205. Verhandlungstag, 13.05.2015 Wie eine Bankangestellte den NSU düpierte
Eine Sparkassen-Angestellte, die die NSU-Bankräuber austrickste, und eine NPD-Funktionärin, die nichts zur Aufklärung beitrug. Die Zeugen im NSU-Prozess hatten heute sehr unterschiedliche Gesichter.
13. Mai
Mittwoch, 13. Mai 2015
In Begleitung des bekannten Neonazis und NPD-Politikers Christian Hehl aus Baden-Württemberg, ihrem Sohn und weiteren Unterstützern verlässt die 66-jährige Edda Schmidt das Oberlandesgericht. Ein Interview lehnt die NPD-Funktionärin ab. Begründung: Wenn das Ganze nicht so lange gedauert hätte, dann hätte sie vielleicht ein Interview gegeben. Keine Frage: Die Frau ist rhetorisch geschult, das hat sie schon während ihrer rund vierstündigen Aussage bewiesen.
Wohlleben ging dazwischen
Dabei ging es um die Frage, ob die NPD-Funktionärin etwas über das untergetauchte NSU-Trio wusste. Der ehemalige V-Mann Tino Brandt hatte dem Verfassungsschutz gemeldet, dass im Jahr 2000 bei einer NPD-Schulungsveranstaltung über die untergetauchten Kameraden aus Jena gesprochen worden war. Ralf Wohlleben sei bei dem Gespräch dazwischen gegangen, habe den unbekannten Redner unterbrochen und Konsequenzen angedroht, falls der weiterredet. Christian K., der kleine Bruder des Thüringer Neonazis André K., hatte unabhängig davon im Prozess ausgesagt, Edda Schmidt habe ihm bei eben dieser Veranstaltung einen Unbekannten vorgestellt, der erzählte, dass die drei untergetauchten Bombenbauer aus Jena in Chemnitz wohnten und es ihnen gut ginge.
Es gibt also zwei Hinweise, dass sie von den untergetauchten Neonazis wusste. Im Prozess gab Edda Schmidt zwar zu, dass sie bei der Schulungsveranstaltung war. Sie habe dort einen Vortrag über Brauchtum gehalten. Aber sie will niemanden auf der Veranstaltung gekannt haben, habe auch in zwei Tagen niemanden namentlich kennen gelernt und sich mit Christian K. nur über die Thüringer Landschaft unterhalten.
Gut vorbereitete Zeugin
Die Zeugin Edda Schmidt trat sehr bestimmt im Gericht auf. Als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl sie aufforderte, ihren Ton zu mäßigen, berief sie sich auf ihr Alter und die Aufregung. Wenig später aber, als die Nebenklage-Vertreter Fragen stellten, gab sie sich sehr selbstbewusst. Sie beanstandete mehrere Fragen. Es sei ihre Privatsache, welche Veranstaltungen sie sonst noch besuche und ob zum Beispiel ihr Mann sie damals nach Thüringen begleitete. Spätestens da wurde klar, dass sie sehr gut auf den Prozess vorbereitet war. Edda Schmidt war von der Verteidigung von Ralf Wohlleben geladen worden, die erreichen wollte, dass Edda Schmidt durch ihre Aussagen die Meldung des V-Mannes Tino Brandt widerlegt.
Banküberfall: Stille Heldinnen
Ein ganz anderes Gesicht hatten die Zeuginnen vom Vormittag. Zwei Sparkassen-Angestellte aus Chemnitz beschrieben, wie sie im Jahr 2003 Opfer eines Raubüberfalls wurden. Heute lässt sich der Überfall ziemlich eindeutig dem NSU zurechnen. Denn auf den Fotos der Überwachungskamera sind zahlreiche Details erkennbar. Im Brandschutt der Frühlingsstraße fanden sich später die Basecaps, die die Täter trugen, Turnschuhe, die zu sichergestellten Fußabdrücken passten und die Dreieckstücher, die die Täter vor dem Gesicht trugen. Katrin F., eine zierliche Frau in graublauer Bluse, schilderte unter Tränen wie sie den Überfall auf ihre Sparkasse erlebte. Die zwei Bankräuber - mutmaßlich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt - gingen ausgesprochen rabiat gegen sie vor. Sie schlugen sie mit der Waffe gegen das Auge, zerrten sie an ihrem Pullover in Richtung Tresorraum. Doch die zierliche Frau wollte den Tätern das Geld nicht einfach so überlassen. Sie behauptete, keine Schlüssel für den Tresorraum zu haben, führte sie damit in die Irre und so zogen die beiden bewaffneten Männer schließlich mit nur rund 500 Euro ab. Bis heute ist sie sichtlich stolz darauf. Psychologische Hilfe habe sie trotz der massiven Bedrohung nur wenig gebraucht. "Ich habe es gut verarbeitet, weil ich das Geld nicht rausgegeben habe."