Männerdomäne Profi-Fußball Der schwere Weg für Frauen nach oben
Deutschland hat eine Außenministerin und Unternehmen haben Frauen im Vorstand. In der Welt des Männer-Fußballs ist das komplett anders. Frauen an der Spitze eines Bundesliga-Klubs sind die absolute Ausnahme. Wann ändert sich das?
Frauen sind im deutschen Fußball die klare Minderheit, zeigen die Ergebnisse der ARD Radio Recherche Sport. Gerade mal 4,9 Prozent der Führungspositionen der Fußball-Vereine der 1. und 2. Bundesliga sind weiblich besetzt. Der Rest alles Männer! Das kann nicht so bleiben, findet die Initiative "Fußball kann mehr", die aus neun Frauen besteht.
Frauen sind die Ausnahme
Sie machen auf die Ungleichheit aufmerksam und fordern eine Frauenquote im Profi-Fußball. Die Mehrheit der Profi-Klubs lehnt das aber ab. Eine der wenigen Frauen, die es bis an die Spitze eines deutschen Profi-Klubs geschafft hat ist Anne Baumann, Vorständin für Finanzen beim Zweitligisten Darmstadt 98. Warum ist das weiterhin eine Ausnahme? Sie meint:
"Weil es ein sehr geschlossener Kreis ist. Und da reinzukommen, ist sehr schwierig - und dann noch in eine Führungsposition, das ist sehr außergewöhnlich. Es wird zwar jetzt immer mehr und besser. Aber es wird sicherlich noch dauern."
- Anne Baumann von Darmstadt 98
DFB geht als schlechtes Beispiel voran
Die bekannteste Frau im deutschen Profi-Fußball war wahrscheinlich lange Ex-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus. Aber auch sie war die einzige Frau in ihrem Fach in der Bundesliga. Das zeigt: Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat ein Frauen-"Problem": Bei der Präsidentschafts-Wahl im März wird es wohl erneut keine Frau an die Spitze des Verbandes schaffen, so wie in den vergangenen 121 Jahren. Für Katja Kraus, ehemaliges Vorstandsmitglied beim Hamburger SV, wäre die DFB-Wahl endlich eine Möglichkeit, auch eine Frau ins Rennen zu schicken.
"Wir sind Sportsleute, ich habe kein Verständnis dafür, dass es nicht um den Wettbewerb der besten Kandidaten mit den besten Ideen für die Zukunftsfähigkeit des Fußballs geht. Dass sie glauben einfach so weiter machen zu können und sich weiterhin gegen Einflüsse von außen zu wehren - das finde ich tatsächlich skandalös."
Katja Kraus
Ungleiche Bezahlung
Auch die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen ist dabei natürlich ein Punkt, der bereits einige Frauen zum Aufhören bewegt hat. Wie Steffi Jones. Die Weltmeisterin und Ex-Nationaltrainerin arbeitet mittlerweile nicht mehr in der Fußballwelt, sondern bei einer IT Firma im Bereich Organisationsentwicklung. Von Gleichberechtigung sei man weit entfernt: "Der DFB hat es sogar in seiner Satzung stehen. Lebt es aber nicht! Es ist beschämend", sagt sie.
Ganz praktisches Beispiel: Als Steffi Jones 2016 Bundestrainerin werden sollte, musste sie um ihr Gehalt kämpfen, erzählt sie. Und sie kann bis heute nicht verstehen, dass sie mehr als zehn (!) Mal weniger verdient hat, als ihr männlicher Kollege Jogi Löw.
Auf Nachfrage antwortet der DFB der ARD Radio Recherche Sport, dass der Verband über Gehaltstrukturen grundsätzlich keine Auskunft gibt. Jones findet, der DFB müsse voran gehen und ein Zeichen setzen, gegebenenfalls mit einer verbindlichen Frauenquote. Sie selbst traut sich das Präsidentenamt zu:
"Wenn der DFB wirklich an einer Neuausrichtung interessiert ist, und sich wirklich komplett von seinen Altlasten lösen will und da eben was Neues aufbauen will, dann wäre ich gerne dabei. Dann könnte ich mir natürlich auch vorstellen DFB-Präsidentin zu werden mit einem starken Team"
- Steffi Jones
Und auf der Trainer(innen)bank?
Noch einseitiger sieht die Sache auf den Trainerbänken aus. Hier war von der Bundesliga bis zur 3. Liga noch nie eine Frau in führender Funktion tätig, obwohl es durchaus Kandidatinnen gebe, meint Lutz Hangartner, Präsident der Deutschen Fußball-Lehrer: "Sicherlich gibt es Frauen, die auch diese Qualität hätten, aber dazu fehlt halt dann auch der Mumm, mal zu sagen: 'Okay, wir probieren das.'" Auch das Geld spielt hier wieder eine Rolle: Rund 20.000 Euro kostet die Ausbildung, die sich oft nur gut bezahlte Ex-Profis leisten können. Männer eben. Entsprechend sind momentan nur 1,3 Prozent der ausgebildeten Trainer(innen) weiblich.
Mit Sabrina Wittmann gibt es jetzt immerhin eine Trainerin in der höchsten Nachwuchsliga in Deutschland. Nämlich bei der U19-Mannschaft vom FC Ingolstadt. Ohne dass sie jemals Profi- oder Nationalspielerin war, hat sie den Durchbruch geschafft und sich Respekt verschafft. Sie ist erst 30 Jahre alt und wäre damit persepktivisch auch eine Kandidatin für die erste Cheftrainerin in der Bundesliga:
"Ich möchte einfach meinen Weg weitergehen wie bisher, ohne dass ich mir jetzt irgendwelche Ziele stecke. Wenn es die A-Jugend-Bundesliga bleibt, dann bin ich auch total glücklich, wenn es irgendetwas anderes werden sollte, dann glaube ich, dass ich auch einen schönen Weg dahin finde."
- Sabrina Wittmann
Der DFB hat nach eigenen Aussagen inzwischen ein Projekt zum Thema Gleichberechtigung im Profi-Fußball aufgelegt. Die Initiative "Fußball kann mehr" meint, es sei eine komplette Veränderung notwendig. Dann könnte sich zum Beispiel auch Steffi Jones ein Comeback beim größten Sportverband der Welt vorstellen. Am besten gleich an dessen Spitze.