NSU-Prozess


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198. Verhandlungstag, 15.04.2015 Wieder ein paar wichtige Puzzle-Teile

Indizienprozesse gleichen einem Puzzlespiel. Nur wenn sich am Ende alle Beweise und Zeugenaussagen so zusammenfügen, dass sich ein eindeutiges Bild ergibt, das keine Zweifel zulässt, können die Angeklagten verurteilt werden. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft lieferte der 198. Verhandlungstag im NSU-Prozess wieder ein paar dieser Puzzleteile. Die Nebenkläger, die sich darüber hinaus Aufschluss über mögliche Unterstützer der fünf Angeklagten erhoffen, sind dagegen keinen Schritt vorangekommen.

Von: Christoph Arnowski

Stand: 15.04.2015 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

15 April

Mittwoch, 15. April 2015

Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen laut Anklage nicht nur zehn Menschen ermordet und zwei Bombenanschläge verübt, sondern auch etliche Banken ausgeraubt haben. Zum letzten Mal im November 2011 in Eisenach. Dort misslang ihnen die Flucht, deshalb, davon ist die Bundesanwaltschaft überzeugt, haben sie ihr Fluchtfahrzeug, ein Wohnmobil angezündet und Selbstmord begangen.

Beweismittel in Wohnmobil gefunden

In diesem Wohnmobil und im Brandschutt der letzten Wohnung von Beate Zschäpe, der Zwickauer Frühlingsstraße fand die Polizei zahlreiche Beweismittel, die aus Sicht der Ermittler eindeutig belegen, dass Mundlos und Böhnhardt in den Jahren zuvor auch andere Banken ausgeraubt haben. Ein BKA-Beamter berichtete heute detailliert über zwei Überfälle in Stralsund und einen in Arnstadt in den Jahren 2006, 2007 und 2011. Die Aufnahmen aus den Überwachungsvideos belegen, es waren immer die gleichen zwei Täter und es wurden immer die gleichen Waffen benutzt. Solche Waffen fanden die Ermittler später im Brandschutt von Eisenach und Zwickau. Genauso wie Geldbündel, die aus den Überfällen in Stralsund stammen mussten, wie die Banderolen um die Scheine belegen. Auch die gefundenen Kleidungstücke passen ins Bild, an manchen fanden sich sogar DNA-Spuren von Mundlos und Böhnhardt. Und auf einem ebenfalls sichergestellten, halb verbrannten Stadtplan fanden sich eine Skizze der überfallenen Bank und handschriftliche Anmerkungen, die laut Schriftgutachten von Uwe Mundlos gemacht wurden.

Mindestens vier Banküberfälle verübt

In der Gesamtschau belegen all diese Beweismittel zweifellos: zumindest für diese letzten vier Überfälle sind Böhnhardt und Mundlos verantwortlich, die Bundesanwaltschaft kann diesen Teil der Anklage, auch wenn es längst nicht der wichtigste ist, durch den heutigen Prozesstag bestätigt sehen.

Keine neuen Erkenntnisse für Nebenkläger

Nicht recht weitergekommen bei Ihrem Bemühen, Belege für lokale Unterstützer des NSU-Trios zu finden, ist das Lager der Nebenkläger. Denn wieder einmal konnte oder wollte einer, der zumindest in den neunziger Jahren zu rechtsextremen Szene gehörte, sich an nichts und niemand erinnern. Weder an Namen noch an gemeinsame Unternehmungen mit dem NSU-Trio. Glaubt man anderen Zeugen, so muss es die gegeben haben.  Der 41 Jahre alte Marcus F. aber räumte lediglich ein, dass er "gesoffen und geprügelt habe", erst nach mehreren Vorhalten kamen ihm noch zwei Namen ins Gedächtnis. Mehr nicht. Der Vorsitzende der Staatsschutzkammer Manfred Götzl war sichtlich genervt, aber machtlos. Denn wenn ein Zeuge behauptet, er könne sich an Dinge nicht erinnern, die 15 Jahre und länger zurückliegen, lässt sich schwerlich das Gegenteil beweisen.


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