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Vor der Bundestagswahl Wie Parteien gegen "Fake News" vorgehen

Auf Facebook und Twitter kursieren gezielte Falschmeldungen, die Stimmung gegen Kandidaten und Parteien machen sollen. Doch die haben Strategien entwickelt, um zurückzuschlagen. Manchmal gelingt das sogar innerhalb weniger Stunden.

Von: Wolfgang Kerler und Arne Meyer-Fünffinger

Stand: 25.08.2017 | Archiv |Bildnachweis

Symbolbild Fake-News | Bild: picture-alliance/dpa

Am Sonntag rückte sie wieder aus, die "Netzfeuerwehr" der Grünen. Grund war eine gefälschte Aussage von Katrin Göring-Eckardt, die bei Twitter die Runde machte.

Update vom 22.09.17

Katrin Göring-Eckardt hat sich inzwischen juristisch gegen die Verbreitung dieses falschen Zitates zur Wehr gesetzt - mit vorläufigem Erfolg. Wie heute bekannt geworden ist, hat das Hamburger Landgericht der AfD Bielefeld per einstweiliger Verfügung die weitere Verbreitung des Falsch-Zitates untersagt. Sollte die AfD dagegen verstoßen, könnte die Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 Euro drohen. Allerdings kann die die Partei gegen den Beschluss Widerspruch einlegen. "Die AfD betreibt Fake News, schürt Hass und Hetze, sie erfindet Zitate, bringt sie in Umlauf und diffamiert so den politischen Gegner", sagte Göring-Eckardt. Der Vorstand des AfD Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen will sich nach Angaben einer Sprecherin in der kommenden Woche zusammensetzen und darüber beraten, wie er mit der Entscheidung umgeht. Von der Internetseite der AfD Bielefeld ist das entsprechende Zitat inzwischen verschwunden.

Auf ein Foto der Grünen-Spitzenkandidatin war ein ihr zugeschriebenes Zitat montiert. Göring-Eckardt soll gesagt haben, dass sexuelle Übergriffe durch Migranten, auch einen "Hilferuf der Flüchtlinge" zeigten, weil sie "zu wenig von deutschen Frauen in ihren Gefühlen respektiert würden".

Ein Fake über Kathrin Göring-Eckardt

So etwas hat Katrin Göring-Eckardt aber nie gesagt, auch nichts Ähnliches. Das Zitat: frei erfunden, um den Grünen zu schaden. Erfahrungen, die Grünen-Wahlkampfmanager Robert Heinrich schon mehrfach gemacht hat.

"Es ist immer wieder vorgekommen, dass im rechten Umfeld gezielt Falschmeldungen über die Grünen verbreitet wurden und dann auch mit Organisation einer Community tausendfach verbreitet wurden."

- Robert Heinrich, Wahlkampfmanager der Grünen

In solchen Fällen rückt die Grüne "Netzfeuerwehr" aus, eine parteiinterne Facebook-Gruppe mit über zweieinhalbtausend Mitgliedern. Entdeckt jemand im Netz "Fake News" über die Grünen oder einzelne Kandidaten schlägt er in der Gruppe Alarm. Der Gegenschlag beginnt.

Grüne "Netzfeuerwehr“ übt Druck aus

Robert Heinzrich, Wahlkampfmanager der Grünen

Unter falschen Facebook-Beiträge posten die Mitglieder der "Netzfeuerwehr" Klarstellungen als Kommentare, die sie dann so oft wie möglich mit "Gefällt mir" markieren. Dann rutschen die Kommentare bei Facebook ganz nach oben, direkt unter den Fake selbst. Zusätzlich fordern die Grünen die Urheber der Falschmeldung auf, diese zu löschen. Oft reicht dieser Druck schon – und der Post verschwindet.

Auf Twitter läuft es ähnlich, so auch beim gefälschten Göring-Eckardt Zitat vom Sonntag.

"Wir sind dann sofort aktiv geworden, haben am Sonntag noch in unserer Netzfeuerwehr eingestellt: Liebe Leute, da gibt's ein Falschzitat. Kommentiert darunter! Ich selber habe auch die Person aufgefordert, dieses Falschzitat zu löschen. Grüne haben das geliked, Grüne haben selber kommentiert, haben also Druck aufgebaut. Und innerhalb von wenigen Stunden waren dann die Zitate größtenteils gelöscht."

Robert Heinrich, Wahlkampfmanager der Grünen

In manchen Fällen melden die Grünen Fake News auch direkt an Facebook und Twitter.

