NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 60. Verhandlungstag, 26.11.2013
Am 60. Verhandlungstag werden Zeugen vernommen, die das Trio Zschäpe, Bohnhardt und Mundlos azus dem Alltag kannten. Als erstes der Hausmeister, der das Haus Frühlingsstraße 26 in Zwickau betreute, in dem die Drei wohnten. Ihm war nichts Besonderes aufgefallen. Beobachtern blieb in Erinnerung: das war der Zeuge mit dem Hitler-Bild, der alles ganz normal fand.
Danach werden zufällige Urlaubsbekannte der Drei befragt: zwei Ehepaare aus Sachsen, die das Trio mehrmals auf dem Campingplatz in Fehmarn trafen. Sie werden auch über das Binnenverhältnis Zschäpe-Mundlos-Böhnhardt befragt. War Beate Zschäpe so was wie die „heimliche Chefin“. Beurteilen soll das auch Professor Henning Saß, psychiatrischer Gutachter. Deshalb stört sich Wolfgang Heer, einer der Verteidiger Beate Zschäpes, dass Saß zu nah bei Zschäpe sitzt – und möglicherweise mithören kann, was die sonst schweigende Angklagte mit ihren Anwälten bespricht. Das Problem wird gelöst.
Zeugen
- Armin Albert K. (Hausmeister)
- Christian M. (Bauingenieur)
- Karin M. (Drogistin)
- Ursula S. (Diplom-Informatikerin)
- Wolfgang S. (Diplom-Informatiker)
Gutachter
- Prof. Henning Saß (beauftragt mit psychiatrischem Gutachten über Zschäpe)
ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal
(Tim Aßmann, BR / Holger Schmidt, SWR / Eckhart Querner, BR)
Beginn um 9.50 Uhr. Nebenkläger Mustafa Turgut ist anwesend.
Verteidiger Heer (Verteidigung Zschäpe) stellt Antrag zur Sitzordnung:
1. Gutachter Professor Henning Saß soll Platz erhalten, der hinreichend Abstand zur Mandantin hat, damit sie ungestört mit den Anwälten reden kann.
2. Gutachten von Prof. Saß sollen nicht Feststellungen aus vertraulichen Gesprächen zwischen Zschäpe und ihrer Verteidigung in- und außerhalb der Hauptverhandlung zu Grunde liegen.
Begründung: Gutachter Saß meistens nur zwei Meter entfernt von der Angeklagten und hört vertrauliche Gespräche zwangsläufig mit. Für effektive Verteidigung ist ungehinderte Kommunikation nötig. Verteidiger muss ständige Möglichkeit zur vertraulichen Rücksprache besitzen. Sitzordnung darf geschütztes Verteidigungsverhältnis nicht konterkarieren, was derzeit der Fall ist. Gerade heute steht zu erwarten, dass Abstimmungen nötig sind (weil NSU-Umfeld-Zeugen kommen) und der Gutachter das nicht hören darf.
Stellungnahme Bundesanwalt Diemer: Um fortsetzen zu können, Saß vielleicht etwas weiter nach links.
Richter Götzl lachend zu Zschäpe: Ich hab noch nie etwas mitgehört und von mir sitzen sie auch nicht weiter weg.
(Keine Reaktion von Zschäpe)
Gutachter Saß macht deutlich, was er sehen muss und dass er nichts hört und sagt: Ansonsten bin ich flexibel.
Er rutscht nun einen Platz weiter weg von der Anklagebank.
Verteidiger Heer reicht das nicht.
Die Entscheidung über den Antrag wird aufgeschoben.
Richter Götzl: Frau Zschäpe, wie geht's ihnen sonst so?
Verteidiger Heer: Mandantin weiter gesundheitlich angeschlagen. Es geht ihr besser als gestern, bitte um regelmäßige Pausen.
Vernehmung Zeuge: K., Armin Albert 55 Jahre, Hausmeister Zwickau, starker lokaler Dialekt.
(Zeuge spricht sehr undeutlich: Mischung aus unsicher, sächsisch, abgehackt und zu schnell)
Zeuge Armin K.: Ich bin Freund von ???, da hab ich Beate Zschäpe kennengelernt. Nachbarschaftlich, freundschaftlich, kollegiales Verhältnis, Feierabendbier. Ist eine nette Person gewesen. Waren keine besonderen Anlässe, hat sich so ergeben, saßen im Keller (dem mit der Hitlerbüste) oder bei schönem Wetter draußen Mit dem betreffenden Freund hat sich der Zeuge jeden Tag getroffen.
K.: Ich war regelmäßig da, mein Bruder auch und der Herr W.. Habe Zschäpe kennen gelernt unter dem Namen Dienelt. Für uns war sie die Diddl-Maus. Kannte auch die Uwes. Einzug mitbekommen, "das sieht man ja, wenn jemand einzieht". Das erste Mal hinterm Haus unterhalten.
Richter Götzl: Wie hat sich Zschäpe verhalten?
K.: War immer nett, zugänglich, hat erzählt sie arbeitet von zuhause aus, ansonsten eigentlich über solches Zeug nicht gesprochen, was sie arbeitet weiß ich nicht.
G.: Hat sie über die Uwes mal was gesagt?
K.: Die täten Autos überführen.
G.: Beobachtungen in die Richtung gemacht?
K.: Nein.
K.: Zschäpe hatte Haare damals lang, hat mal Brille aufgehabt und mal keine, Haare mal hochgesteckt, mal langhaarig, Haarfarbe war ein bisschen heller (als jetzt).
G.: Uwes beschreiben.
K.: Groß, schlank, alle beide Kurzhaarschnitt, immer ordentlich angezogen. Haben ihre Räder aus dem Keller geholt, Guten Tag gesagt, Normale Fahrräder.
G.: Zu Besuch kam junge Frau mit zwei kleinen Kindern, vielleicht ein- zweimal im Monat. Frau vielleicht 27, 28 Jahre, Kinder: Zwei Jungs, klein, der eine vielleicht sechs. Frau schlank, mittelgroß, mittellange Haare.
G.: Welcher von den beiden sollte der Freund sein?
K.: Haben wir nicht drüber gesprochen. War mir egal, wer ihr Freund ist.
