Mollath-Gutachten "Kompromisslos, penetrant, rigide und misstrauisch"
Gustl Mollath muss nach einem aktuellen Gutachten nicht zurück in die Psychiatrie. Es gehe keine Gefahr von ihm aus, sagt Forensiker Nedopil. Er rechtfertigt aber alte Expertisen, nach denen Mollath zwangsweise in der Klinik saß.
Dritter Teilerfolg für Gustl Mollath: Der 57-Jährige stellt nach Angaben eines psychiatrischen Sachverständigen keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit dar. Eine erneute Zwangseinweisung in die Psychiatrie hält Professor Norbert Nedopil für nicht angemessen.
"Eine psychische Störung ist nicht nachweisbar."
Psychiater Norbert Nedopil
Gutachter: Wahrscheinlich schuldfähig
2006 in Psychiatrie eingewiesen
Der 57-Jährige muss sich wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten. Er soll 2001 seine damalige Ehefrau körperlich misshandelt und eingesperrt haben. Zudem soll er Dutzende Autoreifen zerstochen haben. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath 2006 von den Vorwürfen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, ihn aber in die Psychiatrie eingewiesen. Der Fall hatte eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgelöst.
Der Angeklagte habe außer den vorgeworfenen Taten keinerlei wahnhafte Handlungen gezeigt. Nach dem jetzigen Gutachten ist Mollath auch schuldfähig, betonte der forensische Experte aus München am Freitag (25.07.14) vor dem Landgericht Regensburg. Zuvor waren bereits die Misshandlungen seiner Ehefrau und die Reifenstechereien von Gutachtern als nicht beweisbar eingestuft worden. Trotzdem ist Gustl Mollath unzufrieden. Er erhofft sich eine komplette Rehabilitation.
Mollath verweigerte Zusammenarbeit mit Gutachter
Der vom Regensburger Gericht für das Wiederaufnahmeverfahren bestellte Experte erläuterte zudem, dass der von seinen Kollegen einst formulierte Verdacht einer wahnhaften Störung nicht abwegig gewesen sei. Es hätte aber weitere Untersuchungen geben müssen, betonte Nedopil. Er konnte sich nur auf die Akten und die Eindrücke in dem Prozess stützen, da Mollath die Zusammenarbeit verweigert. Nedopil schätzte den Angeklagten als kompromisslos, penetrant, rigide und misstrauisch ein. Zudem sah er Zeichen von mangelnder Flexibilität, Rechthaberei und Selbstüberschätzung. Dies seien zwar Faktoren, aus denen sich eine Persönlichkeitsstörung entwickeln könnte. Für eine solche Diagnose sei jedoch eine umfangreiche Begutachtung unter Mithilfe Mollaths nötig, welche dieser aber verweigere.
Der Gutachter schilderte mehrere Merkmale von Mollaths Persönlichkeit, die er auch in der Verhandlung beobachtet habe und die das bestätigten, was frühere Gutachter über Mollath festgestellt haben. So überschätze Mollath sich selbst, sei wenig flexibel und egozentrisch. Er könne zwar vorübergehend kompromissbereit sein, sei aber bei seinen Vorstellungen unnachgiebig. Das habe man im Konflikt mit seinen zahlreichen Verteidigern beobachten können. Dieses Verhalten könne man im positiven Sinne als konsequent oder beharrlich bezeichnen, im negativen Sinne aber eben auch als stur. Mollaths Überzeugungen hätten zwar einen realen Kern, stimmten mit der Realität aber nicht überein.
Unterschied: Reifenstechereien und Körperverletzung
Der psychiatrische Gutachter Norbert Nedopil hält Gustl Mollath im Fall der möglichen Reifenstecherein für schuldfähig. Die Annahme einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit sei nicht zu belegen, sagte der Gutachter. Er glaube nicht, dass die Reifenstechereien auf einen Wahn zurückzuführen seien. "Er hat ja eine berechtigte Wut gehabt", sagte Nedopil. Im Fall der Körperverletzungs-Vorwürfe ist sein Votum nicht ganz eindeutig. Nedopil hält Mollath auch hier für wahrscheinlich schuldfähig. "Die Aufhebung der Steuerungsfähigkeit kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber sehr unwahrscheinlich", so der Gutachter.
Verteidigung sieht Gutachten kritisch
Was bisher geschah
Die Verteidigung bewertete das Gutachten als den Versuch, jeder Seite gerecht zu werden. "Das wird es aber nicht, vor allem nicht Gustl Mollath", sagte Rechtsanwalt Gerhard Strate. Die Expertise werde nur der Zunft der Psychiater gerecht, die nicht kritisch beurteilt werde. Ohnehin werde die Psychiatrie überschätzt. "Die Psychiater sind das Unheil im Schicksal von Herrn Mollath. Sie haben ihn zugrunde gerichtet", sagte Strate.