Die Linke ist enttäuscht von Facebook

Die Linke war in diesem Jahr bisher nur in "sehr geringem Ausmaß" betroffen, erfährt der Bayerische Rundfunk aus der Parteizentrale, so sind auf - Zitat - "obskuren rechten Weibsites" gefälschte Plakatmotive aufgetaucht. Wenn "Fake News" die Runde machen, ist die Linke mit der Rolle der sozialen Netzwerke selbst unzufrieden:

"Solange es zum Beispiel Facebook wichtiger nimmt, weibliche Brüste statt menschenverachtenden Hate-Speech oder Verleumdungen zu entfernen, können wir Fake-News nur mit Aufklärung, Humor und - auch dies behalten wir uns vor - mit juristischen Mitteln begegnen."

Antwort der Linken auf eine BR-Anfrage

CDU fürchtet den "Streisand-Effekt“

Auch die CDU teilt mit, dass sie sich ein juristisches Vorgehen gegen Fälschungen vorbehält.

"Einzelne Fälle und Beispiele von Fälschungen und Falschnachrichten kommentieren wir jedoch grundsätzlich nicht, um diesen nicht durch den sogenannten Streisand-Effekt größere Bedeutung zuzumessen."

Antwort der CDU-Zentrale auf eine BR-Anfrage

Barbara Streisand bei einem Konzert in Wien

Der "Streisand-Effekt“ ist nach Barbra Streisand benannt. Die hatte vor fast 15 Jahren eine Webseite verklagt, auf der unter tausenden Fotos auch eine Luftaufnahme vom Haus der Künstlerin zu finden war. Streisand verlor und machte das Foto durch die Berichte über ihre erfolglose Klage erst richtig bekannt.

CSU will Medienkompetenz stärken

Die CSU in Bayern nennt ebenfalls keine Details zu Fakes und wie genau sie darauf reagiert. Sie geht in ihrer Antwort auf die BR-Anfrage aber darauf ein, wie das Problem als Ganzes angegangen werden sollte:

"Zentral ist die Stärkung der Medienkompetenz, damit Bürger selbständig Fakten von falschen Informationen unterscheiden und Quellen nach ihrer Objektivität bewerten können. Plattformen und Soziale Netzwerke müssen zudem die Voraussetzungen schaffen, gezielte Desinformationskampagnen durch Bots und Botnetze zu erkennen und zu unterbinden."

Antwort der CSU auf eine BR-Anfrage

Keine juristische Handhabe gegen russische Seiten

Die Seite „Anonymousnews.ru“ hat schon öfter Falschmeldungen über die SPD und ihre Spitzenvertreter verbreitet, zum Beispiel, dass der Vater von Martin Schulz im Konzentrationslager Menschen liquidiert haben soll. Das ist Fake. Doch mehr als die Fakten klarstellen kann die Partei in diesem Fall nicht.

"Wenn wir in den Sozialen Netzwerken auf Falschmeldungen stoßen, versuchen wir die Fakten sofort in den Kommentaren klarzustellen. Außerdem melden wir nach juristischer Prüfung Posts bei Facebook zur Löschung an. Bei Urhebern, die beispielsweise einen Blog mit russischer Adresse hosten, haben wir bei Fake News kaum Handhabe."

Tobias Nehren, Leiter digitale Kampagnen in der SPD-Zentrale

FDP warnt vor Fakes in Verbindung mit geklauten Daten

Marco Buschmann

Bei der FDP beobachtet ein Team in der Bundesgeschäftsstelle, was im Netz passiert. Tauchen Fakes auf, koordiniert die Partei über WhatsApp- und Facebook-Gruppen ihre Reaktion. Allerdings: Bisher blieben die Liberalen von gezielten Falschmeldungen weitgehend verschont. FDP-Geschäftsführer Marco Buschmann hält es trotzdem für möglich, dass es die Parteien noch vor der Bundestagswahl mit besonders gefährlichen Falschmeldungen zu tun bekommen.

"Das größte Problem mit Fake News ist natürlich, wenn es sich mit dem Thema Leaks verbindet. Leaks bedeutet ja, dass Daten, die auf illegale Weise beschafft worden sind, ins Netz gestellt werden. Und wenn dann solche Daten, also Originale ins Netz gestellt werden und unter diese Originale Fälschungen gemischt werden, dann ist es sehr, sehr schwer und  sehr aufwändig erstmal zu unterscheiden, was ist Original und was ist Fälschung."

