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Flüchtlinge in Serbien und Ungarn Balkanroute wieder durchlässiger

Über die offiziell geschlossene Balkanroute kommen laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk wieder deutlich mehr Flüchtlinge. Seit Ungarn zudem verstärkt Flüchtlinge Richtung Süden zurückschickt, sieht sich vor allem Serbien im Fokus. Helfer warnen vor einem "serbischen Idomeni".

Von: Ralf Borchard

Stand: 15.07.2016

Flüchtlingscamp zwischen Serbien und Ungarn | Bild: picture-alliance/dpa

Irena Vari steht in einem Park am Busbahnhof von Belgrad. Die serbische Studentin gehört zu den Freiwilligen, die hier seit zehn Monaten durchreisenden Flüchtlingen helfen. Obwohl die Balkanroute offiziell geschlossen ist, nimmt die Zahl der Flüchtlinge (vor allem junge Männer aus Afghanistan, aber auch Familien aus Syrien und anderen Ländern) wieder zu. Das berichtet das UN-Flüchtlingshilfswerk. Das sagt auch Irena Vari. Viele der Menschen, die in Belgrad ankommen, seien durch Erlebnisse mit Schleppern traumatisiert:

"Wir hatten eine Frau, die in sehr schlechtem Zustand hierher kam. Sie wollte nichts essen, wirkte sehr depressiv. Von ihrem Onkel haben wir erfahren, dass sie mit Schleppern gereist ist, die sie irgendwo in Bulgarien zurückgelassen haben. Zehn Tage lang waren sie ohne Nahrung. Sie hatte zwei Babys, fünf Monate alte Zwillinge. Sie sind verhungert."

Irena Vari, Flüchtlingshelferin

Vari berichtet auch von dem Fall eines 40-jährigen Mannes, der vor Angst gezittert habe, weil ihn Schlepper bedrohten und viel mehr Geld verlangten als ursprünglich vereinbart. "Wir haben oft solche Fälle, dass ganze Familien bedroht werden, bis sie riesige Geldsummen bezahlen - in Belgrad, an der Grenze, an verschiedenen Orten", so Vari.

Ein neues Idomeni

An der serbischen Grenze zu Ungarn ist ein neuer Flüchtlings-Rückstau entstanden. An den Übergängen Horgos und Kelebija warten derzeit jeweils rund 500 Menschen, übernachten in wilden Lagern. Serbische Medien sprechen in Anspielung an das geräumte Lager an der griechisch-mazedonischen Grenze bereits von einem "neuen Idomeni".

Ein 30-jähriger aus Afghanistan sagt: "Ich habe es schon viele Male nach Ungarn versucht, wurde aber immer zurückgewiesen. Vor ein paar Tagen habe ich es über die Grenze geschafft. Wir sind drei Nächte und zwei Tage zu Fuß gegangen, unser Essen war aufgebraucht, wir konnten nur verschmutztes Wasser auf Schafweiden und Pferdekoppeln trinken."

Der Mann berichtet, dass sie 50 bis 70 Kilometer im Landesinneren waren, als sie von ungarischen Sicherheitskräfte auf einer Landstraße entdeckt wurden. "Bevor sie uns an die Grenze zurückbrachten, haben sie Hunde auf uns gehetzt und uns geschlagen. Sie behandeln uns wie Feinde."

Berichte über Misshandlungen in Ungarn

Zwar lassen sich die Angaben des Mannes nicht überprüfen, aber das UN-Flüchtlingshilfswerk erhält zahlreiche Berichte über Misshandlungen in Ungarn. Offiziell besagt ein Anfang Juli verschärftes Gesetz, dass Flüchtlinge, die in einer Acht-Kilometer-Zone hinter der Grenze aufgegriffen werden, Richtung Serbien zurückgeschoben werden können.

Der ungarische Kanzleramtsminister Janos Lazar sagte in Budapest empört: Es sei eine pure Lüge und Verleumdung, dass Polizisten jemanden geschlagen hätten in der Acht-Kilometer-Zone. Die Polizei dokumentiere alles, sie mache Videoaufnahmen, so seien alle Schritte nachzuverfolgen. Das Verhalten der Polizisten und Soldaten ist laut Lazar "hoch professionell".

"Eine europäische Politik"

Am gestrigen Donnerstag haben auch der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil den Grenzübergang Horgos-Röszke besucht. Sie sagten Ungarn die Unterstützung durch 20 österreichische Polizisten und eine noch nicht benannte Zahl von Soldaten zu. "Das, was Ungarn an der Außengrenze macht", so Sobotka, "ist eine europäische Politik, die wir unterstützen und unterstreichen können, in dem Sinne, dass wir gemeinsam diese größte Herausforderung, wie wir mit der Migration auch in der Zukunft umzugehen haben, einen gemeinsamen Ansatz finden lassen."


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