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November Google und Staat greifen nach noch mehr Daten

Der November bot Streitthemen wie Google-Werbung mit Nutzerfotos und Vorratsdatenspeicherung, dazu Topnews wie die Nokia-Übernahme durch Microsoft und Twitters Börsengang. Außerdem: neue Spielkonsolen, faire Handys und der erste Zündfunk-Netzkongress.

Von: Florian Regensburger und Roland Münzel

Stand: 20.12.2013 | Archiv

Google-Logo spiegelt sich in einem Auge | Bild: picture-alliance/dpa

Wer Google+ oder ein Android-Telefon nutzt, kann unfreiwillig zur Werbefigur werden: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Google enthalten seit dem offiziellen Faschingsbeginn am 11. November die Möglichkeit, mit Name, Foto und anderen Informationen von Nutzern zu werben.

Umstrittene neue Google-AGB

In den neuen AGB taucht unter anderem ein Absatz auf, der es Google gestattet, im Rahmen von Werbeanzeigen die Bewertungen und Kommentare etwa zu Produkten, Restaurants oder Reisezielen aus dem sozialen Netzwerk Google+ einzublenden – samt Name und Foto. Das gilt auch für Werbung Dritter, die über Google Anzeigen schalten. Googles Aussage, das davon nur betroffen ist, wer der Teilnahme selbst aktiv zugestimmt hat, ist leider nur die halbe Wahrheit.

"Wenn Sie ein Google-Konto haben, zeigen wir im Rahmen unserer Dienste zusammen mit Ihrem Profilnamen und Profilbild Aktivitäten an (...). Sofern wir hierfür Ihre Einwilligung erhalten haben, erfolgt dies auch im Rahmen unserer Werbedienste."

Auszug aus den neuen Google-AGB

Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag

2010 kippte das Bundesverfassungsgericht das damalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Die große Koalition will sie nun möglichst schnell wieder einführen. Denn auch wenn viele europäische Politiker gegen das Ausmaß der NSA-Spitzeleien gewettert haben: Ein bisschen Überwachung der privaten Kommunikation darf's für viele dann doch sein.

So haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen: Wer hat wann mit wem telefoniert oder eine E-Mail geschrieben? Solche Daten sollen über Monate hinweg gespeichert bleiben, damit Behörden bei Bedarf darauf zugreifen können. Eine EU-Richtlinie schreibt diese Speicherung vor, doch schon seit längerem läuft dagegen eine Klage. Bereits im Juli lud der EU-Gerichtshof zur internationalen Anhörung, wo sich zeigte: Auch anderswo, zum Beispiel in Österreich, ist der Widerstand groß. Ein Urteil wird fürs Frühjahr 2014 erwartet.

"Wenn man die Informationstechnik mit einem riesigen Fluss vergleicht, dann können die Datenschutzbeauftragten diesen oder jenen Damm errichten um eine Überschwemmung zu verhindern. Die Grundlegende Richtung können Sie nicht beeinflussen."

Der im Dezember abgetretene langjährige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar

Microsoft kauft Nokia

Auch wenn Bitcoins im Kommen sein mögen: Den Unternehmen der Computer- und Internetbranche sind Euro und Dollar trotzdem lieber. Microsoft hat zum Beispiel über 5,4 Milliarden Euro hingelegt, um die Handysparte von Nokia zu kaufen. Eine Hochzeit nach dem Motto: Gemeinsam sind wir wieder stark.

Denn beide Firmen haben schon bessere Zeiten hinter sich. Microsoft tut sich auf dem boomenden Sektor der Tablets und Smartphones immer noch schwer, stark ist der Hersteller von Windows nur auf dem PC-Markt. Doch erstens brach der 2013 weiter ein und zweitens war man zuletzt auch dort nicht sehr erfolgreich. Und Nokia? Die Finnen sind zwar immer noch der zweitgrößte Handy-Hersteller der Welt, aber das liegt vor allem an den vielen Billigmodellen, die das Unternehmen verkauft. Bei den Smartphones liegt der Marktanteil unter zehn Prozent. Zwei Verlierer mit großem Namen tun sich da also zusammen, und dennoch – kommentierte Wolfgang Stuflesser bei uns im Computermagazin – könnte die Fusion der richtige Weg sein.

