Falsche Flüchtlingsausweise Hat das BAMF geschlampt?
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) muss alle Asylbewewerber registrieren - doch Bayern und einige andere Bundesländer gehen davon aus, dass die Nürnberger Behörde dabei geschludert hat. So wurden im Freistaat gefälschte Pässe sichergestellt, obwohl das BAMF diese für echt erklärt hatte. Allen voran Brandenburg sieht sich zum Handeln gezwungen.
Der Brandenburger Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg will nach Informationen des RBB gut 18.000 Flüchtlings-Datensätze des BAMF beschlagnahmen lassen. Damit will er herausfinden, wer im Zuge des enormen Zustroms vor genau einem Jahr tatsächlich ins Land gekommen ist.
"Ich will wissen, wer im Land ist"
Und ihm scheint es ernst zu sein: Rautenberg forderte zuerst BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise persönlich auf, ihm die Daten von Flüchtlingen zu übergeben, die vom 5. September bis 22. Dezember 2015 mit der Bahn aus Ungarn oder Österreich nach Brandenburg gelangten und die die Bundespolizei aus Kapazitätsgründen nicht alle identifizieren konnte. Ohne Erfolg: Weise verweigerte demnach die Daten und begründete das mit "fehlender Verhältnismäßigkeit".
"Ich will wissen, wer genau im Land ist. Und ich möchte mir, wenn etwas passiert in unserem Land, nicht vorwerfen lassen, dass ich nicht alles vorher hätte unternehmen können."
Brandenburgs Generalstaatsanwalt Rautenberg
Seine Forderung klingt nachvollziehbar, zumal es Anhaltspunkte gibt, die auf Ungenauigkeiten und Schlampereien beim BAMF hinweisen. Wie das Bundesinnenministerium auf RBB-Anfrage mitteilte, wurden in Bayern etliche Flüchtlingsausweise entdeckt, die das BAMF zuvor im Asylverfahren geprüft habe. Allein in Garmisch-Partenkirchen hätten bayerische Fahnder bei einer Stichprobe 19 gefälschte Pässe sichergestellt.
Herrmann: BAMF hat gefälschte Pässe nicht erkannt
Die Dunkelziffer liegt nach Angaben des bayerischen Innenministeriums sogar noch viel höher, da die meisten Ämter sich auf die Prüfung des BAMF verließen. Ressortchef Joachim Herrmann (CSU) spricht von "schweren Versäumnissen", die sich die Nürnberger Behörde im Umgang mit gefälschten Pässen geleistet habe. Er könne nicht verstehen, warum das Bundesamt, "das jeden Pass in Ruhe anschauen kann", diese gefälschten Pässe nicht erkannt habe.
Das sei angesichts der aktuellen Gefahren mit der Sicherheitslage in unserem Land und im Interesse der Bevölkerung nicht vereinbar, so Herrmann im rbb-Inforadio. Er will nun sowohl mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) über die Probleme sprechen, als auch seinen Kollegen aus den Bundesländern rasch in Kontakt treten.
Einige dieser Länder sind bereits in großer Sorge. In Mecklenburg-Vorpommern überprüft man zur Zeit rund 3.300 Pässe, unter denen sich 140 gefälschte syrische Pässe fanden. Vier davon hatte das BAMF vorher mit Gutachten nach jetzigem Stand für echt erklärt; drei der gefälschten Identitäten werden dem Umfeld des sogenannten Islamischen Staates (IS) zugeordnet.
3.300 gefälschte Pässe registriert
Fest steht: Das Problem mit gefälschten Identitäten ist groß. Das zeigen auch die Zahlen, die das BAMF laut RBB selbst bekannt gegeben hat. Hier ist von 3.300 gefälschten Dokumenten die Rede.
Abgesehen davon, dass bisher kaum einer der betroffenen Flüchtlinge mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen musste, gibt es ein Problem mit der Übermittlung jener Daten. Mehrere Bundesländer kritisieren, dass die Fälschungsfälle zumeist nicht an sie weitergeleitet würden. Das Bundesamt - zuletzt schon wegen der Einstellungspraxis bei neuen Mitarbeitern und wegen des anhaltend langes Staus bei Asylanträgen in der Kritik - verteidigt sich hingegen: In Einzelfällen werde das sehr wohl gemacht, hieß es aus Nürnberg.
Den Brandenburger Generalstaatsanwalt Rautenberg jedenfalls kann das nicht besänftigen. Er sieht sich durch die entdeckten Passfälschungen umso mehr bestätigt in seiner Forderung, die Daten der eingereisten Flüchtlinge unabhängig vom BAMF überprüfen zu können: "Das ist umso mehr ein Argument, dass wir diese Daten brauchen".
