200. Verhandlungstag, 23.04.2015 Ein Tag, der Grenzen aufzeigt
Es könnte ein Bild von großer Symbolik sein. In der Deckenkonstruktion im Saal A 101 hängen Spinnweben – darunter verhandelt das Gericht im NSU-Prozess – zum nun schon 200sten Mal. Ist also eigentlich inhaltliche Leere eingetreten im Mammutverfahren? Tritt das Gericht auf der Stelle? Kommt die Aufklärung nicht voran? Nein.
23. April
Donnerstag, 23. April 2015
Der Verhandlungstag verlief zäh, wie so viele vor ihm. Eine politisch nicht geläuterte Szenezeugin spielte die eigene Rolle herunter und zog sich auf Erinnerungslücken zurück. Ein Teil der Nebenklageanwälte erhob mal wieder Blockadevorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft. Bezeichnend ist allerdings, dass sich gleich mehrere engagierte Opferanwälte der Erklärung ihrer Kollegen ausdrücklich nicht anschließen wollten.
Viele Beweise erhoben
Bilanz
Fakt ist: Nach knapp zwei Jahren Prozess ist die Beweisaufnahme weit voran geschritten. Alle wesentlichen Tatkomplexe waren bereits Thema und gehört haben die Prozessbeteiligten vieles was die Anklage gegen die Frau und die vier Männer auf der Anklagebank stützt. Deutlich geworden ist außerdem: Die Entscheidung darüber, ob Beate Zschäpe im juristischen Sinne Mittäterin bei den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen ist, die dem NSU zugerechnet werden, wird das Gericht wohl auch am Ende nur auf Basis von Indizien treffen können. Vorsichtige Einschätzung jetzt: Der Staatsschutzsenat scheint die Anklage in diesem Punkt nachvollziehen zu können.
Prozess wird Fragen offen lassen
Traurige Erkenntnis ist aber auch: Wie zu befürchten war, werden am Ende des Prozess viele Fragen offen bleiben. Immer wieder zeigt der Prozess auf, wie groß die Wissenslücken um den NSU, seine Taten, die Unterstützer und die Rolle der Behörden sind. Schon jetzt scheint also klar: Wenn im Saal A 101 irgendwann ein Urteil gesprochen wird, werden viele Fragen ungeklärt geblieben sein. Diese Wissenslücken zu schließen ist Aufgabe der Politik.