NSU-Prozess


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214. Verhandlungstag, 30.06.2015 Enttäuschte Hoffnungen

Die Hauptangeklagte Zschäpe will neue Verteidiger, ein Zeuge verlangt vom Gericht einen Ortstermin, wo sein Sohn getötet wird. Doch beides lehnt das Oberlandesgericht ab.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 30.06.2015 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

30 Juni

Dienstag, 30. Juni 2015

Die Idee der Hauptangeklagten, sie könne im Handumdrehen einen neuen, vierten Pflichtverteidiger in den Prozess bringen, hat sich zumindest am heutigen 214. Verhandlungstag nicht in die Praxis umsetzen lassen. Die Frist, innerhalb deren sich alle Prozessbeteiligten zu diesem Vorschlag äußern können, läuft erst morgen ab. Und der Vorsitzende Richter ließ heute zu Beginn des Prozesstages keinen Zweifel daran, dass er sich nicht unter Druck setzen lässt. Ihm hatte Beate Zschäpe einen von ihr selbst verfassten Antrag überreichen lassen, die Befragung weiterer Zeugen erst einmal auszusetzen - bis über einen weiteren Verteidiger entschieden ist. Mit drei Anwälten an ihrer Seite sei Beate Zschäpe ausreichend verteidigt, meinte Manfred Götzl - und setzte die Verhandlung wie geplant fort- Die Zuschauerempore war bis auf den letzten Platz gefüllt - das Medieninteresse groß. Enttäuscht wurden aber alle, die am heutigen Tag auf eine Art Showdown zwischen der Angeklagten und ihren bisherigen drei Anwälten gehofft hatten.

In der Sache selbst ist das Gericht heute erkennbar keinen Millimeter weiter gekommen. Die Befragung eines Zeugen aus der rechten Szene zu Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und dem in München mit auf der Anklagebank sitzenden Ralf Wohlleben blieb unergiebig - und auch die Anhörung der Ehefrau des hessischen Ex-Verfassungsschützers Andreas Temme. Der im Saal abgespielte Mitschnitt eines abgehörten Telefonats zwischen Frau Temme und ihrer Schwester brachte wenig Neues an den Tag - sieht man mal von der Verägerung der Beamtengattin über ihren Ehemann ab. Der stand ja mal selbst im Verdacht, im April 2006 an der Ermordung von Halit Yozgat beteiligt gewesen zu sein - was der Vater des erschossenen jungen Türken im Übrigen bis heute glaubt. Fest steht jedenfalls, dass Temme zum Zeitpunkt der Tat oder unmittelbar davor in dem Internetcafe des Opfers war - um dort im Internet mit fremden Frauen zu chatten. Die peinlichen Details aus dem Telefonmitschnitt hätte man seiner Ehefrau ruhig ersparen können, ohne dass deshalb die Aufklärung der Tat  in Gefahr geraten wäre.

Temme selbst , der längst für eine andere hessische Behörde arbeitet , wurde heute zum nunmehr siebten mal vom Gericht als Zeuge gehört - ohne greifbares Ergebnis. Unerwartet war allenfalls der Auftritt von Ismail Yozgat. Der Vater des vom NSU ermordeten Türken warf Temme zum wiederholten Mal vor, irgendetwas mit der Tat zu tun gehabt zu haben und vor Gericht nicht die Wahrheit zu sagen. Mit ihm - so Ismail Yozgat - solle das Gericht nach Kassel fahren und am Tatort die Siutaion nach den tödlichen Schüssen auf seinen Sohn rekonstruieren. Das allerdings dürfte schwierig werden. Das Verbrechen wurde vor neun Jahren verübt und in dem Laden an der Holländischen Straße in Kassel sieht wenig so aus, wie es damals war.


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