BAMF weist Vorwürfe zurück
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat Vorwürfe zurückgewiesen, es habe gefälschte Pässe von Asylbewerbern wiederholt nicht erkannt. Der Behörde lägen derzeit keine konkreten Hinweise aus den Bundesländern vor, dass vom BAMF akzeptierte Pässe dort beanstandet worden seien, hieß es in einer Stellungnahme vom Abend. "Die Überprüfung der Identitätspapiere ist ein routiniertes und eingeübtes Verfahren des BAMF im Zusammenspiel mit anderen Behörden", hieß es in einer Mitteilung des BAMF. Sofern sich aus konkreten Fällen neue Erkenntnisse ergäben, wolle man dies aber "aktiv angehen."
Bis Herbst sollen Mehrfachregistrierungen bereinigt sein
Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesinnenministerium rund 1,1 Millionen Flüchtlinge registriert - manche davon auch mehrfach. Derzeit werden diejenigen nachregistriert, die vor Einführung eines neuen Verfahrens Ende 2015 eingereist waren. Dazu gehört auch eine polizeiliche Überprüfung. Diese Nachregistrierung soll bis Herbst abgeschlossen sein.
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Frank, Sonntag, 18.September 2016, 13:13 Uhr
21. Falscher Pass
Es ist unverständlich, wie sich tausende Personen mit unbekannter Identität und Hintergrundgeschichte in Deutschland aufhalten können.
Auf Grund von falschen oder unter unbekannten Umständen erstellen Dokumenten Leistungen, Zugang oder Qualitikationen erlangen können,
die ihnen überhaupt nicht zustehen würden. Im Gegensatz ist jeder Bundesbürger total tranparent und wird sogar von der GEZ gnadenlos verfolgt.
Wo die Entwicklung hingehen soll und wie es zukünftig in der Gesellschaft ablaufen soll ist für mich nicht ersichtlich, vielleicht erschließt mich
nur als einziger nicht das geniale Konzept. Für mich stellt sich dies wieder nach einem geschichtlichen Meilenstein dar, der den Untergang einer
Zivilisation darstellt.
susanne, Sonntag, 18.September 2016, 00:08 Uhr
20. Sündenbock
Das BAMF soll nun wohl als Sündenbock für die Versäumnisse der verantwortlichen Politiker herhalten? Sie sind nicht die Ersten, welche diese Alibi-Funktion erfüllen. Auch die Polizei kann ein Lied davon singen. Die Politik versucht, sich auf diese Weise geschickt aus der Affäre zu ziehen. Die Verantwortung für eigenes Fehlverhalten und gravierende Versäumnisse mal eben auf andere abzuwälzen, ist völlig daneben.
Antwort von Hugo Trotz, Sonntag, 18.September, 17:05 Uhr
Stimmt. Am Ende sind`s immer die Anderen. Die Oberen richten das Chaos an und reden sich raus!
Oliver S., Samstag, 17.September 2016, 22:17 Uhr
19.
Kann es sein, dass diese Behörde schlichtweg überfordert war? Letztes Jahr wurde eine Zahl Menschen ins Land gelassen, auf welche diese Behörde gar nicht vorbereitet sein konnte. Es ist schon einfach, hinterher immer schlau daher zu reden.
Dr. Halef, Samstag, 17.September 2016, 21:34 Uhr
18. Deutsche Tüchtigkeit?
Wo ist bloß die deutsche Tüchtigkeit geblieben?
Im Cyberspace verschwunden?
An der Werbung hängen geblieben?
Mit dem Blöden Mist Wagen davon gefahren?
Im Face-Book verloren gegangen?
Im falschen App gelandet?
Vom Banker verzockt worden?
Armes Deutschland! - das ist ja zum Lachen!
Antwort von Versteher, Sonntag, 18.September, 08:21 Uhr
Diese Tüchtigkeit wird kontinuierlich untergraben, mit Erfolg, wie man sieht. Versucht man sie "zu retten" , ist man ein Rechter oder AfDler. Armes Deutschland wird über kurz oder lang stimmen, in vielerlei Hinsicht.. Auch eine Behörde kann aus einem Bäumchen keine großen Bretter machen, Das sollte eigentlich auch der Politik bewußt sein und so manchem Berichterstatter.
Horst, Samstag, 17.September 2016, 18:58 Uhr
17. Asylprüfstelle BAMF
Es wird, wie es scheint, verzweifelt nach einem Schuldigen gesucht. Daß "der Schaden" bereits angerichtet ist, kann wohl kaum angezweifelt werden. Man weiß nicht, wer sich inzwischen mit gefälschten Papieren hier im Lande aufhält. Das im Nachhinein zu überprüfen, hieße, die Nadel im Heuhaufen zu suchen,Ich glaube nicht, daß die Behörde allein an der Misere die Schuld trägt. Es ist meiner Meinung nach das Unvermögen der verantwortlichen Politiker, allen voran die Kanzlerin, die auch jetzt noch, nach dem offensichtlichen Debakel kneift und ihre falsche Einschätzung nicht zugibt.. Die Augen zu zumachen ist zwar leicht, doch auf Dauer keine Lösung.
Antwort von Inge, Samstag, 17.September, 22:18 Uhr
Lösungsvorschlag: Jeder begebe sich an den Ort seiner Geburt ... (und versucht es mit echten gültigen Papieren nochmal).