NSU-Prozess, 280. Verhandlungstag Zschäpe-Verteidigung beantragt erneut Aussetzung
Beate Zschäpes Wahlverteidiger Hermann Borchert fordert, dass das NSU-Verfahren ausgesetzt wird. Grund: Die Unterlagen, die er vom Oberlandesgericht (OLG) München bekommen hat, sollen von den originalen Prozessakten abweichen. Der Senat hat darüber noch nicht entschieden.
Das Gericht habe ihm eine externe Festplatte mit einer digitalen Ausführung der Prozessakten zur Verfügung gestellt, so Borchert in seinem Antrag. Diese würden sich allerdings von den Originalakten so unterscheiden, dass er in der Vorbereitung immer die digitalen und die Originalakten seitenweise vergleichen müsse. Der Zeitaufwand dafür sei nicht zumutbar. Borchert hatte sogar ein Rechenbeispiel parat: pro Minute könne er fünf Seiten durchsehen, damit schaffe er maximal 300 Seiten am Tag. Da Feier- und Urlaubstage nicht berücksichtigt seien, wäre ihm ein vollständiger Abgleich der Akten somit bis frühestens Anfang 2017 möglich.
Nebenklage: Zschäpes Verteidiger sollen zusammenarbeiten
Die Arbeitsüberlastung von Rechtsanwalt Borchert könne Behnke nicht verstehen. Eine umfangreiche Aktendurchsicht sei gewährleistet, wenn eine gewisse Kooperation zwischen den Verteidigern erfolgen würde.
Zweifellos spielte Behnke damit auf die Streitigkeiten zwischen Zschäpes Verteidigern an, die den Prozess schon häufiger beschäftig hatten.
Erfolgsaussichten mehr als fraglich
Aus Sicht der Bundesanwaltschaft gibt es keinen Grund für die Aussetzung des Verfahrens.
Dass Borchert mit seinem Antrag durchkommt, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Die Verteidigung Wohlleben ist bereits mit einem sehr ähnlichen Ansinnen gescheitert.
Wohlleben-Verteidigung will Ex-V-Mann Brandt erneut laden
Der Angeklagte Ralf Wohlleben soll die Beschaffung der Mordwaffe, einer Ceska-Pistole, in Auftrag gegeben haben. Dazu habe er dem Mitangeklagten Carsten S. 500 DM übergeben. S. belastete Wohlleben in seiner Aussage im NSU-Prozess dementsprechend schwer. Nun stellte die Verteidigung von Wohlleben klar, dass nach ihren Finanzermittlungen Wohlleben zum damaligen Zeitpunkt nicht über derartige Mittel verfügt haben soll. Ihre Schlussfolgerung: S. soll das Geld nicht von Wohlleben, sondern von Tino Brandt bekommen haben, der als ehemaliger V-Mann des Verfassungsschutzes mit Bargeldbeträgen für seine Spitzeldienste entlohnt wurde. Ob der Senat dieser Argumentation folgt und Tino Brandt erneut als Zeugen laden wird, gilt allerdings als fraglich.