Beziehungstherapeutin gibt Tipps Wie wir beim Sprechen Missverständnisse vermeiden
Wie ist das bei Ihnen? Kennen Sie das: Sie suchen nach den richtigen Worten, um etwas zu erklären – und die anderen verstehen Sie dennoch falsch? Sabine Agosta arbeitet seit 20 Jahren als Paar- und Familientherapeutin in München und wir haben Sie nach Tipps für eine bessere Kommunikation gefragt.
Reden ist ja an sich keine große Kunst, denkt man. Machen wir in der Familie, am Arbeitsplatz mit Kollegen, mit Freunden, an der Theke beim Bäcker. Trotzdem kommt’s einem immer wieder mal so vor, als gäbe es nichts Schwierigeres, als die richtigen Worte zu finden oder zu verstehen, was der andere wirklich meint.
Sabine Agosta arbeitet seit 20 Jahren als Paar- und Familientherapeutin in München und wir haben sie gefragt, woran das liegt, dass wir uns so schwer tun, miteinander zu sprechen und wie wir es besser machen können.
Warum gibt es so viele Missverständnisse, wenn wir miteinander reden?
Wenn wir miteinander sprechen, kommen viele Dinge gleichzeitig zusammen. Mal abgesehen davon, dass wir auf mehreren Ebenen gleichzeitig kommunizieren, nicht nur verbal, sondern auch mit Ton, Mimik und Gestik, so sprechen auch zwei Menschen miteinander, die beide jede Menge Grundbedürfnisse, Glaubenssätze und daraus entstehende Bewertungen bei sich im Gepäck haben. Insofern könnte man sagen, eines der größten Probleme, wenn wir miteinander sprechen, ist, dass wir davon ausgehen, dass der jeweils andere exakt dasselbe Gepäck hat wie wir und daher auch genauso spricht, hört, empfindet und interpretiert wie wir und dann entsetzt oder empört oder verunsichert sind, wenn der jeweils andere in unseren Augen und Ohren völlig falsch reagiert.
Interpretieren wir zuviel und sollten lieber besser zuhören?
Wenn jemand nachfragt, wenn mir jemand zuhört, so zeigt er Interesse an mir. Dann erfüllt dies elementare Grundbedürfnisse von uns.
Wir Menschen sind evolutionär gesehen eher klassische Beutetiere, wir können nichts besonders gut, weder gut riechen, sehen, hören, rennen, klettern alles recht durchschnittlich, unsere Superpower ist die Gemeinschaft, die uns schon immer das Überleben gesichert hat, wir sind Rudeltiere.
Eins unserer tiefsten emotionalen Grundbedürfnisse ist Verbundenheit. Hört mir jemand zu und zeigt an mir und dem was mir wichtig ist, Interesse, so fühle ich mich gesehen und verbunden, ich fühle mich angenommen und daher zugehörig. Das gibt uns Sicherheit, Entspannung und Vertrauen und schafft in uns eine Basis, dass auch zurück geben zu können…
Woher kommt es, dass wir uns mit dem Zuhören oft so schwer tun?
Zuhören setzt voraus, dass ich meine Gedanken und Bedürfnisse, mich und mein Ego etwas hinten an stelle. Ich "schenke" jemandem dann meine Aufmerksamkeit, mein Ohr. Das Geschenk ist, dass ich in diesem Moment mich und mein Ego, meinen Wunsch nach gesehen und gehört werden, mein emotionales Grundbedürfnis nach Verbundenheit hinten an stelle für denjenigen, dem ich zuhöre.
Je nachdem, was ich in meinem Gepäck, meiner emotionalen Grundausstattung habe, fällt mir das leichter oder schwerer.
Und tatsächlich fällt es uns ironischerweise auch manchmal genau bei denjenigen schwerer, die wir gut kennen und lieben. Da wir davon ausgehen, wir wissen, was der oder die andere meint und haben dann den passenden Ratschlag oder die passende Geschichte in petto, um uns dann ebenfalls dadurch verbunden und selbstwirksam zu erleben.
Wenn ich nun ein Gespräch nach "allen Regeln der Kommunikations-Kunst" geführt habe: Wann darf ich dann loswerden, was mir selbst auf der Seele liegt oder ich zu diesem Thema zu sagen habe?
Wenn ein Gespräch nach allen Regeln der Kunst geführt wurde mit zwei Gesprächspartnern, die sich gegenseitig die Aufmerksamkeit schenken, dann wird das, was ich sagen will, immer einen Platz finden.
Und sollte ich das Gefühl haben, dass das, was mir auf der Seele liegt, keinen Platz hat, so darf ich es mir immer wert sein, um die Aufmerksamkeit zu bitten, die ich mir von der oder demjenigen wünsche, um mich verbunden und gehört zu fühlen.