Im August zum Siedlerfest waren die meistens in Urlaub. Waren meistens zwei, drei, vier Wochen nicht anwesend. Fest war unterhalb vom Haus auf dem Festplatz. Die drei sind gemeinsam in Urlaub gefahren, einmal waren sie an der Ostsee, Surfbretter aufgeladen, Fahrräder mitgenommen, Hatten damals so einen weißen VW-Bus. Hinterm Haus hatten sie ab und zu Auto. Großeinkauf gemacht, Lebensmittel ausgeladen, unterschiedliche Autos - mal Audi Kombi. Stand auch mal Wohnmobil dort, kurz bevor das Haus gebrannt hat, glaub ich.
G.: Was haben Sie mitbekommen an dem Tag, als das Haus gebrannt hat?
K.: Als ich an dem Tag nach Hause kam, hat Haus schon lichterloh gebrannt.
G.: Haben Sie an dem Tag Zschäpe gesehen?
K.: Nein.
G.: Hatte Frau Zschäpe Katzen?
K.: Zwei Katzen. Wenn Zschäpe im Urlaub war, kam ältere Dame und hat die Katzen gefüttert.
G.: Situationen, wo Zschäpe da und die anderen weg?
K.: Meistens waren die zwei Männer unterwegs. Meistens, wenn sie runter in den Keller kam, waren ihre zwei Männer nicht da.
G.: Woher wussten Sie das?
K:. Das hat sie mal erwähnt, wo sie im Keller war.
G.: War Z. mal weg und sie haben die Männer gesehen?
K.: Nee, kann ich mich nicht dran erinnern. Im Urlaub kam jemand und hat sich um Katzen gekümmert
G.: Können Sie sich an Vernehmung durch BKA im Februar 2012 erinnern?
K.: Ja.
G.: Vorhalt: Dort haben Sie gesagt, vielleicht im Jahr 2008 wäre sie zu Gruppe (der Hausgemeinschaft) dazugekommen und habe gefragt, ob sie sich dazu setzen dürfe.
K.: Kann schon sein.
G.: War das mehrere Jahre vor Brand, dass sie Zschäpe kannten?
K.: Ja. Hat ja auch längere Zeit dort schon gewohnt. Haben als Einstand fünf Liter Fass Bier und eine Pizza hingestellt. Haben sich als Uwes vorgestellt.
G.: Vorhalt: Ob sie Vor- oder Nachnamen sagten, kann ich nicht sagen. Könnte sein, dass sich ihr Freund als Uwe vorgestellt hat. Wen haben Sie damit gemeint?
K.: Einen von den Uwes. Die sahen ja fast gleich aus.
G.: Namen Max oder Gerry genannt? (Tarnnamen von Böhnhardt und Mundlos)
K.: Nee. Keine Erinnerung.
G.: Vorhalt: Ein Mann ihr Freund, der andere dessen Bruder?
K.: Ja.
G.: Hat sie das so gesagt?
K.: Ja.
Bogen mit Lichtbildern wird gezeigt. Der Zeuge hat die Bilder schon mal gesehen. Er hat damals Zschäpe erkannt. Auch Bogen mit Mundlos-Bild. Auch den (Bogen) glaubt er schon mal gesehen zu haben und erkennt Mundlos, weiß aber nicht mehr, ob er ihn damals (bei der Polizei) auch erkannt hat. Auf einem weiteren Bogen erkennt er Böhnhardt: Das war einer der Männer von Frau Zschäpe.
G.: War das nie Thema mit Zschäpe, wer ihr Freund ist und wer nicht?
K.: Nein.
G.: Vorhalt: Die beiden Männer sollen Autotransporte für Onkel gemacht haben, die Frau soll von zuhause mit dem Laptop auch für ihren Onkel gearbeitet haben.
K.: Ja.
G.: Manchmal Wohnmobil gesehen, mal mit „V“ für Vogtland und mal mit „Z“ für Zwickau?
K.: Ja.
G.: Vorhalt: Kam auch vor, dass das Wohnmobil für ein Tage weg war und sie war da?
K.: Ja.
G.: Vorhalt: Ein- oder zweimal?
K.: Ja.
G.: Wann Zschäpe das letzte Mal gesehen?
K.: Nö. (?)
K.: Die beiden Männer eh ganz selten gesehen.
G.: Wohnmobil, das später im Fernsehen war, zunächst vor dem Haus und auch hinter dem Haus gesehen (Wohnmobil Eisenach)?
K.: Ja.
G.: Wie lange dort gesehen?
K.: Kann ich nicht mehr sagen.
RA Scharmer (Nebenklage) fragt nun nach Bildern im Keller.
Zeuge K.: Ein Hitlerbild. Das hat sich der Herr B. aufgehoben, war Erinnerung an meinen Bruder. Das war das Einzige, was zu verwerten war aus dieser Wohnung. Nie über Hitlerbild gesprochen, haben ja keine kleinen Kinder eingeladen in den Keller, hat jeder gewusst, wer das ist. Stand ja vorher bei meinem Bruder am Fernseher, hat man sich dran gewöhnt.
Scharmer: Worum ging es im Keller?
K.: So um Alltägliches mit Zschäpe, nichts Politisches, zumindest nicht in meiner Anwesenheit.
RA Langer (Nebenklage) fragt, ob Zschäpe bei Wäsche aufhängen war.
K.: War ja alltäglich.
Langer: Was für Wäsche?
K.: Ganz normale Wäsche.
Langer: Frauenwäsche, Herrenwäsche?
K.: Ihre Frau hängt ja auch ihre Wäsche mit auf.
RA Reinecke (Nebenklage):Wie kam Bild in den Keller?
K.: Mein Bruder war verstorben, Erbe wurde abgelehnt, wegen der vielen Schulden, B. hatte Auftrag Wohnung zu räumen.
Reinecke: Bild war das einzig Verwertbare, was er sich in den Keller gestellt hat?
K.: Ja.
Reinecke fragt nach Urlauben. Wie kamen sie auf Ostsee statt auf Nordsee?
K.: War Vermutung.
Gutachter Prof. Saß: Umgang der Drei untereinander. Können sie was dazu sagen?
