Drechsler/-in Drehen bis die Späne fliegen
An der Drehbank machen sie aus eckigen Materialien wie Holz, Kunststoff oder Bernstein runde Produkte - mit Geschick, technischem Verständnis und einem Auge für Formen und Ästhetik.
Julia Müller spannt einen Holzwürfel ein. Daraus soll ein runder Drehknopf samt Gewinde entstehen. Unmöglich? Nicht für Julia! Sie startet die Drehbank, der Würfel beginnt zu rotieren. Julia setzt die Röhre an - das typische Werkzeug des Drechslers. Die Späne fliegen. So lange, bis aus dem Würfel tatsächlich ein runder Drehknopf geworden ist.
Julia ist im dritten Lehrjahr. Gemeinsam mit Gesellin Julia Kleiber produziert sie gerade mehrere Notenständer. Die beiden haben geeignetes Holz ausgesucht, es gehobelt, gebohrt und geleimt. Während Julia Müller an der Drehbank den Knopf zum Verstellen des Notenpults formt, bedient Julia Kleiber den Drehautomaten, der aus groben Holzstücken in Windeseile runde Fußplatten macht. Danach stellt sie die CNC-Maschine ein - in wenigen Minuten dreht die aus langen Holzklötzen den verzierten Schaft des Notenständers. Der Umgang mit Technik ist für Drechsler mittlerweile genauso wichtig wie das Drehen von Hand.
"Die Leute fragen mich oft, was man als Drechsler so macht. Dann antworte ich: Ganz einfach, wir machen aus eckigem Holz rundes Holz. Viel Kraft braucht man dazu übrigens nicht. Viel wichtiger ist eine große Portion Geschick."
Julia Müller, 19, Azubi
Aufwändige Einzelstücke
Wie die meisten Drechsler in Deutschland besucht Julia Müller die Staatliche Berufsschule in Bad Kissingen. Mehrere Wochen im Jahr lernt sie dort die Grundlagen des Berufs: vom Skizzieren über einfache Profilübungen bis hin zum Drehen anspruchsvoller Teile. Lehrer an der Schule ist Wolfgang Miller. In seiner Werkstatt stellt er exklusive Einzelstücke her, häufig Auftragsarbeiten. Mit viel Kreativität entwirft er neue Produkte, macht sich Gedanken über die technische Umsetzung und die Auswahl des Holzes. Jede Sorte ist anderes, hat andere Farben und Eigenschaften. Gerade dreht er eine Dose aus Mooreiche mit einem Einsatz aus Amaranth. Das ist sehr aufwändig - und dauert einige Stunden. Er muss sehr genau arbeiten, immer wieder nachmessen - der kleinste Fehler kann das ganze Stück zerstören.
Kunstwerke aus dem "Gold der Ostsee"
Mit ein paar flotten Strichen zeichnet Henning Schröder die Umrisse einer Figur auf einen gelblich schimmernden Stein. An der Fräse arbeitet er die grobe Struktur heraus. Er stellt eine Dame her, für ein Schachspiel. Der gelbliche Stein ist ein ganz besonderes Material: Bernstein. Vor Millionen von Jahren entstand der aus Baumharz, er liegt in den Tiefen der Ostsee, wird von der Brandung ans Ufer gespült und ist ein begehrtes Material für Schmuck und kleine Kunstwerke. Henning ist Bernstein-Drechsler, eine kleine Fachrichtung der Drechslerei. Auch das Elfenbeinschnitzen gehört zum Berufsbild, spielt aber so gut wie keine Rolle mehr. Mit einer feinen Fräse bearbeitet Henning das Gesicht der Dame - Augenbrauen und Nase sind schon zu erkennen. Dann nimmt er mit dem Stichel die letzten Späne weg - die Figur ist fertig.
"Bei der Arbeit brauche ich geschickte Finger. Wenn ich mal einen Fehler mache, ist das aber auch nicht allzu tragisch. Dann macht man halt was anderes aus dem Stück. Hat ja keiner gesehen - und dann ist auch gut."
Henning Schröder, Bernstein-Drechsler
Gute Bewerber gesucht
Handwerkliches Geschick, technisches Verständnis und eine künstlerische Ader - das sind die Anforderungen an Drechsler. Es gibt nicht viele Ausbildungsplätze, die meisten Betriebe bilden für den eigenen Bedarf aus. Gute Bewerber werden aber immer gesucht!
Die wichtigsten Fakten zur Ausbildung
- Offizielle Berufsbezeichung: Drechsler/-in
- Ausbildungsdauer: drei Jahre
- Ausbildungform: Duale Ausbildung im Betrieb und an der Berufsschule: Der Unterricht dort findet in Blockform statt - mehrere Wochen am Stück, Übernachtung im Internat inklusive. Die meisten Betriebe schicken ihre Azubis an die Staatliche Berufsschule Bad Kissingen. Für Lehrlinge aus den ostdeutschen Bundesländern geht's an die Holzspielzeugmacher- und Drechslerschule in Seiffen (Sachsen).
- Prüfung: Handwerkskammer
- Ausbildungsorte: kleine und mittlere Handwerksbetriebe wie Drechsler- und Holzspielzeugmacherwerkstätten sowie Möbelhersteller
- Zugang: Offiziell vorgeschrieben ist kein bestimmter Schulabschluss - die meisten Azubis haben den qualifizierenden Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife.
- Eignung: Bewerber brauchen genaue und geschickte Finger, eine Portion Kreativität und ein Gespür für Formen und Ästhetik. Sie sollten sich mit Technik auskennen und gute Kenntnisse in Mathematik mitbringen.
- Perspektiven: Spezialisierung auf Holz- und Kunststoffdrechslerei, Kleinserien oder Kunsthandwerk; Weiterbildung zum Techniker in Holztechnik; Meister-Prüfung; Studium der Holztechnik.
- Alternativen: im Bereich Holzgestaltung: Holzbildhauer, Holzspielzeugmacher; im Bereich Modellbau: technischer Modellbauer; im Bereich Holzbe- und -verarbeitung: Tischler, Holzmechaniker, Holzbearbeitungsmechaniker; im Bereich Holzwarenherstellung: Bürsten- und Pinselmacher, Böttcher, Flechtwerkgestalter, Holzblasinstrumentenmacher; im Bereich Leichtflugzeugbau: Leichtflugzeugbauer
Genaue Informationen finden Sie auf den Webseiten der Arbeitsagentur:
Die wichtigsten Infos zum Beruf
Geld
Wie bei fast allen Handwerksberufen gilt auch für die Drechsler: Reich werden sie während der Ausbildung nicht, sie bekommen rund 500 Euro im Monat. Danach verdienen sie um die 2.000 Euro.
Kreativität
Drechsler entwerfen häufig eigene Produkte, sie brauchen ein Auge für die Natur, Gespür für Formen und Sinn für Ästhetik.
Genauigkeit
Messen, messen, immer wieder messen. Das ist der Alltag von Drechslern. Sie arbeiten meist nach Vorlagen oder Plänen und müssen sich an die vorgegebenen Maße halten. Schon ein paar Millimeter Abweichung können zu viel sein.
Gefahr
Drechsler nutzen bei ihrer Arbeit viele gefährliche Maschinen wie Sägen, Fräsen und Bohrer. Auch beim Drehen an der Drehbank können die Werkzeuge mal abrutschen. Sie müssen immer sorgfältig arbeiten.