NSU-Prozess


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378. Verhandlungstag, 31.7.2017 Aus dem Schatten ins Licht

Vierter Tag des Schlussvortrages der Bundesanwaltschaft. Erstmals geht es darin um die mitangeklagten Helfer von Beate Zschäpe. Zwei von ihnen wirft die Bundesanwaltschaft Beihilfe zum Mord in jeweils neun Fällen vor.

Von: Christoph Arnowski

Stand: 31.07.2017 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

31 Juli

Montag, 31. Juli 2017

Die Bundesanwaltschaft könnte es sich eigentlich leicht machen. Denn Carsten S. hat unmittelbar nach seiner Festnahme und dann nochmal in der Hauptverhandlung selbst ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Und dabei den Mitangeklagten Ralf Wohlleben und sich selbst schwer belastet. Dem Geständnis zufolge hat S. zusammen mit Ralf Wohlleben die Ceska-Pistole beschafft, mit der Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in den Jahren 2000 bis 2006 neun Migranten ermordeten. Damit haben sie, folgt man der Anklage, Beihilfe zum Mord in neun Fällen geleistet.

Zwei ganz unterschiedliche Angeklagte

Carsten S. hielt laut Bundesanwaltschaft nach dem Untertauchen von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos seit August 1998 Kontakt zu den dreien. Und zwar im Auftrag von Ralf Wohlleben. Als das Trio telefonisch bei S. eine Waffenlieferung in Auftrag gab, übermittelte er den Wunsch an Wohlleben. Und bekam von diesem Auftrag und Geld, die Waffe in einem Jenaer Szeneladen zu besorgen. Was er auch tat. Anschließend zeigte er Wohlleben die Ceska-Pistole mit Schalldämpfer und übergab sie schließlich Böhnhardt und Mundlos. Trotz dieses Geständnisses verwendet die Bundesanwaltschaft viel Zeit, um diesen einfach erscheinenden Sachverhalt in ihrem Schlussvortrag aufzuarbeiten.

"Echte Reue" und "Wille nach Aufklärung"

Denn sie muss nachweisen, dass Carsten S. auch tatsächliche die Mordwaffe geliefert hat, und nicht irgend eine andere, wie Wohlleben behauptet.  "Ohne das Geständnis von Carsten S.", würden Wohlleben und S. selbst nicht auf der Anklagebank dieses Prozesses sitzen, würdigt Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten die Angaben, die S. nach "bestem Wissen und Gewissen" gemacht habe, getrieben von "echter Reue" und dem "Willen, an der Aufklärung der Verbrechen" mitzuwirken. Die Verteidiger von Wohlleben schütteln bei solchen Sätzen den Kopf. Besonders ärgern dürfte Anwalt Olaf Klemke die Bemerkung, dass sein Versuch, die Glaubwürdigkeit von Carsten S. zu erschüttern, "kolossal gescheitert" sei. Die Anklagebehörde macht ganz nebenbei deutlich, dass ihrer Überzeugung nach zwar beide Angeklagten wegen Beihilfe zum Mord zu verurteilen seien, sie am Ende ihrer Plädoyers aber ganz unterschiedliche Strafen fordern wird.

Es geht um jede Kleinigkeit

Allein verlassen kann und will sich die Bundesanwaltschaft auf die Angaben von Carsten S. sowieso nicht. So bestreitet dieser beispielsweise, dass er eine Pistole mit Schalldämpfer besorgen sollte. Mit oder ohne Schalldämpfer, wo ist da der Unterschied? Aus Sicht der Bundesanwaltschaft lässt die Bestellung mit Schalldämpfer den Rückschluss zu, dass der NSU von Anfang eine ganze Mordserie plante. Mit dem Schalldämpfer habe die Terrororganisation sicherstellen wollen, an den Tatorten durch Schussgeräusche nicht aufzufallen.

Um alle möglichen Zweifel von vorneherein auszuräumen, zeichnet die Anklagebehörde den ganzen Weg der Pistole von einem Waffengeschäft in der Schweiz über mehrere Mittelmänner der rechten Szene bis zu Ralf Wohlleben, Carsten S., Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nach. Und steht in einigen Momenten vor der Schwierigkeit, plausibel zu erklären, warum sie manche Angaben der Vorbesitzer, die zum Teil jahrelang gelogen hatten, in bestimmten Punkten am Ende doch für glaubwürdig hält.

Komplizierte Beweisführung

Das macht diesen Teil des Schlussvortrages kompliziert in der Beweisführung. Auch das ein Grund, warum die Bundesanwaltschaft bereits angekündigt hat, sich auch am morgigen letzten Tag vor der Sommerpause nur mit der Rolle von Wohlleben und Carsten S. zu beschäftigen.


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