Rumänien Siebenbürger Sachsen und ihre Häuser
Siebenbürger Sachsen beim Tanzen und Feiern im rumänischen Gürteln. Heute leben fast alle ehemaligen Dorfbewohner in Deutschland.
Während sie in der Ferne ihr Glück suchten, blieben in der alten Heimat ihre Höfe und Felder leer. Häuser verfielen und das Schicksal des Dorfes scheint besiegelt, bis heute - so auch in Gürteln.
Auf Rumänisch heißt Gürteln Gherdeal. Es liegt im Herzen Rumäniens, 30 Kilometer östlich von Hermannstadt. Am Ende einer Sackgasse.
Über Jahrhunderte haben Siebenbürger Sachsen diese Region geprägt.
"Sachsen lieben ihre Tradition. Sie sind eng mit diesem Ort verbunden. Auch wenn sie in Deutschland leben, bleibt Gürteln ihr Zuhause. Aus diesem Grund sind viele Häuser nicht verkauft worden. Sie fühlen sich mit ihnen verbunden, selbst wenn die Häuser kaputt sind und keinen Komfort haben."
Ioan Berghea, Bürgermeister von Gherdeal und den Nachbarorten
Im Sommer kommen die ehemaligen Bewohner zu Besuch. Aus Siebenbürger Sachsen sind Sommer-Sachsen geworden. Jedoch sind die meisten ihrer alten Höfe nicht mehr bewohnbar. Aber in Zukunft können sie im Hotel wohnen. Wo vor fünf Jahren noch diese Ruine stand, steht heute ein kleines Hotel. Horst Kaiser, ein Siebenbürger Sachse, hat es gebaut.
"Wir wollten zwei, drei Zimmer machen, und daraus ist ein bisschen mehr geworden."
Horst Kaiser, Siebenbürger Sachse und Hotelinvestor
"Und die Balken sind von der Scheune?"
Besucherin
"Die sind von der Scheune, die sind 140 Jahre alt."
Horst Kaiser
Der Bau des Hotels ist für viele ein Anlass, die Zukunft ihrer Häuser neu zu überdenken. Familie Montsch lebt schon seit Jahrzehnten in Österreich, aber immer noch steht das Haus ihrer Familie hier in Gürteln. Sie haben es nicht aufgegeben und wollen es sogar im siebenbürgischen Stil restaurieren.
"Wir haben die Möglichkeit, dass wir jetzt ein Hotel in Gürteln haben. Also müssen wir jetzt nicht unbedingt da wohnen. Aber uns ist ganz wichtig, weil das das Haus der Großmutter ist, dass es erhalten bleibt."
Walter Montsch, Siebenbürger Sachse, jetzt in Österreich
Bis heute hält die Bindung an die alte Heimat und die Vorfahren noch an. Eine dauerhafte Rückkehr stand jedoch nie zur Debatte.
"Was vergangen ist, ist vergangen. Das wird man nicht mehr wieder zurückholen, das ist vorbei. Das waren schöne Zeiten, aber das ist vorbei und das wird nicht mehr zurückkommen, aber man muss in die Zukunft schauen. Und was kann ich jetzt aus Gürteln oder was es jetzt ist Neues machen?"
Helmut Montsch, Siebenbürger Sachse, jetzt in Österreich
Während Familie Montsch ihr Haus als Urlaubsdomizil wieder aufbaut, haben Horst und Udo Schuster ihr Haus verkauft, um es zu retten. Daniel Mitran, ein junger Rumäne, ist der neue Besitzer. Er baut das Haus wieder auf, um dort mit Frau und Kind einzuziehen.
"Ansonsten wäre ja alles kaputt gegangen. Und so ist es halt wunderschön auch für uns, wenn wir kommen und sehen: 'Ah, das Haus! Hier haben wir mal gewohnt, sehr schön.'"
Horst Schuster, Siebenbürger Sachse, jetzt in Deutschland
Den Sommer über arbeitet Daniel hier am Haus. Den Rest des Jahres arbeitet er in Deutschland, um das nötige Geld für seinen Hausbau zu verdienen.
"Bevor ich hierher kam, war ich in fast 20 Ländern, an wunderschönen Orten. Aber niemals sah ich einen so wunderschönen Ort wie hier. Vielleicht war es notwendig so viele schöne Gegenden zu sehen, um zu erkennen, was wundervoll ist in meinem Heimatland. Wenn ich das Haus fertig gebaut habe, möchte ich hier einfach und bescheiden leben. Ich möchte von dem leben, was die Erde uns gibt."