K.: Nein.
Saß.: War Zschäpe im Keller eher lebhaft oder eher zurückgezogen?
K.: Ich sag mal: Normal.
Zeuge K. wird entlassen.
Pause bis 11.15 Uhr.
(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 11.24 Uhr.
Zeuge Christian M., geb. 1959, also 54 Jahre alt, Bauingenieur aus Hessisch-Oldendorf.
Zeuge M.: Ich mache mit meiner Familie schon seit Jahrzehnten auf Fehmarn, Wulfener Hals, Urlaub. 2007 stellten sich die drei als Max, Liese, und Gerry vor. Waren in Wohnwagen daneben. Max (Mundlos) fragte irgendwann, ob wir Doppelkopf spielen. Nein. Sie spielten dann mit unseren Freunden aus dem Nachbarwagen, ab dem nächsten Tag waren wir im Gespräch, haben dann den Rest des Urlaubs gemeinsam Aktivitäten gemacht. Gegrillt, gesurft mit Mundlos. Die weiteren Urlaube dann auch, weil die sich überschnitten haben - bis 2011. Immer in den Sommerferien.
Richter Götzl: Wie viele Wochen jeweils?
M.: Manchmal zwei, manchmal sicher auch die ganzen drei Wochen. Genauer weiß ich jetzt nicht mehr. Max und Liese waren sehr redselig, Böhnhardt etwas stiller. Was mich interessierte, war Allgemeines aus der DDR, weil ich da keine Verwandtschaft habe. Persönliches nicht viel, von den Katzen wurde gesprochen und dass Mundlos EDV-Freak sei, Computerspiele mag, dass sie gerne Fahrrad fahren. Nichts Besonderes, jeden Tag Kontakt im Urlaub. Hinterher waren wir überrascht, wie wenig wir tatsächlich wussten.
Götzl: Was ist über die Wende gesprochen worden?
M.: Soll wohl recht chaotische Zeit gewesen sein, aber über politische Sachen haben wir eigentlich überhaupt nicht gesprochen. Über berufliche Tätigkeit eigentlich gar nichts erfahren. Haben vermutet, dass Mundlos in einem EDV-Laden arbeitet oder einen hat, Böhnhardt was mit Autoüberführung oder -verleih oder Ähnliches macht, Zschäpe eigentlich gar nichts. Haben uns immer gewundert, wie man so lange Urlaub machen kann. Wie kann man so naiv sein? Weiß schon was sie meinen. Naja, Urlaub, da will man abschalten.
G.: Wie war Böhnhardt?
M.: War ein Stiller halt, eher technisch, hat Reparaturen zum Beispiel an Motorboot selbst ausgeführt. Mit Mundlos mehr gemacht. Weil er Surfen gelernt hat und ich surfe schon seit Jahrzehnten. Auch mal Segel gekauft.
G.: Verhältnis der Drei?
M.: Freundschaftlich. Und das seit ewigen Zeiten anscheinend, erzählten, dass sie sich seit der Jugend kennen.
G.: Woher Einschätzung, dass sie eigene Wohnungen haben?
M.: Vielleicht Information von einem von den Dreien, kann es nicht mehr sagen.
G.: Zschäpe nähere Beziehung zu einem der Männer?
M.: Haben wir uns auch gefragt, war so ohne Weiteres nicht erkennbar, waren zu Dritt ein Team halt.
G.: Außerhalb von Urlaub auf Campingplatz Kontakt?
M.: Überhaupt nicht. Wir sind immer in den niedersächsischen Sommerferien gefahren, immer drei Wochen, und die drei waren auch immer da. Muss Wohnwagen anderthalb Jahre im Voraus buchen. Bin mit meiner Frau und meinen beiden Kindern gefahren. Kinder sind jetzt 25 und 21 Jahre alt, haben sich damals mit allen Dreien sehr gut verstanden.
G.: War das Thema Kinder Gespräch?
M.: Nein. Kann ich mich nicht dran erinnern.
Wussten Wohnort Zwickau, dass Vater von Mundlos Professor ist und er einen behinderten Bruder hat.
G.: Von Zschäpe?
M.: Nichts. Böhnhardt weiß ich auch nichts. Wir waren geschockt wie wenig wir tatsächlich wussten (als das Trio aufflog) von den Dreien. Das war wirklich kaum zu begreifen.
G.: DDR-Themen: Was haben sie da noch in Erinnerung?
M.: Wie Schule war, Einkaufen, Autofahren, das normal übliche Leben. War für mich schon interessant, weil ich das nicht kannte.
G.: Ausländer mal Thema?
M.: Nein. Nie. Überhaupt nicht.
G.: Wie hat Zschäpe, damals ausgesehen?
M.: So ähnlich. Nicht groß verändert.
G.: Mal Waffen oder so etwas aufgefallen?
M.: Nein. Schlauchboot dabei, Sonnenschirm, Mountain-Bikes, so was. Sagten, sie hätten für den Sport noch bessere Räder. Hatten mal einen schwarzen VW-Touran, ansonsten Transporter, aber das waren Mietfahrzeuge. Der Herr Böhnhardt hatte Tätowierungen, irgendwas Gruseliges, Totenkopf oder so, Stahlhelm. Habe ihn darauf angesprochen: Jugendsünden, Wendezeit chaotisch. Zeiten, die ein bisschen wild waren. Meine, dass die Tattoos in einem Jahr übermalt waren. Glaube, Tattoos waren am Oberschenkel und an der Schulter.
M.: Wir haben mal ein Paket bekommen mit Thüringer Würstchen, aber ohne Absender. Unsere Adresse werden sie sicher gehabt haben, woher auch immer, aber wir hatten nie die Adresse.
G.: Wie würden sie Max und Gerry beschreiben?
M.: Sehr sportlich. Vor allem Max hat viel Sport gemacht, Kleidung auch immer sportlich.
G.: Vorhalt: Nach unserem Eindruck verwaltete Liese das Geld.
M.: Wenn ich das damals so gesagt habe ...
G.: Surfsegel gekauft. Max zahlte vierhundert Euro bar?
M.: Ja.
