NSU-Prozess


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293. Verhandlungstag, 30.6.2016 Keine konkrete Erinnerung?

Carsten S. hat den Mitangeklagten Ralf Wohlleben im Prozess bisher schwer belastet. In einer früheren Vernehmung klang dies aber noch anders - zumindest je nach Betrachtung.

Von: Julian von Löwis

Stand: 30.06.2016 | Archiv

Julian von Löwis | Bild: BR

30 Juni

Donnerstag, 30. Juni 2016

"Ich kann mich nicht einmal mehr konkret daran erinnern, dass ich das Geld von Wohlleben bekommen habe."

Carsten S. in einer Vernehmung durch das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundesanwaltschaft im Februar 2012

Carsten S. hat bisher als einziger Angeklagter im Münchner NSU-Prozess vollumfänglich ausgesagt, er gilt für viele daher als Kronzeuge der Anklage. Denn er hat Wohlleben schwer belastet. Wohlleben soll die Beschaffung der mutmaßlichen Hauptmordwaffe des NSU bei S. in Auftrag gegeben haben. Das bestätigte S. so vor Gericht.

War sich S. in der damaligen Vernehmung darüber aber noch nicht sicher? Oder lag es an der Art und Weise wie die Ermittler ihn danach fragten? Das Protokoll jener Befragung ist an dieser Stelle nicht ganz sauber geführt. Da heißt es nur "Antwort auf Frage", die Frage selbst wurde aber nicht aufgeschrieben.

Heute im Zeugenstand saß der damalige Personensachbearbeiter von S. Der BKA-Beamte war nach eigener Aussage bei allen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren gegen den Mitangeklagten von Beate Zschäpe dabei. Er hat auch das Protokoll geführt. Wie genau die Frage gestellt wurde, wusste er aber nicht mehr.

S. tritt souverän auf

Nachdem Richter Manfred Götzl, die Verteidigung von Ralf Wohlleben und die Anwälte von Carsten S. nach etwa zwei Stunden keine weiteren Fragen mehr an den Zeugen hatten, ergriff S. das Wort und stellte dem Ermittler selbst eine Frage: "Habe ich das jemals zur Disposition gestellt, ob ich das Geld von Wohlleben bekommen habe?" Dies kann als unmissverständliches Signal dafür verstanden werden, dass S. zum heutigen Zeitpunkt keinen Zweifel daran hat, das Geld von Wohlleben bekommen zu haben. "Wie haben Sie das Geld erhalten", so könnte die Frage damals formuliert gewesen sein, sagte S. später auf Nachfrage des Richters.

Was zählt, ist die Hauptverhandlung

Was S. in jener Vernehmen nun genau gemeint haben könnte, bleibt interpretierbar: Entweder konnte er sich damals an eine Geldübergabe nicht wirklich erinnern oder er wusste nur nicht mehr, wie sie im Detail abgelaufen ist. Das was für das Gericht am Ende wohl am meisten zählen wird, ist die Aussage von S. in der Hauptverhandlung. Und da hat er Wohlleben eindeutig belastet. Ob seine Glaubwürdigkeit heute Schaden genommen hat, muss das Gericht in seinem Urteil bewerten.


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