Daniel Mitran, Rumäne, Neubürger in Gherdeal
Von den zukünftigen Bewohnern zu den Ehemaligen. Heute sind sie angereist, um sich nach langer Zeit in ihrer alten Heimat zu treffen. Rechtzeitig wurde das Ortsschild erneuert, jetzt sogar zweisprachig, auch wenn falsch geschrieben: "Gürtlen" steht hier. Richtig heißt es "Gürteln".
Zum Treffen der Gürtler reist auch eine Blaskapelle aus Deutschland an. Der Musikverein Heinrichsheim besteht zur Hälfte aus Siebenbürger Sachsen und befindet sich auf einer Siebenbürgen-Tournee.
"Ich habe gedacht, hier wohnt niemand mehr. Da sind ja eine Menge Leute hier."
Der Orchesterleiter
In jedem Heimatort eines Orchestermitgliedes geben sie ein Konzert. Dabei lernt der Nachwuchs die alte Heimat der Eltern kennen.
Wieland und Ute Schuster kamen ebenfalls mit der Blaskapelle. Sie haben 1989 als eines der letzten Paare in Gürteln geheiratet. Kurz darauf packten sie die Koffer.
"Man hatte Geld. Man hat monatlich sein Geld verdient. Aber man konnte nicht so einfach wie in Deutschland kaufen. Da geht man, kauft und hat es."
Wieland Schuster, Siebenbürger Sachse, jetzt in Deutschland
"Wir sind einfach weg in die Fremde. Gut ist es durch die Bekannten gelaufen; die waren ja schon 1982 weg: 'Kommt, Arbeit findet man und das wird schon.' Und es war ja auch so. Es war ja auch so."
Wieland Schuster
Ebenfalls im Orchester spielt ihre Tochter Angelika. Bei ihr hat es Zeit gebraucht, bis sie verstehen konnte, was Siebenbürgen für ihre Eltern bedeutet.
"Meinen ersten Geburtstag habe ich schon in Deutschland gefeiert. Deshalb konnte ich bisher noch nicht so einen großen Bezug dazu aufbauen. Aber dadurch, dass wir jetzt in einer Blaskapelle sind und wir jetzt diese Reise machen, wird mir jetzt bewusst, wo meine Wurzeln auch sind."
Angelika Schuster, Siebenbürger Sächsin, noch in Rumänien geboren
Im Moment leben in Gürteln 12 Personen. Vier davon sind Siebenbürger Sachsen. Sie sind alt, einsam oder dem Alkohol verfallen. Mit ihnen allein hat das Leben im Dorf keine Zukunft.
Die Landwirtschaft hier ist noch genau so wie vor 30 Jahren. Die Dorfbewohner waren Bauern, dazu ein paar Kleinhandwerker. Eine andere Möglichkeit, hier im Dorf zu überleben gab es nicht und gibt es bis heute nicht. Allenfalls geht ein wenig mit Tourismus. Deswegen denkt auch keiner der Sachsen daran, für immer zurückzukehren.
"In Deutschland sind wir Zuhause, aber unsere Wurzeln sind doch hier. Es ist schöner … in Deutschland. Man hat ein Haus gebaut, hat die Kinder groß gezogen. Man kann sich hier nicht vorstellen wieder anzufangen … jetzt."
Ute Schuster, Siebenbürger Sächsin, jetzt in Deutschland
Längst sind die Sommer-Sachsen wieder zu Hause in Deutschland. Ob es gelingen wird, Gürteln oder Gherdeal wieder zu beleben? Daniel ist da optimistisch.
"Ich sehe hier viele Möglichkeiten. Es ist hier wie damals im Wilden-Westen, als die ersten Siedler kamen und sich niederließen. Die Region ist neu zu besiedeln. Alles fängt wieder bei Null an. Wenn Du Ideen hast und hart arbeitest, kannst Du viel verwirklichen. Es ist schön, dass Häuser restauriert und rekonstruiert wurden, aber viel wichtiger als renovierte Häuser sind die Menschen. Wenn Menschen mit gutem Charakter kommen, kann es hier großartig werden – ein bisschen wie im Paradies."
Daniel Mitran
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Duliu mariana, Dienstag, 28.Oktober 2014, 20:52 Uhr
1. die Wurzel in Siebenburgen
"In Deutschland sind wir Zuhause, aber unsere Wurzeln bleiben In Siebenburge!" Die Sommer Sachsen! Es ist ein neuer Anfang! Vielleich Ferienhauser und...Viel Erfolg.