Energiewirtschaft contra Bund Naturschutz Debatte um neue Leitungen
Der Stromnetzbetreiber Tennet macht einen Neuanfang für die Umsetzung der beiden so genannten "Stromautobahnen" durch Bayern. Geldmacherei, so der Bund Naturschutz - worauf die Bayerische Energiewirtschaft mit dem Hinweis auf den gesetzlichen Auftrag kontert.
Der Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) wirft dem Bund Naturschutz in der Diskussion um die Gleichstromtrassen durch Bayern eine ideologisch geprägte Diskussion mit falschen Argumenten vor. "Wenn wir so weiter machen und jeder nur Nebelkerzen wirft, wird unser Standort Bayern schweren Schaden nehmen", so VBEW-Geschäftsführer Detlef Fischer zum BR. Der Vorwurf an die Netzbetreiber, sich an den Leitungen zu bereichern, sei absurd.
"Früher hat man diesen Netzbetreibern vorgeworfen, sie hätten ihr Netz zu spät ausgebaut. Jetzt wirft man ihnen Geschäftemacherei vor. Das entbehrt jeglicher Grundlage. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen diese Leitungen bauen. Das ist ihr gesetzlicher Auftrag."
Detlef Fischer, VBEW-Geschäftsführer
Einen hochentwickelten Industriestaat wie Bayern rein dezentral und erneuerbar zu versorgen, sei nicht möglich. Dann müsste man laut VBEW in großem Umfang auf Erdgaskraftwerke zurückgreifen, die ja ebenfalls keinen CO2-freien Strom herstellen.
Tennet informiert Abgeordnete
Um zwei neue Trassen geht es: "Südlink" aus Schleswig-Holstein nach Grafenrheinfeld nahe Schweinfurt und "Südostlink" aus Sachsen-Anhalt nach Landshut. Beide werden ganz neu geplant – und diesmal will Tennet komplett auf Hochspannungsmasten verzichten und jeden Kilometer als Erdkabel verlegen.
Eine viel teurere Lösung, von der sich Tennet aber auch mehr Akzeptanz verspricht. Was Abgeordnete in Landtag und Bundestag heute Abend vorgestellt bekommen, ist aber nicht ein endgültiger Strich auf der Landkarte, sondern eher ein Bündel möglicher Korridore, die in den kommenden Monaten weiter diskutiert werden.
Auch bei der Bürgerbeteiligung soll es ja einen Neustart geben. Wie genau soll Südostlink durch Oberfranken, die Oberpfalz und Niederbayern verlaufen – wie kommt das Erdkabel etwa an den Gebirgszügen des Fichtelgebirges vorbei, wie durch den Großraum Regensburg? Wird Südlink bei Grafenrheinfeld nur ein Abzweig oder eine Durchgangsstation mit Kabeln in zwei Richtungen? Das sind einige der Knackpunkte. Während die Staatsregierung die Erdkabel jetzt zügig durchsetzen will, haben sich die Initiativen der Trassengegner schon im Vorfeld positioniert: Sie wollen alle Varianten verhindern – und gar keine neuen Leitungen.
Skepsis beim BUND Naturschutz
"Erdkabel – das klingt alles sehr harmlos. Jeder glaubt, das ist eine größere Leitungstrasse, die man irgendwo verbuddelt – und damit aus dem Auge, aus dem Sinn. Aber die Erdkabel für diese Höchstspannungsleitungen sind gewaltige Eingriffe in Natur und Landschaft. Aber es gibt in unseren Augen viel Entscheidenderes, als die Frage ober- oder unterirdisch. Nämlich: Braucht es überhaupt diese Leitungen in diesem Umfang? Gibt es keine Alternativen?"
Hubert Weiger, Vorsitzender BUND Naturschutz im B5 Thema des Tages
"Kabel belasten Mensch, Natur und Landschaft"
Der forschungspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Albert Rupprecht, bewertet es grundsätzlich positiv, dass die geplanten Stromtrassen in Bayern unterirdisch verlaufen sollen. Im Bayerischen Rundfunk (Bayern 2, radioWelt am Morgen) sagte Rupprecht dennoch: "Da braucht man gar nichts zu beschönigen. Welche Kabel, ob oberirdisch, unterirdisch und wo sie immer auch verlaufen, sie belasten Menschen, Natur und Landschaft vor Ort."
"Aber natürlich ist es so, dass im Grundsatz erdverkabelte Leitungen weniger belasten, heißt aber nicht zwingend in allen Abschnitten. Man kann sich durchaus vorstellen, dass es in einem entfernten Waldgebiet vielleicht auch sinnvoller sein könnte, statt die Erde aufzubuddeln, alle Bäume abzuholzen, dass man dort auch versucht, Freileitungen zu verlegen. Das müsste dann vor Ort, in der Diskussion mit den Bürgern in den nächsten Jahren diskutiert und entschieden werden."
