BR Schlager - spezial


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retroSpitzen Darüber lachte Deutschland in den Siebzigern

Sie sind uns unvergessen: Loriot, Dieter Hildebrandt, Hanns Dieter Hüsch, Matthias Beltz, Gerhard Polt, Dieter Hallervorden, Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied, Konstantin Wecker, Jörg Hube und viele andere.

Stand: 04.11.2016

Loriot auf der berühmten Couch | Bild: picture-alliance/dpa

"In den Siebzigern ist der 68er-Traum vom Wahren, Schönen, Guten und einer besseren Welt bald ausgeträumt. Das Erwachen bringt Ernüchterung. Die Politik gibt sich zunächst reformfreudig, schlägt aber hart zurück, als die Baaders und Meinhofs, all die enttäuschten Phantasten, die die veränderte Realität nicht akzeptieren wollen, zunehmend auf Gewalt und Terror setzen."

So erinnerte sich der große Kabarett-Chronist Volker Kühn an die 1970er-Jahre, die im Rückblick als eine Zeit von Krisen, Umbrüchen und Veränderungen erscheinen. 

Politisches Kabarett

Dieter Hildebrandt und Werner Schneyder

Eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung der Geschehnisse spielt in den Siebzigern das politische Kabarett. Künstler wie Matthias Beltz und Mathias Richling setzen ihre ersten Duftmarken. Dieter Hildebrandt beginnt, mit Werner Schneyder auf Tournee zu gehen. Arnulf Rating erobert mit dem West-Berliner Spaßguerilla-Trio "Die 3 Tornados" die alternative Szene, und Hanns Dieter Hüsch füllt zunehmend größere Hallen.

Scharfer Wind aus Bayern

Ein scharfer Wind weht aus dem Süden durch die Republik: Gerhard Polt, Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied und die "Biermösl Blosn" betreten die kabarettistischen Bühnen. Jörg Hube entdeckt die Figur des "Herzkasperls" für sich. Konstantin Wecker singt sich mit viel Pathos in die erste Liga der deutschen Liedermacherszene. Im benachbarten Österreich revolutionieren Künstler wie Lukas Resetarits und Erwin Steinhauer das angestaubte Kabarett, während Roland Neuwirt und André Heller das rebellische Potential des Wienerliedes entdecken.

Boom in Radio und Fernsehen

Dieter Hallervorden

Die Medien werden für Humoristen und Satiriker immer wichtiger. In Radio und Fernsehen sprießt eine Vielzahl unterschiedlicher Formate: Loriot erforscht in seinen Sketchen die Eigenheiten des deutschen Bürgertums und wird selbst zum unverzichtbaren Kulturgut. Dieter Hallervorden kalauert sich mit seiner Sendung "Nonstop Nonsens" ins Mattscheibengedächtnis einer ganzen Generation. Vertreter der literarischen Hochkomik wie Robert Gernhardt steuern unvergessliche Texte zu den Blödelshows von Otto Waalkes bei. Aus England weht der hintersinnig-anarchische Humor der Komikertruppe "Monty Python" über den Ärmelkanal. Und Volker Kühn entwickelt gemeinsam mit Dieter Hildebrandt die erste regelmäßige Satiresendung im deutschen Fernsehen: Die "Notizen aus der Provinz" sorgen regelmäßig für Unruhe im konservativen Lager und werden zur Blaupause für viele politische Satiresendungen bis heute.


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