Der Unruhestifter Joe Kaeser baut Siemens komplett um
13.000 Jobs will er kippen, 5.000 in Deutschland, Rolls-Royce kaufte er, die Hörgeräte stieß er ab, beinahe auch das Eisenbahngeschäft, die riesige Medizintechnik gliederte er aus: seit Joe Kaeser vor zwei Jahren als Vorstandsvorsitzender antrat, baut er Siemens komplett um. Egotrip oder kluge Vision? Belegschaft und Analysten sind, so haben Wolfgang Kerler und Stephan Lina recherchiert, auf jeden Fall beunruhigt.
Kein Wunder, dass die Belegschaft ziemlich beunruhigt ist. Immerhin ist Siemens einer der größten Arbeitgeber in Bayern. 1.200 Mitarbeiter machten im Juni beim Aktionstag der IG-Metall in Nürnberg ihrem Unmut über den Zickzackkurs und den Stellenabbau Luft. Denn eigentlich hatte Joe Kaeser, als er vor zwei Jahren als Vorstandsvorsitzender antrat, mehr Ruhe versprochen. Auch Jürgen Wechsler, der bayerische IG Metall-Chef wünscht sich:
Beste Bewertungen für Siemens-Produkte im Ausland
Ohne Siemens bewegt sich in Bangkok nichts. Flughafenexpress, U-Bahn, der Skytrain auf Stelzen: der gesamte öffentliche Nahverkehr der thailändischen Hauptstadt is made by Siemens. Die Züge haben eine Zuverlässigkeitsquote von 99 Prozent. Auch die Bewertungen aus Russland, den USA und Großbritannien sind super – vor knapp einem Jahr erklärte Kaeser die überaus profitable und innovative Bahnsparte zur Verfügungsmasse. Die Empörung war groß. Dann Kommando zurück: Siemens bleibt Zughersteller. Doch immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass Kaeser auch diese Cashcow verkaufen würde, wenn der Preis stimmt.
Joe Kaesers Erfolg wird am Kurs der Siemens-Aktie gemessen
Auch die unsentimentalen Analysten im Frankfurter Bankenviertel sind beunruhigt. Fondsmanager Christoph Niesel von Union Investment z.B. unterstützt zwar grundsätzlich Kaesers "Vision 2020", d.h. die Neuordnung der Sparten. Er beklagt aber, dass die Siemens-Aktie nicht genügend zulegt, seit Kaeser Vorstandsvorsitzender ist.
"Höhere Profitabilität und mehr Wachstum zu erzeugen hat er mit seiner persönlichen Stellung verbunden. Das heißt, sollte er seine Ziele nicht erreichen, wird es für ihn natürlich ziemlich eng."
Christoph Niesel, Fondsmanager von Union Investment
Eine B5-Reportage von Wolfgang Kerler und Stephan Lina
Redaktion: Susanne Betz