Albert Rupprecht, forschungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion
"Kosten nicht dramatisch hoch"
Zu den Kosten der Erdverkabelung sagte Rupprecht: "Die Zahl, die im Raum steht, sind neun Milliarden Euro. Zur Relativierung gehört aber dazu, dass diese neun Milliarden natürlich eine Investition sind für 50, 60 Jahre. Deswegen muss man die Ausgaben auf die Jahre verteilen und sie sind im Gesamtpaket der Energiewende dann zwar ein relevanter Betrag, aber gemessen an anderen Positionen kein dramatisch großer Betrag." Rupprecht machte auch seinem Ärger über die Trassenverlegung Luft: "Die Verlegung von vormals Gundremmingen jetzt nach Landshut ist eine glatte Fehlentscheidung. Und deswegen sind die Bürger in meinem Wahlkreis natürlich verärgert, weil es sachlich nicht belastbar ist."
Grüne: Unter Umständen doch Freilandleitungen
Die Grünen im bayerischen Landtag kritisierten den persönlichen Widerstand von Ministerpräsident Seehofer gegen Gleichstrom-Trassen bis hin zur Blockadeankündigung. Dies habe den notwendigen Leitungsausbau um zwei Jahre verzögert, so Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Bei der jetzt angekündigten kompletten Erdverlegung aller Leitungen durch Bayern müsse dennoch wegen des drohenden Widerstands vor Ort entschieden werden, ob nicht Freilandleitungen auch eine Alternative sein können.
Das von Freien Wählern und Naturschützern geforderte dezentrale Leitungsnetz sei aber keine Alternative zu den Gleichstromtrassen für die Windenergie aus dem Norden.
Vorrang für Erdkabel
Alles ist bei der Planung von Südostlink jetzt auf Anfang – ein neues Gesetz schreibt den Vorrang für Erdkabel vor – und Tennet will es mehr als gründlich ausführen. Kein einziger Kilometer Hochspannungsleitung ist mehr enthalten in den Plänen, die Abgeordnete aus Landtag und Bundestag heute Abend vorgelegt bekommen. Die Bündelung mit der existierenden Hochspannungsleitung Ostbayernring war ja schon seit dem Sommer vom Tisch.
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Gabi, Dienstag, 27.September 2016, 17:42 Uhr
21. Dezentrale Stromversorgung
ist keine Alternative, weil man in Bayern sich die Landschaft nicht verspargeln will. Die Verschandelung durch Skilifte spielt keine Rolle. Wir in Franken sollen den Strom produzieren und den Transport dann auch noch mitbezahlen. Wieso kann man die Leute bei Neubauten nicht verpflichten, eine bestimmte Speichermöglichkeit für Strom als Puffer vorzusehen. Unsere Bauern haben doch alle Dächer mit Photovoltaik eingedeckt. Es sollte doch genug Strom vor Ort sein.
Caleo, Dienstag, 27.September 2016, 16:23 Uhr
20. Rupprecht: Bayerische Kirchturmpolitik par excellence
Zwar wirbt er für die Trassen, aber in seinen Wahlkreis sind sie den Bürgern nicht zuzumuten.
Der Verweis von Frau Kamm auf die opt. Wirkung der 380-kV-Masten bei Gundremmingen ist auch ein Hinweis für die bayerische Kirchturmpolitik. Als in D der Bevölkerung kein AKW mehr zu vermitteln war, hat Bayern sich "geopfert" (Widerstand bei bayer. "Hinlangen" zwecklos). Der Strom war für das noch blühende Ruhrgebiet bestimmt, bis heute ist RWE zu 50 % an diesem AKW beteiligt. Der Standort direkt an der württ. Grenze war daher geschickt gewählt: Zum einen ist Bayern quasi nur zur Hälfte betroffen, zum anderen mußten die Leitungen nach Nordwesten im Süden ausschließlich quer durch BW geführt werden. Via Umspannwerk Niederstotzingen schon in BW sind dies 3 (!) Hoch- u. Höchstspannungsleitungen.
Die gleiche Taktik wird im Moment wieder verfolgt: Statt den direkten Weg zu nehmen, soll Südlink weite Strecken durch BW führen und Grafenrheinfeld durch eine kurze Querverbindung angebunden werden
Antwort von Grafenrheinfeld, Dienstag, 27.September, 23:41 Uhr
Bitte sachlich richtig bleiben. Frau Kamm hat schon mal nichts, aber rein gar nichts verstanden. Caleo, liest du auch die Antworten zu Kamms Fabelgeschichten?
Und was hat Großgartach in B.W. mit Grafenrheinfeld zubtun? Suedlink hat zwei Stränge, die laufen weitestgehend parallel. Wenn man schon die Badics nicht kennt, sollte man sich mit Äußerungen zurückhalten.
