NSU-Prozess


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303. Verhandlungstag, 27.7.2016 Urlaubs-Schnappschuss mit Folgen

Der Angeklagte Holger G. traf das untergetauchte Terrortrio in den Ferien. Das belegt ein Urlaubsfoto, wie der 303. Verhandlungstag des NSU-Prozesses erwies. G. hatte das bisher nicht eingeräumt.

Von: Tim Aßmann

Stand: 27.07.2016 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR/Tim Aßmann

27 Juli

Mittwoch, 27. Juli 2016

Die Nahaufnahme zeigt einen jungen Mann mit Baseballkappe und Sonnenbrille, der direkt in die Kamera schaut. Als Prozessbeobachter meint man in jenem Mann sofort den Angeklagten Holger G. zu erkennen, aber das Gericht wollte es am 303. Verhandlungstag ganz genau wissen und hatte eine Sachverständige des Bundeskriminalamts als Zeugin geladen. Die Expertin hatte die Aufnahme des Unbekannten mit Sonnenbrille mit polizeilichen Fotos des Angeklagten G. verglichen und erläuterte nun im Gerichtssaal ausführlich eine ganze Reihe von übereinstimmenden Gesichtsmerkmalen. Das Fazit der Sachverständigen: Der Mann mit Sonnenbrille sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" Holger G. Nur ein Vergleich mit einem Zwillingsbruder von G. hätte aus Sicht der Expertin zu einem ähnlichen Untersuchungsergebnis führen können.

Kein guter Tag für Holger G.

Holger G. im Gerichtssaal

Kurz danach wurde dann eine ganze Reihe von Urlaubsbildern des NSU-Trios an die Wände des Gerichtssaals projiziert. Die Bilder wurden in einem Sommerurlaub von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gemacht. Sie zeigen die Drei auf einem Campingplatz und auch bei mindestens einem Ausflug in die Umgebung. Dabei entstand offensichtlich auch die Aufnahme von Holger G. Sie ist unter den Urlaubsfotos, die aus dem Jahr 2006 stammen. Damals hatte der NSU - der Anklage zufolge - bereits neun Morde begangen. Holger G. will sich nach eigenen Angaben aus der Neonazi-Szene damals bereits gelöst haben. Dass er seine  Jenaer Freunde Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe auch nach seinem angeblichen Szene-Ausstieg traf, hat G. eingeräumt. Von dem Urlaubstreffen allerdings hat er bisher nichts berichtet.

Gericht räumt weiter Anträge ab

Der Staatsschutzsenat nutzte den Verhandlungstag auch, um eine ganze Reihe von Beweisanträgen abzuschmettern. Unter anderem hatte die Nebenklage verlangt, jenen Verfassungsschützer als Zeugen zu laden, der Ende 2011 die Vernichtung von Akten zur rechten Szene angeordnet hatte - kurz nach Auffliegen des NSU. Der ehemalige Verfassungsschützer mit dem Decknamen "Lothar Lingen" wird aber nicht als Zeuge in den Münchner Gerichtssaal kommen müssen. Seine Befragung sei für die Aufklärung der angeklagten Straftaten nicht von Bedeutung, entschied das Gericht.


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