Textilmuseum Augsburg Stoffe, die Geschichte machten
Das Textil- und Industriemuseum in Augsburg erzählt 200 Jahre Geschichte über Textilien, Design und Mode "Made in Augsburg". Die Stadt am Lech war über Jahrhunderte ein Zentrum der Kleiderfabrikanten.
1996 endet eine Ära: Die 1885 aus der Kattundruckerei Schöppler & Hartmann hervorgegangene Neue Augsburger Kattunfabrik (NAK) hält dem Druck der Billigimporte aus Fernost nicht mehr stand. Mit der Pleite scheinen über 200 Jahre Industriegeschichte in Augsburg am Ende.
Doch der eigentliche Schatz der Stoffdruckerei wird in letzter Sekunde gerettet: Über 1,3 Millionen Stoffmuster finden sich in 550 Muster-Büchern, die ehemalige Textilarbeiter vor dem Ausverkauf nach Fernost bewahren. Sie erzählen die Geschichte der schwäbischen Textilproduktion von 1780 bis ins späte 20. Jahrhundert - und bilden den Kern des Staatlichen Textil- und Industriemuseums Augsburg (tim). Im Dezember 2009 wurde das tim eröffnet.
Aussaat, Blüte, Ernte, Verfall
Der rote Faden, der den Museumsbesucher am Boden durch die Industrie-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Schwabenmetropole führt, beginnt mit einem unscheinbaren Korn. Wohlstand wie Verfall der stolzen Fuggerstadt keimen im Baumwollsamen. Schon im späten 14. Jahrhundert ist Augsburg eine wichtige europäische Textilstadt. Zur Zeit der Fugger wird sie im 15. und 16. Jahrhundert zu einem europäischen Handelszentrum - auch für Stoffe.
Frühe Industriespionage
Doch schon damals schläft die fernöstliche Konkurrenz nicht. Im 17. Jahrhundert ist vor allem Indien im Textildruck führend. Bis Georg Neuhofer in den Jahren 1688/89 eine ausgedehnte "Studienreise" zu den Kolonialmächten England und Holland unternimmt und von dort das Geheimnis des Kattundrucks und besonders der Farbe "Krapprot" mitbringt.
Neuhofer begründet mit seiner Industriespionage nicht nur eine Familiendynastie, sondern eine Jahrhunderte währende Vormachtstellung Augsburger Drucker, die erst mit der NAK-Pleite endet.
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Geschichte zum Anfassen
Das Augsburger Textilmuseum zeigt die Geschichte von Textilproduktion und Mode nicht nur, es macht sie vielmehr sinnlich erfahrbar. Die Maschinen, vom spätmittelalterlichen Handwebstuhl bis zur Hightech-Strickmaschine, stehen nicht einfach nur rum: Sie rattern, sie riechen, sie produzieren anfassbare Stoffe. Und an den Geräten stehen ehemalige Textiler, die arbeiten und erklären. So wird Industriegeschichte wirklich greifbar.
Der Stoff, aus dem Geschichte wird
Info:
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 9.00 bis 18.00 Uhr
Eintrittspreise: wochentags 4 Euro; ermäßigt 3 Euro; sonntags 1 Euro
Unser Tipp: Unbedingt reingehen!
Herzstück des Museums sind drei überlebensgroße "Grazien", die der Besucher mit Beamern selbst nach originalen Mustern bedrucken kann und eine kleine aber feine Modenschau vom Biedermeier bis zur Jetztzeit. Einziges Manko: Es fehlt ein Audioguide.
Für die Macher des Museums ist das Garn tatsächlich der rote Faden durch die Geschichte der Neuzeit. In intelligent sparsam bestückten Kabinetten werden die jeweiligen web- und drucktechnischen Neuerungen in ihren historischen Kontext eingebettet: Sozialgeschichte erklärt mit bunt bedruckten Stoff - das macht dieses Museum einmalig!