Tagebuch der Gerichtsreporter "Die Mörder sollen bestraft werden"
Am 34. Prozesstag haben erstmals Angehörige des NSU-Opfers Ismail Yasar den NSU-Prozess in München besucht. Die Mutter und ein Bruder des im Juni 2005 in Nürnberg Erschossenen reisten aus dem Südosten der Türkei an. Ihre Erwartung vom Prozess: "Die Mörder sollen bestraft werden. Sie haben einen Unschuldigen umgebracht."
06. September
Freitag, 06. September 2013
Beate Zschäpe habe sich unverschämt benommen, sagte die 82-jährige Mutter des Mordopfers am Ende des Prozesstages, sie habe zwischendurch gelacht. Auch Ismail Yasars Bruder zeigte sich nach Auskunft seines Anwalts befremdet: "Er hat den Eindruck, dass diese Frau entweder eiskalt ist oder dass sie glaubt, einfach davonzukommen“.
In der Dönerbude erschossen
Bereits gestern hatten Mutter und Bruder den Tatort in der Nürnberger Scharrerstraße besucht. Dort war Ismail Yasar im Juni 2005 in seiner Dönerbude erschossen worden. Heute Vormittag wurde dazu eine Zeugin über mehrere Stunden vernommen. Die Bäckereifachverkäuferin hatte am Tatort zwei Männer in Fahrradkleidung beobachtet, vermutlich die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhard. Die schlanken Männer hätten ausgesehen wie "Spargeltarzan". Der eine habe dem anderen einen in einer Plastiktüte eingewickelten Gegenstand von der Größe eines kleinen Regenschirms in den Rucksack gesteckt, berichtete die 47-Jährige weiter. Dabei könnte es sich um die Mordwaffe gehandelt haben.
Zeugin erkennt Täter bereits 2006
Auch eine Ermittlungspanne der Soko "Bosporus" wurde heute noch einmal deutlich. Auf Antrag eines Nebenklägervertreters gab es im Gerichtsaal noch einmal die Videoaufnahmen vom Bombenanschlag aus der Kölner Keupstraße zu sehen. Die Bilder, die aller Wahrscheinlichkeit nach Böhnhardt und Mundlos zeigen, hatte die Zeugin aus Nürnberg bereits 2006 bei einer Vernehmung zu sehen bekommen. Damals sei sie "sehr sicher" gewesen, dass es sich um dieselben Männer handele, die sie ein Jahr zuvor am Dönerstand beobachtet hatte. Die Polizeibeamten haben die Aussage aber anscheinend bei der Protokollierung etwas abgeschwächt und ein "ziemlich sicher" daraus gemacht.
Die Ermittler beschlossen dann, die Video-Spur nicht mehr weiterzuverfolgen. Erst nachdem die Terrorgruppe NSU 2011 aufflog, wurde auch den Beamten klar, dass es sich um dieselben Täter handelte.