G.: Sonst waren die Drei sparsam?
M.: Richtig.
G.: Fiel auf, dass sie immer alles bar zahlten?
M.: Ja. Das war das ganz normale Leben auf dem Campingplatz. Locker. Ungezwungen. Einer von beiden war Linkshänder. Wer, weiß ich nicht mehr. Einmal hat sie von einem Urlaub in Pelzerhaken erzählt, Ferienhaus, das wohl ganz nett war, wo wir auch mal Urlaub machen könnten.
Rechtsanwältin Basay (Nebenklage): Wer hat Auto gefahren?
M.: Gerry. Immer. Sehr vorsichtig gefahren, auf gar keinen Fall zu schnell.
Basay: Wissen Sie etwas von Gesprächen über Bombe?
M.: Nein.
RA Daimagüler (Nebenklage): DDR-Gespräche: Erzählten die von sich aus?
M.: Ja, die erzählten eigentlich von sich aus. Natürlich hab ich auch mal nachgefragt.
D.: Rechtsextremismus mal Thema?
M.: Nein. Nichts, was ich mir gemerkt hätte.
D.: War einer von denen jemals nervös oder angespannt?
M.: Nein.
RA Langer (Nebenklage): Hatten die mal Besuch?
M.: Nein.
RA Reinecke (Nebenklage): Was kostet die Miete von Wohnwagen da?
M.: In der Hauptsaison über 100 Euro pro Tag.
Verteidiger Stahl: Erinnern Sie sich noch an die Vernehmung?
M.: Teile schon, nicht alles.
Stahl: Protokoll auch durchgelesen?
M.: Ja klar. Aber war eine ganze Menge.
Stahl: Wörtlich protokolliert?
M.: Vermutlich eher teils, teils, aber das weiß ich jetzt auch nicht mehr. Ich habe den Text ja nicht vorliegen.
Stahl Vorhalt: Auf Frage, wo die Liese mit dem Max die Schule besucht hat, kann ich keine Angaben machen.
M.: Ist eher nicht mein Wortlaut.
Stahl: Haben hier eine Antwort über fünfeinhalb Seiten. Haben Sie so lange am Stück geredet oder war das Unterhaltung mit Beamten?
M.: Die wollten halt alles wissen, haben mitgeschrieben.
Richter Götzl: (Hält dem Zschäpe-Verteidiger Stahl vor:) Vorhalt ist falsch. Sind Frage/Antwort dazwischen. Sie versuchen sehr suggestiv mit falschen Vorhalten.
Stahl: Herr Vorsitzender!
G.: Bitte korrekt vorhalten. Sie wissen ganz genau, dass ich das nicht mag.
M.: Ich habe da keinen halbstündigen Monolog gehalten, natürlich kamen da Nachfragen, aber konkret eher nicht. Die wollten halt alles wissen. Stahl will dann wissen, was unternommen wurde und arbeitet heraus, dass nur das Essen-Gehen davon etwas Kostenpflichtiges ist.
Stahl: Wer hat denn bei Ihnen bezahlt?
M.: Wechselnd.
Stahl: Surfsegel: Wo hat er das Geld hergeholt?
M.: Ich meine aus dem Portemonnaie.
Stahl: Zschäpe dabei?
M.: Ich meine nicht.
Stahl: Hat er sich Geld vorher von Zschäpe geben lassen?
M.: Weiß ich nicht.
Stahl: Auf einen Urlaub gesehen, wie oft miteinander essen gegangen?
M.: Vielleicht zweimal.
Sturm: Bei irgendeiner Gelegenheit von Liese Geld an einen der beiden übergeben?
M.: Zu lange her. Kann mich im Moment an keine konkrete Situation erinnern.
Gutachter Saß: Umgang der drei?
M.: Freundschaftlich herzlich.
Saß: Mal Meinungsverschiedenheiten, Spannungen?
M.: Nein, denke nicht. War immer sehr harmonisch mit den Dreien.
Zeuge wird entlassen.
Mittagspause bis 13.40 Uhr
(Gunnar Breske, MDR)
Zeugin Karin M., Drogistin, geboren 1959, Hessisch-Oldendorf.
Gerry, also Böhnhardt, sei Fahrer gewesen, habe nur 5 Wochen Urlaub im Jahr gehabt, danach hätte man sich gerichtet. Max kannte sich mit Computern aus. Liese, Zschäpe, keine Angaben zum Beruf. Nahm an, irgendwo im Verkauf, da sie sich immer für meine Tätigkeit interessierte. Uns wurde gesagt, dass erst die beiden Männer im Auto saßen, dann Liese abgeholt. Gingen davon aus, dass sie in drei getrennten Wohnungen leben. Haben gegrillt, haben Badminton gespielt, war auch mal einkaufen mit den Dreien im Aldi in Burg. Wurde gefragt, ob jemand etwas mitbringen sollte. Gegrillt hat meistens der Gerry, war auch handwerklich geschickt. Geld verwaltet hat Frau Zschäpe, waren mal essen, hat sie bezahlt. Wenn sie uns was mitbringen sollten, habe ich mich immer gleich an sie gewandt und ihr das Geld gegeben. Bezahlt immer bar. Habe gesehen, dass sie eine Menge Scheine im Portemonnaie hatte. Uns wurde ganz am Anfang erzählt, dass die Männer in die Urlaubskasse einzahlen und es die Liese verwalte.
Richter Götzl: Welche Fahrzeuge?
M.: Hatten im ersten Jahr VW Touran - hatten Schwierigkeiten, alles wieder mit nach Hause zu bekommen, was sie im Urlaub angeschafft hatten. War abenteuerlich. Danach größere Fahrzeuge - VW Bus. Unser Sohn hatte guten Kontakt zu Max, wegen der Computer. Unsere Tochter guten Kontakt zu Liese und Gerry.
G.: Verhalten?
M.: Nett - Gerry hat sich Auszeit genommen. Mit Boot auf das Meer gefahren. Zschäpe wurde dann schon unruhig. Max zum Surfen - mit meinem Mann. Zschäpe auch mit am Strand zum Surfen, hatte das mal versucht. Wenn abends kälter wurde, hat einer eine Decke für Frau Zschäpe geholt.
