Himmel der Bayern Wie der Brandner den Boandlkramer betrügt
Einst Überraschungserfolg, heute längst Kult: Franz von Kobells Mundartstück "Die G'schicht' von' Brandner-Kasper" ist das erfolgreichste Stück des Münchner Volkstheaters, wurde mehrfach verfilmt und machte die Volksschauspieler Fritz Straßner, Toni Berger und Gustl Bayrhammer unsterblich.
Barock geht es zu im Himmel der Bayern, es wird gekartelt und getrunken, und der liebe Gott ist ein guter Mann. Allein: Es hilft alles nichts, wenn der Tod - auf gut bayerisch: Boandlkramer - seine nackte, kalte Hand ausstreckt.
Er ist nicht zu beneiden, der Boandlkramer. Eigentlich will er ja nur seiner himmlischen Weisung Folge leisten und den 74-jährigen Brandner Kaspar heimholen ins Paradies. Aber der mag einfach nicht folgen, als der Knochenmann an die Tür pocht. Zu sehr fürchtet er sich vor dem Jenseits. Und da der Kaspar nicht nur ein Wilddieb ist, sondern ein ganz ausgekochter Bazi, füllt er den Knochenmann mit Kirschwasser ab und betrügt ihn beim Kartln um weitere 18 Jahre auf dem Erdboden.
Wie so oft im Leben, und im Volksschauspiel noch viel öfter, betrügt sich der Betrüger natürlich selbst. Ungestraft bringt schließlich niemand die himmlische Ordnung durcheinander. Die Auflösung der tragikomischen Verwicklung unterscheidet sich ein bisschen in den verschiedenen Versionen.
Tragisch, so oder so
Im Originaltext von 1949 von Franz von Kobell (1803-1882) und in der darauf basierenden Theaterfassung von Joseph Maria Lutz trifft der Tod bei seinem zweiten Versuch auf einen gebrochenen Mann, der seine beiden Söhne beim Tiroler Aufstand verloren hat. Noch immer weigert er sich aber, dem Todesboten zu folgen. Lediglich einen kurzen Blick ins Paradies will er wagen. Doch der Augenblick genügt: Kurz entschlossen bleibt der Brandner Kaspar bei den Seinen im himmlischen Gefild.
Ein Stück bayerischer Kultur
Die Bühnenfassung von 1974, die in Bayern mittlerweile Kultstatus hat, geht zurück auf Kurt Wilhelm, einem Urgroßneffen Kobells. Hier verliert der sture Brandner Kaspar s'Marei, seine einzige Enkelin und Erbin. Sie will ihren Geliebten, den Wildschützen Flori, vor einer Falle des Jägers und Rivalen Simmerl warnen und stürzt in eine Schlucht. Wieder verweigert sich der Brandner zuerst dem Boandlkramer und will dann doch im Paradies bleiben. Doch so einfach geht das nicht.
Zunächst muss der Brandner Kaspar für seine Vergehen vor dem himmlischen Gericht abgeurteilt werden. Ausgerechnet der Tod steht ihm als Anwalt zur Seite, will er doch seinen Fehler vergessen machen. Das Fegefeuer bleibt dem Brandner dann aber doch erspart. Die göttliche Trinität des bayerischen Himmels - es gibt natürlich auch noch ein separates preußisches Paradies - hat sich köstlich über den Schwank amüsiert und so darf der Kaspar gleich heim zu den Seinen.
Dauerbrenner und Kassenknüller
Berühmt geworden ist das Volksstück in dieser zweiten Fassung. Unzählige Male wurde es in der Traumbesetzung mit Fritz Straßner, Toni Berger, Gustl Bayerhammer und Ernie Singerl im Münchner Volkstheater aufgeführt. Über 60 Bühnen haben das Stück übernommen, und auch die große Leinwand. Zuletzt 2008 in Bully Herbigs "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" mit Franz Xaver Kroetz in der Hauptrolle.