Hörspiel "Am Königsweg" Donald Trump vs. Elfriede Jelinek
Hörspielproduktion als deutsche Erstinszenierung in zwei Varianten: Fassung in drei Teilen und Miniaturfassung
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Am Abend, an dem Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, begann Elfriede Jelinek, ihr Stück Am Königsweg zu schreiben. Vor Trumps Amtseinführung hatte die Autorin eine erste Fassung des Textes abgeschlossen. Der Bayerische Rundfunk realisierte seine Hörspielproduktion Am Königsweg als deutsche Erstinszenierung in zwei Varianten: Eine Fassung in drei Teilen, die in der Gesamtlänge von sechs Stunden den ungekürzten Text ausbreitet, und eine eigenständige, das gesamte Material komprimierende Miniaturfassung, die ebenfalls in drei Teile gegliedert, in 53 Minuten eine Königsweg-Abkürzung anbietet.
Schon die Konstellation hier Elfriede Jelinek, dort Donald Trump verspricht einen Schaukampf: Auf der einen Seite die Literaturnobelpreisträgerin und Dramatikerin, die in ihren Werken ebenso sprachmusikalisch wie -analytisch die Inszenierungen politischer Macht und Verbrechen seziert und offenlegt, auf der anderen Seite ein skrupellos agierender Milliardär, Bauunternehmer und Skandalproduzent, der in einer jähen Wendung jene politische Rolle übernimmt, die ihn zum mächtigsten Mann der Welt werden lässt.
"'Wollen Sie das neueste Orakel hören? Nein, wollen Sie nicht.' So fragt das Orakel und beantwortet die Frage sofort im voreingestellten Gekränktheitsmodus. Dabei wäre es des Orakels vornehmste Aufgabe, Fragen zu beantworten und nicht zu stellen. Aber in Zeiten, in denen jedes Medium seltsam einhellige Antworten ausspuckt, was den König und seinen Weg betrifft ('So einen entsetzlichen Typen hätten wir nie haben wollen, haben Sie sein Gesicht gesehen, sein Haar?'), dürfen wir froh sein, in Elfriede Jelinek eine ebenso gekränkte wie wohlfrisierte Pythia zu kennen, die im Halbdunkel der aufsteigenden Wortdünste erst einmal allen Anwesenden mit dem Blindenstock die Augen aussticht, bevor sie hellsichtig um sich schlägt und dafür sorgt, dass niemand ohne blaue Flecken den Heimweg nach Theben antreten muss: 'Ans Messer trau ich mich noch nicht, das hat schon ganz andre geblendet als mich, bin eher eine Blenderin.' Am besten wird es sein, wir schnitzen uns ein paar Puppen, die an unserer Stelle die Prügel einstecken: Kermit können wir gerade noch erkennen, Homer Simpson, Miss Piggy, Butt-Head ohne Beavis, einen zähen Österreicher und zwei Sehende ohne Augenlicht, die in einer Löwinger-Bühnen-Aufführung der Elektra mitwirken möchten. Und Elfriede samt Jelinek als doppeltes Lottchen. Abgeschmeckt wird mit etwas Gelaber vom allfälligen Stimmvieh, fertig ist das Königsmahl à la Grand Guignol. Ein Kasperltheater also, spezialisiert auf blutrünstige Horrorstoffe. Natürlich ohne auch nur einen natürlichen Inhaltsstoff. Komplett naturidentisch. Selbstevident. Politisch. Das Drama in drei Teilen wird musikalisch je neu eingekleidet: Den Auftakt besorgt Sven-Åke Johansson mit Loops und Lösungen, die man sich beim Urvater der amerikanischen Militärmusik John Philip Sousa geborgt hat; im zweiten Aufzug tragen wir das Blau des amerikanischen Südens, von Elliott Sharp in kaum kenntliche Längen gezogen, bevor es zu einem Blues von Robert Johnson zusammenschnalzt. Den Abschluss im dritten Akt steuert der Chor des Bayerischen Rundfunks und die Akademie für Alte Musik Berlin bei mit dem Königsversteher-Machwerk 'The Occasional Oratorio' von Georg Friedrich Händel, in Bezug gesetzt zu Trumps Inaugurationsfeierlichkeiten."
Karl Bruckmaier
hr2-Hörbuchbestenliste Oktober 2017, 2. Platz
"Die Abrechnung der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek mit Donald Trump hat der BR als Hörspiel in zwei Fassungen von je drei Teilen inszeniert: eine den gesamten Text umfassende Version von gut fünf Stunden und eine Miniaturausgabe von 53 Minuten. Die Hörspielfassungen von Jelineks Stück sind ein stimm- und musikgewaltiges Spektakel - vergnüglich zu hören, trotz des ernsten Themas."
Jurybegründung
Elfriede Jelinek: Am Königsweg
Mit Thomas Albus, Peter Brombacher, Katja Bürkle, Helga Fellerer, Christian Gaul, Mechthild Großmann, Johannes Herrschmann, Christoph Jablonka, Johannes Silberschneider, Kathrin von Steinburg, Sebastian Weber, David Zimmerschied sowie Elfriede Jelinek
Musik: Sven-Åke Johansson, Elliott Sharp, Chor des Bayerischen Rundfunks und Akademie für Alte Musik Berlin. Leitung: Howard Arman
Ton und Technik: Michael Krogmann/Susanne Herzig
Regieassistenz: Stefanie Ramb
Regie: Karl Bruckmaier
BR 2017