G.: Verhalten zu anderen?
M.: Viel Kontakt zu Kindern, auch anderen Kindern - gerade die Männer, machten mal einen Witz, nahmen auch Kinder im Boot mit.
G.: Persönliches Umfeld?
M.: Max habe Vater, der Professor für Informatik sei. Liese sei bei der Großmutter aufgewachsen, aus dem Garten ernährt. Gerry hätte Freundin, die im Reisebüro arbeite, die bekomme im Sommer keinen Urlaub. Haben uns über unsere Katzen ausgetauscht, sonst über Freunde nichts gehört.
G.: Linkshänder?
M.: Beide Jungs - das war beim Badminton-Spiel aufgefallen.
G.: Sonst Kontakt außerhalb Urlaub?
M.: Einmal ein Paket, mit Thüringer Spezialitäten, da war ein komischer Spaßabsender drauf, steht im Protokoll.
G.: Adresse, Telefonnummer?
M.: Ja. Handy der Liese. Einmal auf Handynummer angerufen, da ging Gerry dran, hat uns überrascht, aber dachten er wäre zu Besuch, weil es Wochenende war.
Zeugin erkennt auf Fotos alle drei.
G.: Wie kam das Zusammentreffen?
M.: Meistens waren sie schon da, da gab es gleich ein Grillfest mit langer Tafel. Empfingen uns gleich.
G.: erstes Zusammentreffen?
M.: Die kamen auf uns zu, fragten, ob wir Karten spielen. Konnten das nicht, da sind sie zum nächsten Wohnwagen gegangen.
G.: Vorhalt aus Vernehmung vom November 2011: Gerry arbeitet in der Firma seines Vaters - Paket-Zustelldienst - er sei Lieferfahrer, deshalb 6 Wochen Urlaub am Stück.
M.: Ja. Gerry tätowiert am Bein und Oberarm.
G.: Vorhalt: Blumenranken und einen Totenkopf?
M.: Ja.
G.: Vorhalt: Hohe Bargeldmenge in Brieftasche - 50 Euro Scheine abwärts, bestimmt 500 Euro?
M.: Weiß ich nicht mehr.
G.: Kleidung?
M.: Sportlich gekleidet, Knielange Hosen bei den Männern. Zschäpe immer elegant sportlich.
G.: Wie haben sich die drei kennengelernt?
M.: Max und Liese waren zusammen in der Schule, der Gerry kam dann dazu, sei jünger.
G.: Waffen?
M.: Nein.
G.: Nachtsichtgerät?
M.: Hatte der Gerry - nicht gefragt, wofür er es braucht.
G.: Wie gemerkt dass es die Drei waren (nach Auffliegen des NSU)?
M.: Mein Sohn kam nachhause, zeigte mir Foto auf dem Handy. Im Internet gesehen - dann war ich platt, geschockt. Hätte ich im Leben nicht geglaubt, wie man sich so täuschen kann.
Fragen Verteidiger Stahl (Verteidigung Zschäpe).
Stahl: Vernehmung im November 2011? Erinnerung?
M: Ja.
S.: Wie abgelaufen?
M.: Gingen zur Polizei in Hamm, die konnten mit uns wenig anfangen, da haben die die Thüringer Kollegen geholt. Zwei Thüringer Polizisten und eine Frau, die hat protokolliert.
S.: Mit anderen gesprochen?
M.: Ja, mit meinem Mann und S.s (andere Familie vom Campingplatz, die die Drei auch kannten) - wie leichtgläubig man ist. Wie wir uns so haben hinters Licht führen lassen.
S.: Aussage - Zschäpe verwaltet Geld - woran machen sie das fest?
M.: Hat sich so dargestellt. Jungs zahlen in Urlaubskasse ein, sie bestreitet das dann. Irgendwann mal im Gespräch gefallen.
S.: Max und Gerry kein Geld?
M.: Weiß ich nicht.
S.: Wie oft Zschäpe zahlen sehen?
M.: Einmal beim Essen-Gehen. Die drei sind nicht gern essen gegangen, die haben lieber gegrillt.
S.: Frage mich, wie sie zu der Aussage kommen: Zschäpe verwaltet Geld?
RA Daimagüler (Nebenklage) beanstandet, RA Erdal (Nebenklage) auch, sei bereits beantwortet. Richter Götzl hört sich das an, hält Frage nach nochmaligem Stellen für beantwortet.
S.: Wie oft hat Zschäpe Sachen mitgebracht (vom Einkaufen)?
M.: War mal Fleisch zum Grillen, Gemüse. Fragen sie mich nicht, wie oft.
S.: Geldbörse gut gefüllt? Wann bemerkt?
M.: Als ich ihr die Dinge bezahlt habe.
Fragen Verteidigerin Sturm (Verteidigung Zschäpe):
Sturm: Klarstellung - Lebensmittel mitgebracht von wem?
M.: Die drei meistens gemeinsam oder Gerry und Liese.
St.: Mal Geld geholt worden von einem der drei?
M.: Weiß ich nicht.
St.: Vorhalt - nicht gemerkt, dass Geld geholt wurde. Geld war eigentlich immer reichlich da. Kann man auf dem Campingplatz Geld holen?
M.: Nein - nur in der Stadt.
(Besprechung Sturm, Heer und Zschäpe)
Keine weiteren Fragen der Verteidigung.
Nebenklage: Besuche von anderen?
M.: Nein.
Nebenklage: Bombenbastelei - ihre Tochter hat zu Protokoll gebracht: Gerry hat mir mal beiläufig erzählt, wie man eine Bombe baut. Hat dabei immer wieder Witze gemacht, klang wie Jugendsünden. Hat ein bisschen damit geprahlt, dass er wüsste, wie es geht.
Zeugin: Wusste ich nicht.
RA Hoffmann (Nebenklage): Führerschein?
M.: Gefahren ist immer nur Gerry.
Nachfrage Sturm (Verteidigung): Verhältnis untereinander ausgeglichen - wie kommen Sie dazu?
M.: Wenn Handwerk dann Gerry, wenn Essen dann Liese, hat jeder das eingebracht, was er konnte.
