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Markgräfin Wilhelmine Europas letzte wahre Prinzessin

Am Königshof aufgewachsen, für die elterliche Politik benutzt und in ein Provinznest abgeschoben: Gedemütigt baut Markgräfin Wilhelmine ihre eigene Welt und macht damit Bayreuth zu einer der prunkvollsten deutschen Städte des 18. Jahrhunderts.

Von: Franz Engeser

Stand: 17.07.2009 | Archiv

Markgräfin Wilhelmine, dargestellt als Förderin der Kunst | Bild: Bayerische Schlösserverwaltung, www.schloesser.bayern.de

Bayreuth feierte 2008/2009 ein Doppeljubiläum im großen Stil. Nicht ohne Grund: Wilhelmine von Preußen entwarf das Neue Schloss, ließ das Markgräfliche Opernhaus errichten und die Eremitage umbauen. Sie komponierte eigene Musik, schrieb Theaterstücke, trat auch selbst auf der Bühne auf und führte Regie. Als Schriftstellerin war sie international bekannt und stand unter anderem mit Voltaire in regem Briefkontakt.

Das Neue Schloss in Bayreuth

Ohne die Hinterlassenschaften der Markgräfin würden die Wagner-Festspiele nicht in Bayreuth stattfinden und die barocke Stadt könnte nicht hoffen, von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt zu werden. All das schaffte die vielfach als zierlich beschriebene Frau in nur zwei Jahrzehnten. Ihr Beweggrund hingegen ist eine Tragödie - die Tragödie ihres Lebens.

Heiratspläne der Eltern

Prinzessin Friederike Wilhelmine Sophie von Preußen im Alter von drei Jahren.

Aufgewachsen ist Friederike Wilhelmine Sophie von Preußen am königlichen Hof in Berlin. Sie wird am 3. Juli 1709 als älteste von 14 Geschwistern geboren. Ihr Vater, der "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I., ist hauptsächlich auf den Ausbau seiner Macht aus. Er gilt als trinksüchtig und cholerisch, schlägt Untertanen und seine eigenen Kinder. Wilhelmines Mutter hingegen, Sophie Dorothea von Hannover, hat ehrgeizige Pläne für ihre Tochter: Sie soll Friedrich Ludwig von Hannover heiraten. Dies hätte die Prinzessin einmal zur Königin von England gemacht sowie Großbritannien und Preußen zusammengeführt. Als dieser Plan durch Intrigen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern scheitert, wird Wilhelmine gezwungen, den Bayreuther Erbprinzen Friedrich zu heiraten, um dessen kleine Markgrafschaft enger an Brandenburg zu binden.

Gesellschaftlicher Abstieg - Leben in der Provinz

Stets auf ein makelloses Äußeres bedacht: Wilhelmine von Bayreuth

Einerseits hat Wilhelmine Glück mit dieser Wahl, denn sie und Friedrich von Bayreuth verbindet eine tiefe Zuneigung. Auf der anderen Seite ist die Ankunft in der Provinz ein Schock für die Adlige: Mit weniger als 10.000 Einwohnern ist Bayreuth eine der kleinsten Residenzen im Heiligen Römischen Reich, keine prachtvollen Bauten, kaum höfisches Leben. Die preußische Prinzessin vermisst auf Anhieb den französischen Einfluss, der am Berliner Hof allgegenwärtig war. Sie empfindet ihr Dasein in Bayreuth als gesellschaftlichen Abstieg.

Markgräfin Wilhelmine als Förderin der Künste

1735, drei Jahre nach ihrer Ankunft, wird Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth. Noch im gleichen Jahr beginnt sie mit der Umgestaltung der Eremitage, wo sie sich mit einem kleinen höfischen Kreis umgeben hat. In Wilhelmines Gesellschaft wird nur französisch gesprochen, besonders die Damen leben sehr feudal und abgeschieden. Die Tage werden mit Literatur und Musik gefüllt, die Markgräfin betätigt sich als Schriftstellerin und nimmt Unterricht in Kompositionslehre. 1737 übernimmt sie die Intendanz der Hofoper, 1740 wird ihre selbst komponierte Oper "Argenore" zum Geburtstag ihres Gemahls aufgeführt.

Ausgleich im Standesdünkel

Das prachtvolle Markgräfliche Opernhaus

Lediglich Markgräfin in Bayreuth geworden zu sein, empfindet Wilhelmine als beschämend. Empfindlich reagiert sie auf diesbezügliche Sticheleien ihrer Verwandten aus Berlin. Entsprechend ausgeprägt ist das Standesbewusstsein der Markgräfin am Bayreuther Hof. Sie legt Wert auf perfekte Manieren, elegante Kleidung und betont die Distanz zu Menschen unterhalb ihres Ranges. Während ihrem Mann als Markgraf der Titel "Durchlauchtigster Fürst" zusteht, besteht Wilhelmine auf der Anrede "Königliche Hoheit". 1743 plant sie das Markgräfliche Opernhaus, die alte Spielstätte genügt ihren Ansprüchen nicht mehr.

Der Sonnentempel der Eremitage im Neuen Schloss Bayreuth

Zehn Jahre später lässt sie das Neue Schloss errichten. Besonders wichtig sind ihr kleine Details - Kennzeichen des "Bayreuther Rokoko". "Ich habe mir das Vergnügen gemacht, den Plan meines Palastes selbst zu entwerfen", schreibt Wilhelmine stolz in einem Brief an ihren Bruder Friedrich den Großen.

Am 14. Oktober 1758 stirbt Markgräfin Wilhelmine. Ihre Bauten, die Anlagen der Eremitage und ihr kulturelles Vermächtnis ermöglichen aber auch heute noch einen Einblick in ihr Denken und ihre Lebenswelt. Dem entspricht auch das Leitmotiv aller Bayreuther Aktionen im Rahmen des Doppeljubiläums: "Die Lebenswelten der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth: preußisches Königtum, barocke Baukunst und französische Lebensart."


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