BR Fernsehen - traumpfade


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Vorgestellt Josef Schwellensattl

Stand: 01.08.2014

 Josef Schwellensattl im Kauner Tal | Bild: BR

Ich bin auf einem Bergbauernhof im Südtiroler Ultental aufgewachsen, und meine Kindheit fällt in eine Zeit, in der die abgeschiedenen Berghöfe noch nicht durch Straßen mit dem Tal und dem Rest der Welt verbunden waren. Damals war das 'Zufußgehen' das Normale, und der Kirchweg, der Weg ins Dorf, dauerte zwei Stunden. Hin und zurück war das also schon ein halber Tagesmarsch.

Einmal Wanderer, immer Wanderer

Auch später, als ich ein Auto besaß und mit ihm fast überall hinfahren konnte, bin ich Fußgänger und Wanderer geblieben. Wenn ich eine Gegend kennenlernen wollte, habe ich sie zu Fuß durchwandert. Als mir das Bayerische Fernsehen die Gelegenheit bot, lange Wanderungen zu unternehmen, ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen.

Eine Wanderung anzutreten ist immer noch ein Abenteuer. Man geht los und weiß nicht, was auf einen zukommt.

Beim Autofahren steigt man nach der Fahrt aus dem Auto und stellt fest, dass die Landschaft, die Sprache, die Architektur sich verändert haben. Beim Zufußgehen nimmt man an diesen Veränderungen teil. Man hört, wo der Dialekt sich zu färben beginnt, man spürt, wie die Temperatur steigt oder fällt und man sieht, wie der Baustil der Häuser sich allmählich wandelt. Auch Veränderungen in der Mentalität der Menschen bleiben einem nicht verborgen.

Veränderungen Schritt für Schritt

Mit der Umgebung, die sich Schritt für Schritt ein kleines bisschen verändert, wird man auch selbst ein bisschen ein anderer. Mit den Tagen wird man zäher, genügsamer und selbstbewusster. Geht man von der Ebene ins Gebirge, kommt man immer wieder an Stellen, von denen man stolz auf die zurückgelegte Strecke der letzten Tage blicken kann. Man erkennt die Orte wieder, an denen man Gastfreundschaft genoss, denkt mit Dankbarkeit an die Hilfe, die einem zuteil wurde. Die Bekanntschaften mit den unterschiedlichen Menschen, die man beim Zufußgehen macht, sind die Perlen im Kranz des Wanderers.

Eine kleine Fußwanderung von einem Tal ins andere oder über zwei, drei Dörfer kann einem mehr schenken als ein Flug um die halbe Welt.


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