Zeugin wird entlassen.
(Tim Aßmann, BR / Gunnar Breske, MDR / Eckhart Querner, BR)
Weiter um 15.05 Uhr.
Vernehmung Zeugin Ursula S., geboren 1961, Diplom-Informatikerin, Peine.
Zeugin Ursula S.: 2007 Urlaub am Wulfener Hals mit Mann und zwei Kindern, haben Nachbarn kennen gelernt, weil sie uns baten mit ihnen Doppelkopf zu spielen. Haben viel Sport gemacht und die Abende verbracht, 2007 bis 2011. Liese E., Gerry - Holger G., Max - weiß ich Nachnamen nicht. Sagten, dass sie sich aus der Schule kennen, aus Zwickau kommen, Max sei Fachinformatiker, da haben wir uns auch darüber unterhalten. Hat erzählt, dass er bei seinem Onkel in einer Spedition arbeitet, dort Kurierfahrer. Liese hat erzählt, dass sie bei ihren Eltern arbeitet, kann Branche nicht erinnern. Wohnt allein mit zwei Katzen. Machen viel Sport, viel Radfahren.
Mein Mann rief mich an, dass ich mal ins Internet schaue und habe dann Bild von Liese gesehen - gesuchte Schwerverbrecherin, bin dann nach Hause, mit Familie S. getroffen, die auch schon mal mit in Urlaub gefahren sind. Klar, dass wir uns bei Polizei melden. Mein Mann war dann vorher noch bei unserem Anwalt. Damals im Internet alle drei erkannt, Bilder zwar älter, aber für uns war es ziemlich eindeutig. Sie haben uns auch einige Mal zuhause besucht. Das erste Mal haben sie nur unsere Kinder angetroffen. Ein weiteres Mal kamen sie direkt von der Ostsee, aber nicht von Fehmarn, sondern von Pelzerhaken, sagten, sie wollten Freund in Hannover abholen und kämen deshalb kurz bei uns vorbei. Nächstes Mal zum Geburtstag unserer Tochter da, 2009. Da haben sie bei uns übernachtet.
Tochter hat Ende August Geburtstag. Tochter hatte die drei aber auch die Familien M. und S. aus der Urlaubsstimmung heraus eingeladen. Fand alle drei sehr nett. Den meisten Kontakt mit Liese. War sehr sportlich. Auch alleine Radtouren. Hatten Versorgung der Familien übernommen. Ich für meine. Sie für ihre. Die Drei haben viel mit unseren Kindern unternommen, auch ohne dass wir dabei waren. Surfen, ins Kino gehen. Liese hat sich viel mit unserer Jüngeren unterhalten. Ging hauptsächlich um Schule und Erwachsenwerden.
Richter Götzl: Die drei untereinander?
Zeugin S.: Machte sehr harmonischen Eindruck. Hatten schon eine klare Rollenverteilung. Beispiel: Gerry fuhr gerne mit seinem Paddelboot alleine stundenlang aufs Meer und da war die Sorge von Liese, dass er heile zurück kommt immer sehr groß. Eindruck, dass Liese und Gerry ein innigeres Verhältnis hatten. Aufgrund von Austausch von Berührungen. Aufräumen war ganz klar die Rolle von Liese, Zustand der Sportgeräte war Max, Gerry kümmerte sich um den Zustand des Wohnwagens, dessen Einrichtung und das Auto. Liese hatte so um die zwanzig Scheine im Portemonnaie. Fällt natürlich schon auf, aber auf Campingplatz auch nicht ungewöhnlich. Max hat von seinem Vater erzählt, dass er Professor der Informatik ist und von einem Geschwister das behindert ist, weiß nicht genau Bruder oder Schwester. Liese hat immer gesagt, dass sie keine Geschwister hat. Mein Verständnis war immer, dass sie bei den Eltern arbeitet in einem Betrieb. Hatten auch einen Freund in Hannover und erzählten, dass sie den auch besuchen.
G.: Kleidung?
S.: Sportlich - Max trug immer gestreifte Sweatshirt-Jacken. Sportschuhe. Bei Liese eher farbenfrohe Sachen - normale Sommersachen. Gerry hatte zwei Tätowierungen, einmal am Oberarm und an der Wade. Wade zeigte einen Totenkopf mit Stahlhelm - war 2011 übermalt mit Pflanzenranken.
G.: War Politik mal Thema?
S.: Überhaupt gar nicht. Haben über Ihre Kindheit in der DDR gesprochen, wie sie die Grenzöffnung erlebt haben. Einmal in der Schulzeit war Schwerpunkt, dass sie Russisch gelernt haben, was für unsere Kinder ungewöhnlich ist. Der Max hat erzählt, dass er sehr viel Blödsinn gemacht hat, deshalb konnte er nicht studieren, hat deshalb eine Ausbildung gemacht. Hat überlegt, ob er das nicht nachholen soll.
G.: Weitere Entwicklung gesprochen?
S.: Wenig, berichteten, dass sie jetzt dort Urlaub machen können, wo sie wollten.
G.: Ausländer?
S.: Überhaupt nicht.
G.: Ihre Kinder - wie alt?
S.: 2007: 15 und 13 (zwei Töchter).
G.: Haben die über Gespräche berichtet?
S.: Die Eine mag gar nicht drüber reden. Erzählt nicht drüber. Die Andere lebt jetzt in Spanien. Damals, als es bekannt wurde, wurde darüber gesprochen.
G.: Warum will die Eine nicht darüber sprechen?
S.: Weil sie mit Liese ein wirklich gutes Verhältnis hatte, sie viel unternommen haben und sie es aus dem Fernsehen erfahren hat.
(Die Zeugin schildert dann wie sie drei bei der Polizei auf Lichtbildern erkannten und zählt sie alle nochmal auf.)
G.: Fotos gesehen?
S.: Damals selbst Fotos gemacht - haben wir abgegeben. Gerry - Uwe Böhnhardt. Max - Uwe Mundlos. Liese - Beate Zschäpe.
G.: hat sich Liese verändert?
S.: Nein, so wie heute.
G.: Fahrzeuge?
S.: Beim ersten Mal mit VW-Touran, die nächsten Male mit VW-Bus.
