NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 163. Tag "Da kommt nichts mehr"

Der Angeklagte Carsten S. musste sich im Münchner Prozess erneut Fragen stellen. War seine Rolle bei der NSU-Unterstützung umfangreicher, als er selbst einräumt? Carsten S. verwies auf Erinnerungslücken.

Von: Tim Aßmann

Stand: 25.11.2014 | Archiv

Archivbild: Der Angeklagte Carsten S. betritt den Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München | Bild: picture-alliance/dpa

S. ist der einzige Angeklagte, der bisher im Prozess umfangreich Angaben gemacht hat. Er räumte ein, im Auftrag des Angeklagten Wohlleben eine Pistole mit Schalldämpfer gekauft und an Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt übergeben zu haben. Carsten S. gab bei seiner ersten Befragung auch zu, den Kontakt zum untergetauchten Trio aus Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe gehalten zu haben.

Der Neonazi-Führer und V-Mann Tino Brandt hatte dem Verfassungsschutz Ende der 1990er-Jahre auch berichtet, Carsten S. habe mit ihm über die Unterstützung für das Trio gesprochen, Spenden für die Drei überwiesen und auch nach Helfern für eine mögliche Flucht von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gesucht. Carsten S. schloss nun auf Nachfrage weitgehend aus, dass die Informationen von Brandt richtig sein könnten. "Da kommt keine Erinnerung mehr", sagte Carsten S. mehrfach.

Mutmaßlicher Waffenlieferant streitet alles ab

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Zuvor hatte sich das Gericht erneut damit beschäftigt, wie die mutmaßliche Haupttatwaffe des NSU, eine Ceska 83, aus der Schweiz nach Deutschland gelangte. Die Anklage geht davon aus, dass die Pistole mit einem Waffenerwerbsschein von einem Mittelsmann legal erworben wurde und dann vom Schweizer Hans-Ulrich M. unter Vermittlung eines Freundes nach Jena verkauft wurde.

Hans-Ulrich M. weigerte sich, als Zeuge zum Prozess nach München zu kommen, obwohl das Oberlandesgericht ihm freies Geleit zugesichert hatte. Deshalb wurde er in der Schweiz befragt und das 23-seitige Protokoll nun in der Hauptverhandlung verlesen. Ergebnis: Müller bestreitet jede Verwicklung. Er räumte zwar ein, in den 1980er- und 1990er-Jahren selbst zahlreiche Waffen besessen und die zum Teil auch legal weiter verkauft zu haben. Mit der betreffenden Waffe will M. aber nichts zu tun gehabt haben.

Er gibt an, nie einen Waffenerwerbsschein von dem Mittelsmann gekauft zu haben, der ihn aber schwer belastet hat. Auch sein Freund Enrico T. aus Jena, der das Bindeglied zu den dortigen Verkäufern der Waffe gewesen sein soll, habe mit der ganzen Geschichte nichts zu tun, behauptete Hans-Ulrich M. bei seiner Vernehmung in der Schweiz.

Zeuge unter Druck gesetzt?

Um Enrico T. ging es auch bei einer weiteren Zeugenvernehmung dieses Verhandlungstages. Oberstaatsanwalt Weingarten, der im Verfahren zum Team der Bundesanwaltschaft gehört, musste sich den Fragen des Gerichts und von Teilen der Verteidigung stellen. Weingarten hatte Enrico T. vernommen und die Umstände dieser Befragung waren nun Thema.

Ein Polizeibeamter, der damals dabei war, hatte als Zeuge im Prozess geschildert, die "Vernehmungsatmosphäre" sei "angepasst worden". Wurde Enrico T. übermäßig unter Druck gesetzt? Darauf ergab die Befragung von Oberstaatsanwalt Weingarten keine Hinweise. Weingarten schilderte, er habe bei der Vernehmung deutlich gemacht, dass T. die Wahrheit sagen müsse und dabei auch mal die "Hand auf den Tisch fallen lassen".


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