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Bürokratische Tricks BAMF "verkürzt" Asylverfahren

5,3 Monate – so gibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die durchschnittliche Verfahrensdauer für Asylbewerber an. Die Verfahren sollen jetzt beschleunigt werden, heißt es – stattdessen passiert in den letzten Wochen genau das Gegenteil. In den Statistiken schlägt sich das aber nicht nieder: Denn der formale Beginn wird einfach immer weiter nach hinten gelegt. Ein bürokratischer Trick.

Von: Sebastian Kraft

Stand: 02.10.2015 | Archiv

Regale voll mit Akten von Antragstellern stehen in Berlin im BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg | Bild: picture-alliance/dpa

Omar kann es kaum fassen. Der aus Damaskus geflohene Syrer hat bei seiner waghalsigen Flucht über das Mittelmeer alles zurücklassen müssen, jetzt steht er in der Erstaufnahmeeinrichtung der Münchner Bayernkaserne und liest auf einem amtlichen Zettel: Sein Asylverfahren soll erst im Frühsommer 2016 offiziell beginnen, den ersten Termin zur Vorsprache beim BAMF hat er auch: 24. Mai 2016 um 6:30 Uhr - also in knapp acht Monaten.

Erst einmal passiert: Nichts

Flüchtling Omar: Gute Laune trotz langer Wartezeit

Bis dahin passiert: Nichts. Kein Einzelfall. Nach mehreren Dokumenten, die dem BR vorliegen, beginnen die Verfahren von Asylbewerbern sieben bis acht Monate nach deren Einreise nach Deutschland. Bei einem Afghanen sogar noch später: Er ist am 17. September 2015 eingereist - das Verfahren lässt das BAMF aber formal erst am 9. Juni 2016 beginnen. Das sind fast neun Monate.

Die Beschleunigung der Asylverfahren durch das BAMF ist eine Dauerforderung von Politikern aller Parteien - die CSU-Fraktion nennt hier als Positivbeispiel gerne die Schweiz, wo die meisten Asylverfahren in maximal 65 Tagen abgewickelt werden.

Der Trick mit der "Aktenanlage"

Ein Durchschnitt von 5,3 Monaten pro Asylbewerber in Deutschland klingt auf den ersten Blick zwar nicht so dramatisch, auf den zweiten aber schon:  Denn ein Asylverfahren beginnt offiziell mit dem so genannten "Termin zur Aktenanlage" - dann erst starten die BAMF-Behörden die Registrierung und Anhörungen der Flüchtlinge. Das Entscheidende: Die Zeiträume zwischen Ankunft der Flüchtlinge und der so genannten "Aktenanlage" sind in den letzten Wochen sprunghaft angestiegen, berichtet auch Elisabeth Ramzews von der Inneren Mission München: "Da wurde eine Entwicklung verschlafen."

Die Lage hat sich somit in den letzten Wochen noch einmal dramatisch zugespitzt, von einer Beschleunigung der Verfahren kann keine Rede sein. In einem am 1. September von report München ausgestrahlten Beitrag beklagt der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, eine Diskrepanz von "bis zu drei Monaten", bis ein Asylbewerber beim BAMF vorsprechen darf.

Acht Monate Warten - erst dann beginnt das Verfahren

Vier Wochen später - in der Zwischenzeit hat der BAMF-Chef Manfred Schmidt hingeschmissen und Frank-Jürgen Weise seinen Posten übernommen - ist alles noch prekärer: Bis zu acht Monate müssen Asylbewerber in München mittlerweile auf den Beginn ihres Verfahrens warten, wie aus Dokumenten hervorgeht, die dem BR vorliegen. Die von den BAMF angegebene durchschnittliche Verfahrensdauer von 5,3 Monaten gleicht vor diesem Hintergrund eher einer bürokratischen Mogelpackung.

Nach einigem Zögern gibt das BAMF gegenüber den BR schließlich zu, dass der formale Beginn von Verfahren, also der so genannte "Termin zur Aktenanlage" in den letzten Wochen zum Teil immer weiter nach hinten datiert wurde:

"Gründe hierfür sind neben den extrem hohen Zugangszahlen Engpässe bei  einigen Dolmetschern. Das Bundesamt arbeitet derzeit  mit Hochdruck daran, diesen Zustand zu beheben. Wenn alle bereits eingeleiteten Maßnahmen greifen, kann dies in absehbarer Zeit gelingen."

Mehmet Ata, Pressesprecher BAMF

Mehr als ein Jahr von der Einreise bis zum Bescheid

Vorwürfe von bürokratischen Tricks weist das BAMF zwar entschieden zurück, am Sachverhalt ändert das aber nichts: Flüchtlinge wie Omar aus Syrien müssen aufgrund fehlender Dolmetscher statt der vom BAMF angegebenen durchschnittlichen 5,3 Monate mittlerweile zusätzlich sieben bis acht Monate mehr warten - also über ein Jahr, bis sie einen Bescheid in der Hand haben, ob sie als Flüchtlinge anerkannt werden oder nicht.


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