"Für die Nokia-Aktionäre ist der Verkauf an Microsoft ein gutes Geschäft."

Analyst Eric Beaudet von der Bank Natixis

Twitter geht an die Börse

Seit November ist nun also auch Twitter an der Börse, wo zum Beispiel Microsoft und Sony, aber auch Social-Network-Konkurrent Facebook schon lange zu finden sind. Auch wenn mancher Börsenexperte wegen des vermeintlichen nicht Vorhandenenseins wirklich profitabler Vermarktungsmöglichkeiten bezweifelt, dass Twitter jemals große Gewinne abwerfen wird, startete der Handel in New York am 7. November bei 45,10 Dollar und damit um 73 Prozent über dem Ausgabepreis. Mitte Dezember liegt der Aktienkurs bereits bei um die 55 Dollar.

"Wenn das eine Goldgrube wäre – Google wäre schon morgen dabei. Ich kann mir schwer vorstellen, dass Twitter jemals finanziell auf die Beine kommt."

 Ivo Welch, Finanzprofessor an der University of California in Los Angeles

Next-Gen-Spielkonsolen zum Weihnachtsgeschäft

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft brachten Sony und Microsoft ihre nächste Generation Spielkonsolen auf den Markt: Die Playstation 4 folgt auf die sieben Jahre alte Playstation 3 und die Xbox One beerbt die sogar acht Jahre alte Xbox 360. Mit Gerüchten und Ankündigungen über das Rechtemanagement bei den Games, Online-Zwängen für Gamer und möglichen Funktionen zur Überwachung der neuen Konsolen waren diese schon Monate vor dem Verkaufsstart in aller Munde – auch so geht geschicktes Marketing.

"Wir haben die Spieler gefragt, was sie möchten, genau zugehört und das bei der Playstation 4 umgesetzt."

Guido Alt, Sony 

Ein faires Smartphone

In der globalisierten Welt stammen die Bestandteile elektronischer Geräte in der Regel daher, wo sie gerade am billigsten zu haben sind – ohne Rücksicht auf die Bedingungen der Produktions oder die damit verbundenen Umweltschäden. Die Initiative "Fairphone" will es besser machen und ein Smartphone anbieten, bei dessen Produktion hohe Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden. Etwa 60 verschiedene Stoffe werden bei einem Smartphone verarbeitet, viele davon sind Metalle und seltene Erden. Da ist es praktisch kaum möglich, überall 100-prozentige Fairness nach unseren mitteleuropäischen Vorstellungen zu garantieren. Doch auch wenn die Fairness noch nicht perfekt ist beim Fairphone – die erste Auflage von 25.000 Stück ist seit Mitte November ausverkauft und soll nach einigen Verzögerungen in diesen Tagen auch an die Kunden gehen.

"Wir haben in unserem Team über den Namen 'Fairphone' diskutiert. Der kann ja schon etwas versprechen, das man am Ende vielleicht nicht einhalten kann. Der Begriff soll die Leute aber erst einmal neugierig machen und ihnen zeigen, dass da gerade etwas ins Rollen kommt."

Joe Mier, Community Manager bei Fairphone

Der erste Zündfunk-Netzkongress 42

Last but not least veranstaltete der Bayern 2-Zündfunk im November seinen vielbeachten Netz-Kongress "42" – bei Twitter bekannt unter dem Hashtag #ZF42. Im Rahmen hochkarätig besetzter Vorträge und Panels diskutierten Intellektuelle, Künstler, Politiker, Wissenschaftler, Vor-, Quer- und Nachdenker aktuelle Themen rund ums Netz und unser Leben: Blogs, Big Data, NSA, Crowdfunding, Selbstfahrende Autos, Internet der Tiere, Netz- und Digitalkultur, Fußball im Netz, Play- und Praystation, Twitterstimmungen, Selbstvermessungen, Zombies und Cyborgs – unter anderem mit Keynotes von Anke Domscheit-Berg sowie dem ehemaligen Bundesrichter und Bundestagsabgeordneten Wolfgang Neskovic.

"Ich finde das eine wahnsinnig spannende Sache, wenn Kreative, Philosophen und Internetmenschen aus der Wirtschaft zusammenkommen und sich ein ganz neues Territorium erarbeiten."

Besucherin beim #ZF42-Netzkongress


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