G.: Verabredet?
S: Sind öfters auf Fehmarn gewesen - meistens erste Wochen der Ferien. Haben immer schon ein Jahr im Voraus gebucht, das stand dann schon fest.
S.: Ein Jahr hieß es, dass der Max seine Freundin mitbringen möchte.
G.: Kontakt außerhalb der Urlaubszeit?
S.: Eine Adresse hatten wir gar nicht - ich hatte die Handynummer der Liese. Hatte die e-mail-Adresse von Max. Über Handynummer sind auch einige Telefongespräche gelaufen. Ob wir uns wieder treffen, wann wir kommen, ob endgültig gebucht ist.
G.: Nach Adressen gefragt?
S.: Nein, hatten den Eindruck, dass das nicht gewollt ist.
G.: Pakete?
S.: Ja, sie haben uns zweimal ein Paket geschickt. Mit Produkten der damaligen DDR. Absender war eine Spaßadresse - irgendwas mit "Fehmarn auf dem Deich" oder so etwas.
G.: Andere getroffen?
S.: Ein Jahr haben sie gesagt, dass sie Bekannte, die aus Dänemark gekommen sind, treffen wollten. Wir dachten in Puttgarden, sie sagten aber Kiel.
G.: Vorhalt: Kennengelernt - wie?
S.: Doppelkopf, haben mitgespielt - Liese, Gerry, mein Mann und ich. Max hat immer zugeschaut.
G.: Mit Liese telefoniert wegen Unfall?
S.: Ja, sie hatte Fahrradunfall und schwer gestürzt. Verursacher nicht mehr zu finden. Schneidezahn angebrochen, hat sie sich richten lassen - Februar 2011.
G.: Häufig telefoniert?
S.: Zweimal im Jahr.
(Zschäpe liest unterdessen - anscheinend teilnahmslos - in ihrem Laptop)
G.: War Zschäpe hilfsbereit, fürsorglich?
S.: Sie hat unsere Wäsche teilweise mitgewaschen. Sie hat unsere Kinder mit ins Kino genommen. Sie hat sich Gedanken zum Essen für die ganze Gruppe gemacht.
G.: "Managerin des Geldes"?
S.: Sie hat immer und überall bezahlt. Im Eselspark (?), im Hansapark, beim Einkaufen. Es war klar, dass sie eine Gruppenkasse haben und sie das Geld verwaltet hat.
G.: Vorhalt: Max war detailverliebt, hatte Wissen, das er auch zeigen wollte?
S.: Zwei Themen: das Surfen (erst dort gelernt). Das musste bis auf die letzte Verankerung erklärt werden. Und Thema Computer: Um Ausstattung, um Bits und Bytes. Für mich kein Thema für Urlaub. Habe versucht, mich schnell auszuklinken.
Gerry hatte jedes Werkzeug dabei. Hat eigene Regale im Wohnwagen verschraubt und aufgebaut. Er war der ruhigste von uns allen. Er hat zugehört. Man kam nicht so richtig an ihn heran. Er ist sehr gewissenhaft Auto gefahren, um nicht gegen eine Vorschrift zu verstoßen. Mir fiel auf, wie exakt er gefahren ist. Seine Begründung war, er könne es sich nicht leisten, geblitzt zu werden, weil er ja Kurierfahrer sei und sich das nicht erlauben könne. Habe heute noch Handynummer Zschäpe eingespeichert: 0162 7000 ().
G.: Können Sie mit Stichwort Tauchunfall etwas anfangen?
S.: 2008/2009 (2010?) war Tauchunfall passiert, den wir teilweise miterlebt haben. Eine Gruppe von Tauchschülern ist in Ostsee gegangen. Zwei Kinder (Mädchen circa 16, Junge 11) sind nicht wieder hoch gekommen. Als Aufregung auf Campingplatz da war, bekamen wir mit, dass Junge reanimiert wurde, Mädchen von Seenotrettungskreuzer abgeholt wurde. Mutter des Jungen war unter Schock, Seelsorger bat mich, mich um sie zu kümmern. Ich bat Zschäpe, mir zu helfen, Mutter zu ihrem Wohnwagen zu begleiten.
G.: Vorhalt: Presse war auf dem Platz, da sind die Drei in ihrem Wohnwagen verschwunden.
S.: Ja.
Fragen Nebenklage-Vertreter Bliwier zu Gespräch Gerry – Tochter von Zeugin über Bombenbastelei.
S.: Ja, meine Tochter - im Nachhinein drüber gesprochen. Sie hat mit mindestens Gerry gesprochen, er hat wohl erklärt, dass es ganz einfach sei, einen Sprengsatz herzustellen. Im Nachhinein sagte sie, dass es nichts Außergewöhnliches sei.
Fragen Gutachter Saß: Spannungen, Streit?
S.: Mit uns gar nicht - untereinander keine Konflikte. Vielleicht eine Diskussion zu den Kosten des Surfmaterials - ob es notwendig sei noch eine neue Ausrüstung zu kaufen.
Saß: Wer hatte mehr Gewicht?
S: Kann man nicht sagen, war schon sehr ausgewogen.
Fragen Sturm (Verteidigung Zschäpe):
Sturm: Ihre Töchter mal DVD bekommen?
S.: Haben wir in dem Paket bekommen, waren Urlaubssequenzen drauf, segeln ()
Sturm: Andere DVD zu „Greys Anatomy“?
S.: Sie haben mal drüber gesprochen, aber ob etwas ausgetauscht wurde, weiß ich nicht.
RA Dierbach (Nebenklage): Wer hat welchen Standpunkt in der Gruppe zu Diskussion über Kosten Surfausrüstung gehabt?
S.: In meiner Erinnerung waren es Max und Liese, die darüber gesprochen haben, ob Kauf nötig sei.
Dierbach: Wer hat Diskussion begonnen, wer fand es nötig oder weniger nötig?
S.: Max fand es notwendig, weil er ja derjenige war, der das Material genutzt hat.
Verteidiger Stahl: Sie sagten, das war eine ganz normale Diskussion, die Sie erinnern?
S.: Nein, es ging nicht um Bezahlung, sondern um die Notwendigkeit.
