Fußball Bundesliga-Klubs müssen nachhaltiger arbeiten
Kurzstrecken-Flüge, Plastikbecher im Stadion und Tonnen an CO2-Emissionen – die Fußball-Bundesliga ist bis jetzt nicht besonders nachhaltig. Das soll sich in Zukunft mit Maßnahmen ändern. Manchen gehen sie nicht weit genug.
Die Fans sind zurück in den Bundesliga-Stadien. Das ist gut für sie, für die Teams, fürs Fernsehen - fürs Klima ist es nicht gut. Denn hunderttausende Fans, die mit dem Auto zum Stadion fahren und dort Bratwurst essen, sind nicht klimaschonend. Gleichzeitig ist es aber geliebtes Hobby, und das Geschäftsmodell der Vereine. Ein Dilemma.
Vereine müssen ab 2023 Nachhaltigkeits-Kriterien erfüllen
In Zukunft wollen 1. und 2. Bundesliga einen Schritt zu mehr Nachhaltigkeit machen. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat dafür beschlossen, Nachhaltigkeitskriterien in der jährlichen Lizenzierung zu verankern. Die Richtlinie soll auf der DFL-Mitgliederversammlung verabschiedet werden, die ARD-Radio-Recherche-Sport und der Deutschlandfunk haben die Beschlussvorlage vorab eingesehen.
Ab der Saison 2023/24 sollen die Vereine ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltiger arbeiten. Dafür müssen sie zunächst insgesamt 39 Kriterien erfüllen. Manches klingt simpel: Die Vereine müssen zum Beispiel jeweils zwei Maßnahmen zu den Themen Fairplay und Anti-Doping durchführen. Die DFL verlangt aber auch, dass die Klubs ihren CO2-Fußabdruck messen, eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, Verantwortliche für Nachhaltigkeit einstellen.
"Durch die Lizenzierung noch kein Stück nachhaltiger"
Diese neuen Kriterien seien ein guter Schritt, sagt Stefan Wagner, Nachhaltigkeits-Berater der TSG Hoffenheim. Aber:
"Tatsache ist auch: Durch die Lizenzierung allein sind wir noch kein Stück nachhaltiger geworden. Deswegen ist entscheidend, was das auslöst. Und es löst die Notwendigkeit aus, als Bundesliga-Klub die Fragen zu beantworten: Wo stehe ich eigentlich in der Gesellschaft?"
- Stefan Wagner, Nachhaltigkeits-Berater der TSG Hoffenheim
Die Hoffenheimer veröffentlichen jetzt schon ihren CO2-Ausstoß, genauso wie auch der VfL Wolfsburg oder Borussia Dortmund. Viele andere Vereine können oder wollen auf Nachfrage aber nicht mitteilen, wie viel CO2 sie verursachen.
"Es gab bremsende Kräfte“
Dass es jetzt Druck von Seiten der DFL gibt, findet Anne-Katrin Laufmann, die Nachhaltigkeitsbeauftragte von Werder Bremen, daher wichtig. Sie hätte sich sogar mehr Tempo gewünscht. "Vor allem, wenn wir über das Thema Klimaschutz sprechen, wird es dem nicht gerecht. Weil ich finde, da haben wir de facto keine Zeit. Aber: Es gab bremsende Kräfte. Und es war immer wichtig, dass wir solidarisch an diesem Projekt arbeiten und auch solidarisch entscheiden", sagt Laufmann. In einem monatelangen Prozess - für den die DFL von den Klubs großes Lob erhält - habe man immerhin ein Mindestmaß an Kriterien gefunden, die erfüllbar seien. Trotzdem sind sich manche Klubs unsicher, ob die Vorgaben erreichbar sind.
Harte Sanktionen für Verstöße fehlen
Für viele Maßnahmen bekommen die Vereine deshalb noch ein Jahr mehr Zeit. Sie müssen erst ab der Saison 2024/25 konkret angeben, wie sie ihre CO2-Emissionen senken wollen, wie viele Fanartikel fair produziert werden und wie viele Sponsoring-Einnahmen von Unternehmen stammen, die nicht nachhaltig arbeiten. Bislang sind auch weder Geldstrafen noch Punktabzüge bei Verstößen geplant, lediglich eine Verwarnung. Der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig kritisiert das:
"Da hätte ich mir einen anderen Standard gewünscht. Ich erinnere an die damalige Einführung der Nachwuchsleistungszentren 2006. Da haben wir ein scharfes Schwert benutzt. Wir haben gesagt: Wer nicht in den Nachwuchs investiert und die Kriterien erfüllt, kriegt keine Lizenz. Das fehlt hier völlig."
- Andreas Rettig, ehemaliger DLF-Geschäftsführer
Rettig fordert Umdenken von DFL-Spitze
Rettig moniert außerdem, dass es gleichzeitig Praktiken gibt, die dem Nachhaltigkeits-Gedanken widersprechen – zum Beispiel, dass selbst bei Spielen bei Tageslicht teilweise das Flutlicht angeschaltet wird, damit das Fernsehbild noch ein bisschen besser ist. Um wirklich nachhaltig zu sein, bräuchte es in der Bundesliga ein komplettes Umdenken - auch von der neuen DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen, die im Februar in einem BILD-Interview einen Supercup in Saudi-Arabien nicht ausschließen wollte.
"Auch wenn ich jetzt die neue DFL-Geschäftsführung wieder höre: Keine Denkverbote mit Spielen in Saudi-Arabien - dann sind das genau die verkehrten Aussagen in der Frage. Und ich würde mir eher wünschen, zu sagen: Es geht nicht mehr um das Thema Umsatz zu maximieren, sondern es geht dahin, dass wir uns Gedanken machen, wie können wir glaubwürdig den Profi-Fußball neu justieren?", sagt Rettig.
Langer Weg zu mehr Nachhaltigkeit
Mehrheitsfähige Antworten auf diese Frage wird es unter den 36 Vereinen aber wahrscheinlich so schnell nicht geben. Die DFL scheint daher in kleineren Schritten zu planen: Laut Beschlussvorlage soll der Kriterienkatalog in den kommenden Jahren noch erweitert werden. Besonders nachhaltige Klubs könnten dann eine finanzielle Belohnung erhalten. Klar ist: Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Bundesliga ist lang.