NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter Kommissar ohne Durchblick

Gegenstand der Verhandlung waren heute Waffen, mit denen die mutmaßlichen NSU-Opfer ermordet wurden. Ein BKA-Kommissar sollte die Pistolen identifizieren. Doch der Beamte konnte nicht weiterhelfen, er hatte seine Brille vergessen.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 04.07.2013 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

04 Juli

Donnerstag, 04. Juli 2013

Wenn Profis sich als Zeugen vor Gericht blamieren, ist das noch kein Grund zur Schadenfreude. In einem ziemlichen Chaos endete die Befragung eines Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) zu den Waffen des NSU-Trios, mit denen zehn Menschen ermordet wurden. Der erfahrene Kriminaler hatte von Holger G. herauszufinden versucht, welche Pistolen der Angeklagte im Umkreis von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gesehen, selbst in der Hand gehabt oder sogar transportiert hatte. Dazu waren Holger G. nach dessen Festnahme erst Fotos der in Eisenach und Zwickau  sichergestellten Pistolen und anschließend einige Orginalwaffen gezeigt worden.

Holger G. schweigt zu den Waffen

Was folgte, war ein komplettes Durcheinander von Listen und Registrierungsnummern - bis der BKA-Beamte am Ende selbst nicht mehr wusste, was Holger G. nun gesagt hatte und was nicht. Den Angeklagten selbst zu fragen, war nicht möglich: Er schweigt beharrlich, nachdem er zu Prozessbeginn immerhin über seinen Anwalt eine Art Geständnis hatte verlesen lassen.

Grotesker Auftritt des brillenlosen Zeugen

Um die Wahrheit über die Waffen an den Tag zu bringen, half auch eine eilends herbeigeschaffte Lupe nicht weiter. Der Kommissar, der seine Brille vergessen hatte, konnte am Ende weder die Waffennummern lesen noch die verschiedenen Registrierungen auseinanderhalten - ein gefundens Opfer für die Zschäpe-Anwälte. Die zerrupften mit ein paar gezielten Frage die amtliche Aussage und ließen das Gericht ratlos zurück. Dem arg in Bedrängnis geratenen Krimialbeamten begegneten wir Reporter dann vor der Tür des Strafjustizzentrums - an einer Zigarette ziehend und Erholung suchend nach zwei Stunden im Hexenkessel Verhandlungssaal.

Richter nimmt es mit Humor

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass sich nicht alle Prozessbeteiligten so penibel auf ihre Auftritte vor Gericht vorbereiten wie die Verteidiger von Beate Zschäpe. Der Vorsitzende Richter nahm es mit Humor. Nicht auszuschließen aber ist, dass noch ein paar solche Auftritte selbst ihn außer Fassung bringen könnten. Der in die Schusslinie geratene Zeuge aus dem Bundeskriminalamt zermalmte schließlich seine Kippe mit dem Absatz, drehte sich energisch um und eilte - noch ohne sich noch einmal umzudrehen - in Richtung Hauptbahnhof davon.


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