Dokumentarfilm Drachenmädchen
Ein besseres Leben erhoffen sich die Schülerinnen von Chinas größter Kung-Fu-Schule in der Provinz Henan. Eiserne Disziplin bestimmt ihren Alltag. Inigo Westmeiers Dokumentarfilm stellt drei dieser "Drachenmädchen" vor- ihre Ziele, ihre Träumen, ihr hartes Training.
Aufstehen um 5.40 Uhr, Training bis 7.30 Uhr, anschließend Frühstück, Training von 8.50 Uhr bis 11.50 Uhr. Zwanzig Minuten Mittagessen, dann wird in der Schule Allgemeinwissen gebüffelt, um 18.20 Uhr geht's in den Schlafsaal, um 20.30 Uhr heißt es Bettruhe. Kein Tagesplan für amerikanische Marines, sondern für die 26 000 Schüler der größten Kung-Fu-Schule Chinas in der Provinz Henan.
Weit weg von zuhause
Filminfo
Originaltitel: Drachenmädchen (D, 2012)
Regie: Inigo Westmeier
Länge: 94 Min.
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 28. Februar 2013
Tausende Kilometer von den Eltern entfernt lernen Jungen und Mädchen eiserne Disziplin und hoffen auf die Chance, irgendwann zur Kung-Fu-Elite zu zählen. Die meisten kommen aus ärmlichen Verhältnissen. Inigo Westmeier wählte drei Protagonistinnen aus, die 9-jährige Xin Chenxi, die 15-jährige Chen Xi und die 17-jährige Huang Luolan, die dem Drill entfloh und nach Shanghai zurück kehrte und nur noch vor dem Computer hängt.
In intensiven Beobachtungen und Gesprächen mit den Mädchen, ihren Trainern, Eltern und Verwandten, dem Schulleiter und dem Abt des nahen Shaolin-Tempels, der Wiege des Kung Fu, entsteht das Bild einer Gesellschaftsschicht, die sich nicht um ihre Kinder kümmern kann. Und von Heranwachsenden, die nie die Chance erhielten, Kind zu sein, die alles tun, um aus der Misere herauszukommen.
Kein Platz für Privatsphäre
Für Individualität und Privatsphäre bleibt da kein Platz. Gleichzeitig verschweigt Westmeier nicht die Faszination dieses einzigartigen Kampfsports. Härte gegen sich selbst ist bei den Drachenmädchen das oberste Gebot. "Ein Meister zeigt nicht sein wahres Gesicht, denn sonst ist er kein Meister", so der Trainer. Und während Chen Xi zugibt, nachts oft zu weinen und sich nach ihren Eltern sehnt, gibt sich die Jüngere, die mal Soldatin werden möchte, stark: "Weinen bringt nichts, man muss sich mutig der Situation stellen."
Schwierige Dreharbeiten
Es dauerte lange, die Drehgenehmigung zu erhalten, und es gestaltete sich kompliziert, mal ohne Aufpasser mit den Menschen zu reden, aber es gelang in wenigen unbeobachteten Momenten. Westmeier begeistert nicht nur durch sensible Herangehensweise, sondern auch durch fantastische Aufnahmen, darunter eine Masssen-Choreographie beim Training, die "Reichsparteitags-Feeling" wachruft.
"Drachenmädchen" verzichtet auf pädagogischen Impetus und gehört zu den außergewöhnlichen und unbedingt sehenswerten Dokumentarfilmen, die den Zuschauer in eine Geschichte und eine fremde Kultur hineinziehen, Fragen nach den Zwängen und Widersprüchlichkeiten des Systems aufwerfen, nach dem Stellenwert des Einzelnen in einer durch und durch reglementierten Gesellschaft. Diskussionsstoff nach dem Film sollte es genug geben.
BR-Koproduktion
Der Bayerische Rundfunk engagiert sich seit Jahrzehnten als Koproduzent vielfach preisgekrönter Produktionen von Spiel-, Fernseh-, Dokumentar-, Kurz- und Kinderfilmen.
"Drachenmädchen" ist eine Koproduktion von BR und Arte.