Mollath nahm das Gutachten empört zur Kenntnis. Er glaube, dass der Experte "lediglich seine Kollegen schützen will". Das Bild, dass Gutachter Nedopil von ihm zeichne, sei hauptsächlich von Aussagen seiner Ex-Frau und deren Umfeld geprägt. Auf die Frage, ob es für den Gutachter nachvollziehbar sei, dass sich Mollath nicht untersuchen lassen wollte, sagte Nedopil: "Nein, weil ich auch eine kritische Sicht auf die eigene Zunft habe." Bei einer angenommenen falschen Diagnose sei schließlich ein Fachmann der einzige, der einen aus der Psychiatrie herausholen könne. Mollaths weitere, zahlreiche Nachfragen unterbrach schließlich das Gericht als nicht zulässig.
"Herr Nedopil hat falsche Eindrücke gewonnen. Ich könnte sie ausräumen, darf es aber nicht."
Gustl Mollath
Plädoyers wahrscheinlich am 8. August
Der Prozess wird an diesem Montag fortgesetzt. Bislang hat das Gericht keine weiteren Zeugen geladen, will aber über einige Beweisanträge entscheiden und weitere Schriftstücke verlesen. Nach derzeitigem Stand könnten am 8. August die Plädoyers gehalten werden. Das Urteil wird dann in der darauffolgenden Woche erwartet.
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Wird wahrscheinlich wieder zensiert, Bayern halt, Freitag, 25.Juli 2014, 20:14 Uhr
24. Stur oder nur nicht konform genug?
Oh ja, nicht verwunderlich. Wer nicht mitspielt, in dem Reigen der Mächtigen und selbsternannten Experten, gilt als Verweigerer. Da wird es zur objektiven Tatsache, dass jemand stur ist, und die Freiheit einfach nur für sich selbst einzustehen, wie man ist und wie man denkt, die gibt es nicht mehr. Denn Experten wissen es immer besser, auch in Abwesenheit von Fakten. Habe ich bei Ärzten oft genug erlebt. Dabei waren selbst-auferlegte Scheuklappen, mangelndes Fachwissen, die Nicht-Bereitschaft etwas nachzulesen um das Wissen zu erweitern und vor allem die Unterstellung irgendwelcher negativen Motive die vermutet wurden. Letztlich das Resultat eines schwachen Egos der Entscheider, der Experten, die ein Nein, ein Andersein der Welt im Vergleich zu ihrem Bild der Welt, nicht ertragen können und keinerlei Bereitschaft zeigen ihr Weltbild zu erweitern. Stattdessen wird das Gegenüber beschuldigt absichtlich gegen alle Vernunft zu handeln. Meist unhaltbar und durch weitere Experten auch offenbar. In diesem Fall, wäre ich an Stelle des Angeklagten, nach immerhin 7 Jahren, aber auch nicht mehr zur Zusammenarbeit bereit. Zu groß ist das Risiko, dass die eigen Persönlichkeit nur an dem Maßstab eines einzelnen anderen Menschen bemessen wird.
Heinrich, Freitag, 25.Juli 2014, 20:05 Uhr
23. Das passt
Mit dem Gutachten ist keine Entschädigung für die evtl. falsche Unterbringung in der Klinik zu bezahlen. Das Vorgericht ist auch aus dem Schneider, und die Politik hat das Gesicht gewahrt. Mollath wird vielleicht verknackt, muss aber sicher wegen der bisherigen Unterbringung nicht ins Gefängnis. Außer Mollath gewinnen eigentlich alle. Ja, wir in Bayern finden halt immer eine Lösung. Und irgendwann, irgendwann auch die Wahrheit.
Guten Abend.
volkmar, Freitag, 25.Juli 2014, 19:48 Uhr
22. Peinliches, pseudowissenschaftliches Gutachen - übel!
"Nedopil schätzte den Angeklagten als kompromisslos, penetrant, rigide und misstrauisch ein. Zudem sah er Zeichen von mangelnder Flexibilität, Rechthaberei und Selbstüberschätzung. Dies seien zwar Faktoren, aus denen sich eine Persönlichkeitsstörung entwickeln könnte. "
Hmmm ... das trifft auch auf Politiker wie Wowereit und Beck zu wie auch dem Verantwortlichen des Elbphilharmonie-Desasters. Solches sagt man auch manchem Lehrer nach. Sind die alle psychisch gestört? Wenn ich mich recht erinnere, zeigte der Richter bei der damaligen Verhandlung ebenfalls solche Verhaltensauffälligkeiten. Und G. W. Bush? Lassen wir es, ich glaube, auch ich bin dann psychisch krank ...
Letztlich ist dieses Ergebnis blanker Unfug! Schlimm, dass da jemand wissenschaftlich auftritt, aber (genau wie der damalige Psychologe) Kardinalfehler in der Analyse macht.
Klar will dieser Psychologe kein Nestbeschmutzer sein und windet sich so heraus. Mein Tipp: Mal die Ex-Frau analysieren. Mal sehen, wie krank sie war/ist!
Pandora, Freitag, 25.Juli 2014, 19:45 Uhr
21.
"So überschätze Mollath sich selbst, sei wenig flexibel und egozentrisch."
Na und? Das sind ganz normale Persönlichkeitseigenschaften.
Frau Merkel ist auch extrem unflexibel.
Maria Schön, Freitag, 25.Juli 2014, 19:40 Uhr
20. Rechtfertigung eines Verbrechens
So was spielt sich in einer ''zivilisierten Gesellschaft'' ab. Unglaublich.