Marco Buschmann, Bundesgeschäftsführer der FDP

Vor den Präsidentschaftswahlen in den USA und in Frankreich gab es solche Fälle. Auch ein Klau von Daten aus dem Deutschen Bundestag im vergangenen Jahr ist bekannt.

Sollte es also auch hierzulande eine Verbindung aus Leak und Fake News geben, so hofft Marco Buschmann auf ein besonnenes Vorgehen von Journalisten und Öffentlichkeit. Als Partei bliebe einem dann nur noch maximale Transparenz. Das heißt: offenlegen, was Original ist und was Fälschung.

Die AfD hat auf die BR-Anfrage zu ihrem Umgang mit Fake News nicht geantwortet.







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Erich, Sonntag, 27.August 2017, 17:48 Uhr

8. Die beliebtesten Fake-News waren....

Es kommen Fachkräfte, Familien und keine Terroristen. Die Wirtschaft wartet nur auf diese Leute. usw. usf.

Gundula, Samstag, 26.August 2017, 22:11 Uhr

7. Die meisten Fakenews werden in den USA produziert.

Die US-Sicherheidienste haben bei der Fakenews-Produktion die größte Fantasie.

  • Antwort von Leonia, Sonntag, 27.August, 09:54 Uhr anzeigen

  • Antwort von Max, Sonntag, 27.August, 17:48 Uhr anzeigen

Leonia, Freitag, 25.August 2017, 18:29 Uhr

6. Fake News und Leaks?

Was Herr Buschmann da gemeinsam nennt, sind zwar beides Phänomene des Internets, aber m.E. nach haben sie miteinander wenig zu tun. Und daher irritiert es mich doch etwas, dass er die Nachfrage nach dem Umgang mit "Fake News" damit beantwortet, dass sich dieser Begriff mit dem Begriff "Leaks" verbinde. Welche Verbindung gibt es da, außer dass beides für die Betroffenen unangenehme Folgen hat? Ich steh' da im Moment auf dem Schlauch.

  • Antwort von Norbert , Freitag, 25.August, 20:00 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Freitag, 25.August, 20:48 Uhr anzeigen

  • Antwort von Heribert , Freitag, 25.August, 22:24 Uhr anzeigen

  • Antwort von Nick, Freitag, 25.August, 22:34 Uhr anzeigen

  • Antwort von Haderner, Samstag, 26.August, 00:02 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Samstag, 26.August, 10:42 Uhr anzeigen

  • Antwort von Gundula , Samstag, 26.August, 15:10 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Samstag, 26.August, 16:14 Uhr anzeigen

Dieter, Freitag, 25.August 2017, 16:40 Uhr

5. Fake News

Wenn man bedenkt, dass die Deutschen bis vor wenigen Jahren noch als das Volk der Dichter und Denker galt. Es wird nicht lange dauern, bis Deutschland in den einschlägigen Rätselzeitungen auftaucht, etwa unter der Begriff: Kleines, seltsames Volk in der Mitte Europas, welches sich freiwillig und ohne Not seiner ureigenen Werte beraubt hat. Die Fake-News des Tages kommen heute mal wieder von der Bertelsmann-Stiftung. 96 % aller Muslime fühlen sich angeblich Deutschland verbunden. Is klar, und 2018 macht Angela Merkel mit Daniela Katzenberger eine Herrenboutique in Wuppertal auf, ihr Erwin Lindemann.
M.f.G.

  • Antwort von Franz, Freitag, 25.August, 17:21 Uhr anzeigen

  • Antwort von Abdullah, Freitag, 25.August, 17:26 Uhr anzeigen

  • Antwort von onkel, Freitag, 25.August, 19:35 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Freitag, 25.August, 21:07 Uhr anzeigen

  • Antwort von Denker, Freitag, 25.August, 21:15 Uhr anzeigen

  • Antwort von Senior, Samstag, 26.August, 21:09 Uhr anzeigen

  • Antwort von Denker, Samstag, 26.August, 21:54 Uhr anzeigen

Franz, Freitag, 25.August 2017, 16:32 Uhr

4. Parteien sollten solche Fakes

immer zur Anzeige bringen, damit diese Lügner und ihre Verbreiter auch strafrechtliche Konsequenzen zu erwarten haben.
Hat ja in der Vergangenheit bei ein paar Hetzern schon sehr gut geklappt.

  • Antwort von Nobody , Samstag, 26.August, 15:06 Uhr anzeigen