Vorzeige-Imam verhaftet Finanzierte Abu A. den IS?
Er gilt als Mann des Friedens und als entschiedener Gegner der Terrormiliz IS. Ausgerechnet der auch in München bekannte Imam Abu A. wurde als mutmaßlicher IS-Unterstützer in Spanien verhaftet. Nach BR-Informationen werfen ihm die dortigen Behörden vor, über reichlich Geld und ein internationales Netz an Helfern zu verfügen.
Abu A. alias Hesham S. wirkte früher als Imam in München und pflegt dorthin immer noch Kontakte. Der Imam mit den palästinensischen Wurzeln gilt unter Muslimen als Respektsperson und Mann mit einer positiven Ausstrahlung.
Lange Liste an Vorwürfen
Abu A., der Imam mit 15 Kindern und vier Ehefrauen, hat seinen Wohnsitz nach Leipzig verlegt. Bis zuletzt war er häufig in Spanien unterwegs, wo er in der Provinz Alicante auf seinem großen Anwesen lebte. Dort wurde er Ende April festgenommen. Laut Staatsanwaltschaft besteht akute Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Nach BR-Informationen kann er nicht gegen Kaution freigelassen werden. Er soll über reichlich Geld und ein internationales Netz an Helfern verfügen.
Die Liste der Vorwürfe ist lang. Eine abschließende Bewertung wird aber erst nach weiteren Ergebnissen aus Spanien möglich sein. Den spanischen Behörden zufolge hat Abu A. mit der Terrormiliz IS zusammengearbeitet und für den IS rekrutiert. Außerdem wird ihm IS-Finanzierung vorgeworfen.
Abu A., so der Vorwurf, hat Geld aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten erhalten und damit in Europa ein Firmengeflecht aufgebaut. Damit sollen diverse Immobilien gekauft worden sein, unter anderem eine Moschee in Alicante für 20.000 Euro. Auch in Deutschland sei Geld an eine Vereinigung geflossen, heißt es. Zu diversen Islamisten - auch aus Deutschland - habe er Kontakt gehalten.
Zudem habe er in Alicante eine Organisation aufgebaut, die Islamisten aus Syrien oder dem Irak Unterschlupf bietet. Von Alicante aus habe er radikales Gedankengut verbreitet und von dort aus seien auch Terroranschläge in Europa vorbereitet worden. Orte werden aber nicht genannt. In Spanien soll er mehrere Moscheen großzügig mit Geld unterstützt haben. Im Gegenzug seien dann von ihm ausgewählte radikale Prediger eingesetzt worden.
Als das LKA intervinierte
Abu A.'s deutscher Anwalt kann sich auf BR-Anfrage das "alles nicht vorstellen". Der Imam sei ein entschiedener Gegner der Terrormiliz IS.
In der Tat engagierte sich Abu A. in der sogenannten Deradikalisierungsarbeit, versuchte junge Menschen von ihren radikalen Gedanken abzubringen. Zahlreiche Medien berichteten über Abu A. und sein Engagement gegen Radikalisierung. Von einem bayerischen Fall, um den sich der Imam kümmerte, erzählte ein Fernsehmagazin im November 2015. Auch das Bayerische Landeskrimalamt (LKA), indem das Kompetenzzentrum Deradikalisierung angesiedelt ist, fiel die Berichterstattung auf. Hierzu teilt das LKA dem BR mit:
Ein Zeichen, dass zumindest die bayerischen Behörden das Wirken des Imams im Deradikalisierungs-Bereich schon länger mit großer Skepsis beobachteten. Aus Sicht des LKA "wird die Beratung und Betreuung von radikalisierungsgefährdeten Personen durch Berater, die ein eindeutiges und unmissverständliches Bekenntnis zu den Werten unserer Gesellschaft sowie der freiheitlich demokratischen Grundordnung vermissen lassen, als besonders kritisch gesehen".
In der Öffentlichtkeit galt Abu A. als Vorzeige-Imam. In München war er in der Vergangenheit ein gern gesehener Gast bei Integrationsrunden des Sozialreferats und an Schulen. 2010 etwa erschien er am Gymnasium Geretsried im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen bei der Veranstaltung "Islam in Europa", an der die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mitwirkte.
Münchner Vergangenheit
Die Darul-Quran in München, aufgebaut von Abu A., wurde 2015 geschlossen - aufgrund finanzieller Schwierigkeiten.
In München hatte der Imam die "Darul-Quran Moschee" aufgebaut. Der bayerische Verfassungsschutz stufte sie als salafistisch ein, weil dort immer wieder Prediger verkehrten, die laut Verfassungsschutz ein entsprechendes Gedankengut verbreitet hätten.
Von Dschihadisten war dem Vernehmen nach aber nicht die Rede, eher von gemäßigten Salafisten-Predigern, die eine besonders konservative Lesart des Islam vertreten und mit ihrem stark ausgeprägten Missionierungsbedürfnis versuchen, andere von ihrem Glauben zu überzeugen.
Zuletzt hatte sich die Moschee von Terror und Gewalt sogar öffentlich distanziert (siehe Video-Statement unten). Im Oktober 2015 musste sie aufgrund finanzieller Schwierigkeiten geschlossen werden.
Ein "Agent der Kreuzzügler" in U-Haft
Bekannt wurde Abu A., weil er vor ein paar Jahren 80 Tage in U-Haft in München-Stadelheim verharren musste. Er sollte seine Drittfrau über Jahre misshandelt und ihr die Knochen gebrochen hatte, was ihm im Boulevard die Spitznamen "Prügel-Imam" und "Knochenbrecher" einbrachte. Die Frau hatte ihn angezeigt, dann aber doch ihre Vorwürfe zurückgenommen, der Imam kam frei.
Ob Abu A. alias Hesham S. wirklich für den IS rekrutiert hat? Der Fall ist höchst widersprüchlich und wirft viele Fragen auf. Der IS hat den Imam kürzlich in einem Magazin abgebildet und sogar zur Tötung aufgerufen. Darin heißt es: "Tötet den Abtrünnigen Hesham S., den Agenten der Kreuzzügler (…). Er arbeitet offensichtlich mit den Kreuzzüglern zusammen und hilft ihnen bei ihren angeblichen Islamismus-Aussteigerprogrammen."