Jeden Morgen vor dem NSU-Prozess ist es dasselbe Ritual. Wir Reporter warten hinter der gelben Absperrung vorm Gerichtseingang. Ein Polizist wird uns gleich abholen. Wir stehen unter einem großen, extra für uns aufgestellten Pavillon. Wir warten also nicht im Regen. Hinter der gelben Absperrung gibt es zwei Welten. Unsere auf der rechten Seite - bevorzugter Einlass garantiert; daneben die der Zuschauer. Nur ein Pärchen weiß anscheinend nichts von diesen zwei Welten. Die beiden stellen sich rechts an. Der Polizist stutzt. Sind sie zum ersten Mal da?, fragt er. Das Pärchen nickt. "Das nächste Mal stehen sie bitte bei den Zuschauern", sagt der Beamte. Auch das gibt es noch nach drei Jahren Prozess. Dann schiebt der Polizist die gelbe Absperrung zur Seite.

Keine Routine im Gerichtssaal

Wir gehen Richtung Sicherheitsschleuse, die eigens für den NSU-Prozess eingebaut wurde. Wir quetschen uns durch die Menschenmenge die am Gerichtseingang für die "normalen" Verfahren ansteht. "Folgen sie der Dame einfach!", höre ich den Beamten hinter mir zu dem Pärchen sagen, "sie weiß wo es lang geht". Das stimmt. Nach fast drei Jahren Prozess ist das hier Routine. Aber der Prozess ist es nicht. Auch nicht nach 268 Verhandlungstagen.

Heute ging es um mehrere Banküberfälle der beiden mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Mit Mützen und Tüchern vor dem Gesicht hat die Überwachungskamera sie aufgenommen. Der eine hält eine Pumpgun, neben ihm eine völlig verängstigte Sparkassenangestellte, der er gerade ins Gesicht geschlagen hat. Wir sind in dem Moment fast mit dabei und mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Nein. Keine Routine.