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Neue Dokumente zu G36-Skandal Bundeswehr bestellte Hitzebeständigkeit

Bei hohen Temperaturen fehlt es dem Sturmgewehr G36, der Standardwaffe der Bundeswehr, an Treffsicherheit. Der Hersteller Heckler & Koch hatte stets behauptet, korrekt geliefert zu haben. Dokumente, die dem SWR vorliegen, belegen nun das Gegenteil.

Von: Thomas Reutter

Stand: 28.07.2015 | Archiv |Bildnachweis

Reservisten schießen auf dem Truppenübungsplatz Lehnin (Brandenburg) mit dem G36-Standardgewehr | Bild: picture-alliance/dpa

Die Treffer streuen, wenn der Lauf des G36 heiß wird - entweder durch hohe Außentemperaturen oder wenn der Schütze viele Schüsse unmittelbar hintereinander abgibt. Ein großes Problem - nicht nur angesichts dessen, dass die Waffe Standardgewehr der Bundeswehr ist. Im Rechtsstreit um die Präzision des Sturmgewehrs wurde nun erstmals bekannt, für welchen Temperaturbereich das G36 von der Bundeswehr geordert worden war - im Klartext: Das G36 sollte bei Temperaturen zwischen -40 Grad Celsius und mehr als +60 Grad Celsius funktionieren. Das geht aus den sogenannten Technischen Lieferbedingungen (TL) für das G36 aus dem Jahr 1996 hervor, die dem SWR vorliegen.

Funktionseinschränkung schon bei etwas mehr als Raumtemperatur

G36: Auch eine Stütze hilft bei Erhitzung nicht.

Demgegenüber stellte das Wehrwissenschaftliche Institut für Werks- und Betriebsstoffe (WIWeb) in Erding fest, dass bereits knapp über Raumtemperatur die Steifigkeit des am G36 verwendeten Kunststoffes deutlich abnehme. Zwei Untersuchungsberichte des Bundeswehrinstituts kamen 2012 nach Materialproben zu diesem Ergebnis.

Wörtlich heißt es aber in den TL:

"Die Waffe und/oder die Ersatzteile müssen im Temperaturbereich von 227 K +- 2K bis 336 K +- 2K den Forderungen dieser TL genügen."

Aus den Technischen Lieferbedingungen für das G36 von 1996

227 Kelvin entsprechen etwa -46° Celsius und 336 Kelvin ca. +63° Celsius. Die TL werden vom Bundesverteidigungsministerium vorgegeben. Sie unterliegen dem Geschäftsgeheimnis und wurden daher bislang nicht veröffentlicht.

Hersteller weist Sachmängel zurück

Heckler & Koch behauptet auf seiner Homepage, die Vorgaben der Bundeswehr seien beim G36 eingehalten worden:

"Das G36 entspricht in allen gelieferten Versionen und in sämtlichen Belangen seit Beginn der Auslieferung an die Bundeswehr den vertraglich vorausgesetzten Eigenschaften und insbesondere den Technischen Lieferbedingungen (TL). Heckler & Koch weist daher jegliche Forderungen aus angeblicher Sachmängelhaftung zurück."

Auszug aus der Homepage von Heckler & Koch

Das Bundesverteidigungsministerium hatte wegen des Verhaltens des Gewehrs bei Hitze die Staatsanwaltschaft Rottweil eingeschalten und eine Mängelrüge gegen Heckler & Koch eingelegt, um Schadensersatzansprüche gegen die Firma geltend machen zu können. Heckler & Koch produziert das G36 seit 1996.

Das Sturmgewehr G36

G36 - als Standard-Sturmgewehr vielerorts im Einsatz

Seit 1996 gehört das G36 zur Standardausrüstung eines jeden Bundeswehrsoldaten. Im Wesentlichen sind nur der Lauf und der Verschluss aus Metall, der Rest des Gewehrs besteht aus Kunststoff. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden insgesamt knapp 180.000 Exemplare bei dem baden-württembergischen Hersteller Heckler & Koch eingekauft. Genutzt werden noch 166.619. Und das Gewehr wird nicht nur von der Bundeswehr verwendet, sondern auch von Armeen oder Spezialeinheiten anderer Staaten, zum Beispiel Jordanien, Mexiko, Norwegen oder Spanien.







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Joachim Otte, Mittwoch, 29.Juli 2015, 14:38 Uhr

3. G36

G36 Probleme
Ich zitiere aus dem Text:
"Das G36 sollte bei Temperaturen zwischen -40 Grad Celsius und mehr als +60 Grad Celsius funktionieren."
GENAU DAS MACHT DAS GEWEHR!!!!
Über die Präzisionsvorgaben ( Teil der technischen Lieferbedingungen...) steht da nichts.....oder gibt es diese Präzisionsvorgaben nicht? War man bei der Bundeswehr im Jahre 1996, oder früher, einfach nur glücklich darüber, das das G36 im Notfall auch als "leichtes" Machinengewehr funktioniert - übrigens ein Alleinstellungsmerkmal ( viele "Mitbewerbs"-Sturmgewehre sind bei deutlich geringerer Erwärmung durch Dauerfeuer bereits defekt/gestört).
Haben wir schon Saure Gurkenzeit, das man glaubt solche "Nachrichten" verbreiten zu können??

  • Antwort von Volker Rockel, Donnerstag, 30.Juli, 13:41 Uhr anzeigen

  • Antwort von Volker Rockel, Donnerstag, 30.Juli, 13:52 Uhr anzeigen

  • Antwort von Volker Rockel, Donnerstag, 30.Juli, 14:47 Uhr anzeigen

  • Antwort von Gast, Donnerstag, 30.Juli, 15:17 Uhr anzeigen

Mickel, Montag, 27.Juli 2015, 22:33 Uhr

2. Warum wurdes es so abgenommen

Falls das alles so stimmen sollte dann frag ich mich wer das Gewehr dann so abgenommen hat wenn es doch angeblich nicht den Anforderungen entspricht.

CW, Montag, 27.Juli 2015, 20:18 Uhr

1. G36

Dass Kunststoff bei Hitze weich wird, ist eine bahnbrechende neue Entdeckung. Man sollte die Beteiligten (Bundeswehr und Heckler & Koch) für den Physik-Nobelpreis vorschlagen. Aus Sicht des Steuerzahlers fände ich es allerdings fair, wenn sie das Preisgeld der Staatskasse spenden würden.

  • Antwort von Volker Rockel, Donnerstag, 30.Juli, 14:39 Uhr anzeigen