NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter Der 25. Verhandlungstag

Es war ein ruhiger Prozesstag in München. Der Mitangeklagte Holger G. schweigt weiter. Doch eine Frage sorgt für wilde Spekulationen. Hat ein V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes zur Radikalisierung des NSU beigetragen?

Von: Christoph Arnowski

Stand: 18.07.2013 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

18 Juli

Donnerstag, 18. Juli 2013

Dass Verteidiger die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen in Zweifel ziehen wollen, ist Bestandteil eines jeden Strafprozesses. Genauso wie die unterschiedliche Bewertung einer solchen Befragung durch die einzelnen Prozessparteien. Insofern könnte man den heutigen 25. Verhandlungstag schnell als unspektakulär abhaken. Wäre da nicht so ganz nebenbei eine spektakuläre Frage aufgetaucht:  Hat am Ende ein V-Mann zur Radikalisierung des NSU beigetragen?

Beharrliches Schweigen von Holger G.

Auch heute hat Holger G., der wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt ist, geschwiegen. Dabei dürfte er mehr über Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos wissen als die meisten anderen Zeugen. Doch nach seiner schriftlich fixierten Erklärung, die er vor einigen Wochen vorgetragen hat und die in manchen Punkten recht vage blieb, will er sich nicht mehr äußern. Im Vorfeld des Verfahrens hat er weit mehr gesagt.

Der Kriminalbeamte, der damals die Vernehmungen von Holger G. geleitet hat, war heute erneut als Zeuge geladen. Er konnte sich zwar an manches nicht mehr erinnern, im Wesentlichen aber steht seine Darstellung: Holger G. habe seinerzeit aus Sicht der Ermittler plausibel geschildert, wie er dem NSU-Trio über viele Jahre geholfen hat. Mit dem Transport einer Waffe und mit der Beschaffung von Ausweispapieren. Mit dieser Aussage hat sich G. nicht nur selbst, sondern vor allem die Mitangeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben belastet. Was deren Verteidiger natürlich ganz anders sehen. Sie versuchten durch viele Vorhalte an den Beamten deutlich zu machen, dass die Protokolle die Aussagen von Holger G. nur sehr grob zusammenfassen würden und viele naheliegende Fragen unterblieben seien.

V-Mann als Radikalisierer?

Eine Aussage des Beamten sorgte schließlich vor allem unter den Prozessbeobachtern für wilde Spekulationen. Anders als bisher bekannt berichtete der Ermittler über eine Vernehmung von Holger G., wonach in den 1990-Jahren nicht nur Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Wohlleben und Holger G. darüber diskutiert hätten, ob man Gewalt anwenden solle oder nicht, sondern auch zwei weitere Neonazis. Einer davon sei Tino Brandt gewesen, der langjährige V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Und Brandt, so der Kommissar, habe die Gewalt befürwortet. Eine Aussage, die manche Medien weitreichende Schlussfolgerungen (wenn auch mit Fragezeichen versehen) aufstellen ließ: Hat ein V-Mann den NSU radikalisiert?

Die Bundesanwaltschaft räumte am Ende des Verhandlungstages zwar ein, dass Brandt tatsächlich einmal bei einer solchen Diskussion dabei gewesen sei, er aber innerhalb des NSU und bei dessen Meinungsbildung überhaupt keine Rolle gespielt habe. Wörtlich sagte Bundesanwalt Herbert Diemer: "Es gibt nach unseren Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür, dass Brandt an Straftaten des NSU beteiligt war oder diese unterstützt hat."


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