370. Verhandlungstag, 29.6.2017 Bald Plädoyers? Reine Spekulation
Jetzt wissen wir es auch ganz offiziell: der NSU-Prozess befindet sich in der Endphase. Dieser Satz des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl, geäußert am heutigen Verhandlungstag, ist ein Signal. Wirklich?
29. Juni
Donnerstag, 29. Juni 2017
370 Prozess-Tage lang wird in München schon gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte verhandelt - gegen Zschäpe wegen Mittäterschaft bei zehn NSU-Morden, gegen die anderen wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
Anträge verzögern Ende des Verfahrens
Tageszusammenfassung
Götzl will den Zeitdruck erhöhen, verweist darauf, dass nach über vierjähriger Dauer dem Beschleunigungsgebot besondere Bedeutung zukomme. Und gleichzeitig ist er machtlos gegen die immer noch nicht enden wollende Zahl von Anträgen, die von den drei Altverteidigern Zschäpes und vor allem von den Anwälten des Mitangeklagten Wohlleben gestellt werden. Ziel der meisten Anträge: dessen Unschuld und Friedfertigkeit zu beweisen.
Kommt noch ein vierter Gutachter?
Am 5. Juli folgt Verhandlungstag 371. An diesem Tag könnte es sein, dass Zschäpe auf Fragen des Gerichts zu ihrer Wohnsituation in der Zwickauer Heisenbergstraße in den Jahren 2000 und 2001 antwortet bzw. - wenn überhaupt - antworten lässt. Fraglich ist deshalb, ob Zschäpes in Ungnade gefallene Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm noch dazu kommen werden, am selben Tag ausführlich zu begründen, warum sie einen weiteren psychiatrischen Gutachter zur Beurteilung der Hauptangeklagten einschalten wollen.
Berichte über einen baldigen Beginn der Plädoyers in diesem XXL-Verfahren sind deshalb reine Mutmaßungen. Und so rückt auch der Tag der Urteilsverkündung wieder in weitere Ferne. Der Prozess wird sich in jedem Fall bis in den Herbst hineinziehen, selbst wenn die Vertreter des Generalbundesanwalts ihre Schlussrede noch vor den Sommerferien halten sollten. Heute haben die Wohlleben-Verteidiger übrigens einen neuen Befangenheitsantrag gegen Richter Götzl und seine vier Kollegen im Strafsenat gestellt.