den Unternehmer. Dazu Wandlungsfähigkeit und Gespür fürs Zeitgeschehen. Jede Generation muss sich neu erfinden.

Handschuh aus dem Hause Roeckl

Manche der Firmen werben offen mit ihrem Titel, andere haben andere Marketing-Entscheidungen getroffen. Stolz sind trotzdem alle auf ihre lange Tradition und die Errungenschaften ihrer Vorfahren. Ehemaliger Königlich bayerischer Hoflieferant zu sein ist ihnen Ehre und Ansporn zugleich.


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