NSU-Prozess


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108. Verhandlungstag, 28.4.2014 Marodes Mikro, zäher Zeuge

Der 108. Verhandlungstag begann damit, dass das Mikrofon nicht funktionierte. Die Reparatur nutzte trotzdem nicht viel: der einst mit Uwe Böhnhardt befreundete Zeuge fiel nur durch Unverfrorenheit gegenüber dem Richter auf.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 28.04.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

28 April

Montag, 28. April 2014

Kleiner Mann - große Wirkung! Kaum hatte Bernie Ecclestone den Schwurgerichtssaal des Münchner Strafjustizzentrums nach dem Ende des ersten Verhandlungstages in der vergangenen Woche gegen ihn verlassen, ging dort die Lautsprecheranlage in die Knie. Erst versagten die Mikrofone auf der Richterbank, was noch das geringste Problem dargestellt hätte. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl ist nicht nur ein Freund klarer Worte, sondern auch in der Lage, diese notfalls ohne Lautsprecher in einem vollbesetzten Verhandlungssaal unter die Leute zu bringen.

Trotzdem wurde ein Techniker angefordert - die Verhandlung konnte nicht beginnen. Nach erfolgreicher Reparatur stellte dann trotzig das Mikrofon vor dem Zeugenstuhl seinen Dienst ein. Und so verging eine weitere Stunde, bis Enrico T. - begleitet von einem Rechtsbeistand - vor den Richtern Platz nehmen durfte. Um es klar zu sagen, die erfolgreiche Instandsetzung seines Mikrofons hatte auf die Qualität seiner Angaben keine positive Wirkung.

"Wollen Sie damit sagen, dass meine Fragen Sie nerven?"

"Das nervt" - das war jedenfalls eindeutig die falsche Antwort, die der einzige Zeuge am 108. Verhandlungstag auf die bohrenden Fragen des Vorsitzenden Richters gab, ob er denn mit Vermittlung der Ceska-Pistole an Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt etwas zu tun gehabt habe. Manfred Götzl wird direkt: "Wollen Sie damit sagen, dass meine Fragen Sie nerven?", zischt er den Zeugen an, der seit Stunden nur Antworten gibt wie "daran kann ich mich nicht erinnern" oder "weiß ich nicht". Der Senatsvorsitzende schnauft einmal tief durch - dann unterbricht er zum x-ten Mal die Vernehmung  des Zeugen, der Uwe Böhnhardt von der Schule her kannte - ansonsten nie mit niemandem über gar nichts so richtig gesprochen haben will. Gegenüber der Polizei aber soll er eingeräumt haben, nach dem Auffliegen des NSU und nach dem Tod der beiden Uwes mit seiner eigenen Inhaftierung irgendwie gerechnet zu haben.

Am Ende des Verhandlungstages kündigte der Gerichtsvorsitzende dem genervten Zeugen an, er werde ihn noch einmal laden - und entlässt ihn mit dem sicheren Gefühl, dass es beim nächsten Mal noch ungemütlicher werden kann. Mit seiner Mixtur aus Ausflüchten und Erinnerungslücken hat er sich den Anwälten der Nebenkläger bereits als das ideale Opfer für die nächste Befragungung aufgedrängt.


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