Stahl: Ihnen kam das ganz normal vor? Warum?
S.: Surfmaterial ist ja nicht ganz so preiswert. Ich finde ganz normal, wenn man mit Freunden oder Partner diskutiert, ob so etwas notwendig ist oder nicht.
16.16 Uhr: Zeugin Ursuala S. wird entlassen. Pause bis 16.30 Uhr.
(Holger Schmidt, SWR / Tim Aßmann, BR / Eckhart Querner, BR)
Fortsetzung Befragung Zeuge Wolfgang S., 56 Jahre alt, Diplom-Informatiker, Peine.
Zeuge Wolfgang S.: Wir haben die drei Personen im Sommer 2007 kennengelernt. Im Urlaub in Fehmarn.
Richter Götzl: Unter welchem Namen, Verhalten etc?
S.: Die drei wohnten im übernächsten Wohnwagen. Am ersten oder zweiten Abend kam Max zu uns und fragte, ob wir Doppelkopf spielen möchten. Gingen zu ihnen ins Vorzelt. Bin mit Max segeln gegangen. Abends gegrillt. Häufig zusammen gesessen. Wir haben uns so ganz gut verstanden. Das waren ganz nette Menschen, mit denen wir da zu tun hatten. Man fragt da nicht: wer bist denn du?
G.: Wie haben sich Urlaube überschnitten?
S.: Manchmal eine, manchmal zwei oder drei Wochen. In den Folgejahren hat Gerry mal bei uns angerufen: Seid ihr auch tatsächlich da, wir werden wohl auch kommen.
G.: Telefonnummern ausgetauscht?
S.: Ich hatte Telefonnummer von Liese, später eine E-Mail-Adresse von Max. Ihn hab ich hin und wieder kontaktiert, sechs- bis zehnmal, wenn es um Fragen der Computer-Hardware ging.
G.: Gab es außerhalb des Urlaubs Kontakte?
S.: Auf einer der Kurierfahrten von Gerry sind sie mal vorbeigekommen, einmal zum 17ten Geburtstag meiner Tochter haben sie das Wochenende bei uns verbracht.
G.: War das das einzige Mal, dass Sie persönlich mit den Dreien außerhalb des Urlaubs zusammengetroffen waren?
S.: Einmal sind sie gekommen und hatten Liege abgeholt, die sie nicht im eigenen Auto transportieren konnten. 2011 sind sie völlig überraschend vorbeigekommen, auf dem Weg nach Hannover, wo sie einen Freund zum Urlaub machen abholen wollten. Verhältnis war von Vertrauen geprägt. Man kannte sich. Kommunikation zwischen mir und Max intensiver. Im Rückblick gesehen waren es sehr oberflächliche Gespräche. Wir haben zugelassen, dass Gerry mit Kindern und seinem Motorboot unterwegs ist oder Spielenachmittag mit Siedler von Catan.
G.: Wie haben sich die drei untereinander verhalten?
S.: Keinen Streit oder Uneinigkeit beobachtet. Sie haben gesagt, sie verbringen als drei Freunde ihren Urlaub.
G.: Gab es zwischen einzelnen Personen eine engere Verbindung?
S.: Hat mich nicht so interessiert. Haben so hingenommen, dass sie sich aus der Schule kannten. Wir wussten nicht, ob Liese mit dem einen oder dem anderen Uwe zusammen war.
G.: Stichwort Schule.
S.: Haben sich auf Schule in Irgendwo kennengelernt. Mehr weiß ich auch nicht. Max' Vater sei Professor. Gerry würde bei Onkel arbeiten, der Kurierdienst habe. Liese würde bei ihren Eltern in einer Gärtnerei arbeiten.
G.: War von weiteren Freunden die Rede?
S.: Nein.
G.: Sollten mal weitere Freunde in Urlaub fahren?
S.: 2011. Mit Freund aus Hannover in Pelzerhaken anderthalb Wochen verbracht, danach nach Fehmarn gefahren.
G.: Nachnamen bekannt?
S.: Liese war E., Gerry war G.. Max hieß Max.
G.: Situation November 2011 (Brand Frühlingstr.). Wie war das?
S.: Ich kam gerade von Dienst nach Hause. Frau M. rief an und sagte: schau mal ins Internet. Ich war erschüttert. Abends zur Polizei gefahren und das gemeldet. Tag später kamen Beamte aus Thüringen und haben uns auf Polizeidienststelle vernommen. Liese ist Frau Zschäpe, Max ist weiß ich nicht. Müsste ich Bilder sehen.
G.: Hat sich Zschäpe verändert, jetzt im Vergleich zu früher?
S.: Nein.
G.: Können Sie Männer beschreiben?
S.: Gerry etwas größer. Beide sportlich kräftig, Gerry den Ansatz von Segelohren. Schwer zu beschreiben.
G.: Wie waren drei bekleidet?
S.: Dreiviertel-Sportkleidung.
G.: Pakete bekommen?
S.: Wir haben zu DDR-Zeiten Westpakete in den Osten geschickt. Daraufhin sagten die Drei: dann kriegt ihr mal ein Ostpaket. Kekse, Schokolade, Senf, Würstchen. Dinge, die wir im Westen nicht bekamen. Absender war Fantasieadresse. Ich habe das zu akzeptieren. Da stand so ein Unfug wie Fehmarn-Parkplatz. Es war klar, woher es kam. Meine ältere Tochter ist drei- bis viermal beim Psychologischen Dienst gewesen. Bis Frühjahr 2012. Wir mussten vorsichtig sein, zumal wir da ja schon von der Presse belagert wurden.
G.: Zu den Finanzen.
S.: Liese war die, die die Kasse hatte. Max und Gerry hatten höchstens mal einen Zehner in der Tasche.
G.: Ging es mal um Austausch der Adressen?
S.: Nach Ostpaket war klar: Kontakt war da, aber nur Urlaubsbekanntschaften.
G.: Bargeld?
S.: Max hat mal Döner gekauft. Ich hab den Eindruck gehabt: Liese hat gezahlt.
17.16 Uhr, Ende Vernehmung Zeuge Wolfgang S.
Hinweis
Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.