Peter Gornig, Dienstag, 27.September 2016, 07:57 Uhr
19. Stromversorgung
Zwei Mal heißt es im Text, dass dezentrale Stromversorgung keine Alternative ist. Aber warum wird, außer mit einem schwammigen Verweis auf Gasenergie nicht erörtert. Vielleicht weil komplett dezentrale Versorgung über die unterschiedlichsten Medien, das Existenzrecht der Stromkonzerne untergraben würde?
Antwort von frank, Dienstag, 27.September, 10:01 Uhr
Genauso ist es.
Christine Kamm, Montag, 26.September 2016, 19:48 Uhr
18. Südlink und Südostpassage
die 380kv-Wechselstromleitungen, die damalsmit dem Bau der Atomkraftwerke Gundremmingen errichtet wurden, sind ein weit massiverer Landschafts- und Umwelteingriff, als dei neu geplanten HGÜ-Leitungen, Kann es sein, dass viele derjenigen, die die Stromleitungen bekämpfen, die Windenergie nicht nach Süden transportieren wollen und auf eine Verlängerung der Laufzeit der Uraltatomkraftwerke hoffen?
Antwort von Raimund Fell, Montag, 26.September, 20:35 Uhr
Christine Kamm, kann es sein, dass Sie von den Trassengegnern ein etwas verzerrtes Weltbild haben. Kann es außerdem sein, dass es sehr peinlich ist für eine Grüne Landtagsabgeordnete, so wenig Fachwissen zum geplanten Leitungsbau mitzubringen. Kann es zudem sein, dass Sie im familiären Umfeld etwas negativ beeinflusst werden, z.B. von Detlef Fischer? Ihr man trägt zumindest die gleichen peinlichen Krawatten.
Antwort von Dörte Hamann, Montag, 26.September, 21:33 Uhr
Nein, Frau Kamm, das kann nicht sein. Ich bin sehr erstaunt und enttäuscht, dass sogar die oder andere Atomkraftgegnerin auf die billigen Windstrommärchen der Energiekonzerne hereinfällt. Wie kann es sein, dass einige in Kreisen der Grünen (es lebe die Basis, die es besser weiß!) nicht verstehen will, dass die geplanten HGÜ-Trassen (ebenso wie die zahlreichen durchaus gesundheitsschädlichen Wechselstromtrassen, die dadurch bedingt sind) als europäische Projekte noch über Jahrzehnte den Atomstrom aus dem Ausland transportieren sollen. Dies war durch die Atomlobby von vorneherein so geplant, nur deshalb kam´s zum geschmeidigen Atomausstieg in Deutschland. Es ist kein Ruhmesblatt, wenn Sie offensichtlich nicht einmal Kenntnis von den Plänen der Europäischen Energieunion haben. Oder interessiert Sie allein das Atomkraftwerk vor Ihrer Haustür?
Zum Glück haben wir in den Reihen der Trassengegner zahlreiche Atomkraftgegner, die das System der Energiekonzerne verstanden haben.
Dieter Wehe, Montag, 26.September 2016, 17:38 Uhr
17. Bilder über Erdkabel -
Ich kann diese Raesfeld Bilder und das ewige gleich Gejammer bzgl. der Kosten nicht mehr ertragen.
Einfache Rechnung:
SuedLink 4.000.000.000 € / 40.000.000 Haushalte
macht 100 € pro Haushalt.
Verteilt auf 20 Jahre sind das 5 € pro Jahr.
Das bezahlt man im ICE für ‘n Pott Kaffee.
Antwort von Huber, Hannes, Montag, 26.September, 17:51 Uhr
Wieso wird das auf 40 Million Haushalte verteilt? Für das Ansehen von Seehofer und seiner CSU? Ein Geschenk Merkel's? Die dummen sind die Stromkunden.
Antwort von Klaus Endres, Montag, 26.September, 18:46 Uhr
Hallo Herr Huber, genau so ist´s richtig, deswegen ist es allen egal was da passiert. Meine Stromrechnung sieht so aus, dass 40 % der Rechnung für den Strom ausmachen und 60 % für Steuer, EEG Umlage und Netzentgelt ect.. Das sind bereits über 1000 Euro im Jahr. Soviel Kaffee kann ich im IC'E nicht trinken.
Schaun Sie sich Ihre Rechnung an, da merken Sie von ganz alleine welchen Unsinn Sie da von sich geben.
Trotzem freundliche Grüße
Klaus Endres
Antwort von Nur mal so...., Mittwoch, 28.September, 03:02 Uhr
4 Milliarden €? Inzwischen ist man bei geplanten 12 Milliarden. Geplant! Sie sollten sich informieren bevor sie Propaganda machen.