BR Heimat

Bayern 2 Bayerisches Feuilleton Zum 80. Geburtstag von Martin Sperr

Martin Sperr (1944-2002), deutscher Schriftsteller und Schauspieler. (Aufnahmedatum: 01.01.1973-31.12.1973) | Bild: picture alliance / SZ Photo | Marlies Schnetzer

Samstag, 07.09.2024
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BR Heimat

"Überall rausgeschmissen ..."
Der Dramatiker Martin Sperr
Von Monika Dimpfl
BR 2004

Wiederholung am Sonntag, 12.05 Uhr, Bayern 2

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Am Bremer Stadttheater, das den 21-jährigen Jungschauspieler Martin Sperr für die Spielzeit 1965/66 engagierte, wurde aufregendes Theater gemacht. Die erste Pop-Generation war zum Marsch durch die Kultur-Etablissements angetreten: Peter Zadek und Wilfried Minks inszenierten, bald danach kamen Rainer Werner Fassbinder und Peter Stein. Martin Sperrs 1966 uraufgeführter Erstling "Jagdszenen aus Niederbayern" geriet zur Sensation. Peter Fleischmann verfilmte das Stück über den homosexuellen Außenseiter und die Gewalt im Dorf drei Jahre später kongenial, Sperr selbst spielte den Abram. Der Film erhielt den Bundesfilmpreis, lief auf der Berlinale und in Locarno. Sperr war berühmt.

"Ich habe von der Fleißer viel gelernt, ohne das Bedürfnis zu haben, sie zu kopieren." Der in Steinberg/Niederbayern geborene Sperr gehörte, wie Kroetz und Fassbinder, zu den literarischen "Söhnen" der Marieluise Fleißer und galt als Erneuerer des kritischen Volksstücks. Konsequent schrieb er seine "Bayrische Trilogie" als repräsentativen Querschnitt der Nachkriegswirklichkeit fort: Die "Jagdszenen" hatte er gleich nach dem Krieg,1948, angesetzt; die "Landshuter Erzählungen" über den Konkurrenzkampf zweier Bauunternehmer ein Jahrzehnt danach; mit dem dritten Stück "Münchner Freiheit", einer Satire auf Grundstücksspekulation und Wohnraumzerstörung, war er in der Gegenwart von 1969 angelangt.

Auch bei der Adaption historischer Stoffe für Fernsehfilme vermied Sperr Bayern-Nostalgie und Tümelei. So machte er aus dem legendären "Räuber Kneißl" einen Sozial-Rebellen und erzählte in der Tragikomödie über die betrügerische Privatbankiere "Adele Spitzeder", wie Gier und Dummheit im Geschäftsleben funktionieren.

1972 unterbrach ein Unfall die Karriere Sperrs. Er lag lang im Koma, danach war er nicht mehr derselbe. Sein Zustand blieb schwankend und war schon Jahre vor seinem Tod am 6. April 2002 zunehmend gefährdet. Am 14. September 2024 wäre Martin Sperr 80 Jahre alt geworden. Wir wiederholen aus diesem Anlass ein Porträt von Monika Dimpfl.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.