Zögerliches Kultusministerium Wie sollte die Sexualerziehung an Bayerns Schulen aussehen?
Die einen Eltern wollen eine umfassende Aufklärung, anderen wäre es lieber, der Staat würde sich raushalten. Bayern sucht noch nach einem neuen Kurs für die Sexualerziehung in der Schule, überarbeitete Richtlinien lassen auf sich warten.
Es gab viel Lob von allen Landtagsfraktionen, als im Frühjahr die neuen Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen vorgestellt worden sind. Längst überfällig, hieß es. Schließlich waren die gültigen Richtlinien bereits 14 Jahre alt.
Auch Claudia Stamm von den Grünen ging davon aus, dass bei der Sexualerziehung in Bayern ein neues Zeitalter beginnt. Doch sie wurde enttäuscht
Das Aktionsbündnis "Demo für alle“ ist ein Zusammenschluss von rund zwei Dutzend Initiativen, Vereinen und Einzelpersonen. Bundesweit engagiert sich "„Demo für alle“ gegen eine frühe Sexualerziehung und gegen das Gender-Thema in Lehrplänen.
Die Proteste in Baden-Württemberg waren wirkungslos
Demonstrationen in Baden-Württemberg haben für viel Wirbel gesorgt, blieben aber wirkungslos: Der grün-rote Bildungsplan wurde von der neuen grün-schwarzen Regierung unverändert in Kraft gesetzt.
In Bayern wurde eine für Juli geplante Münchner "Weckruf-Demo“ wegen des Amoklaufs abgesagt. Stattdessen empfing aber Kultusminister Ludwig Spaenle Vertreter des Bündnisses. Darunter die Magdeburger "Demo für alle"-Koordinatorin Hedwig von Beverfoerde. In einem 9-Punkte-Forderungspapier fasste sie ihre Kritik zusammen.
"Der grundlegende Kritikpunkt ist, dass dieser Entwurf erstmals Begriffe, Inhalte und Ziele der Genderideologie ganz stark enthält, wie auch der Sexualpädagogik der Vielfalt - und dass diese Inhalte auch verpflichtend gemacht werden sollen für alle Schüler von der 1. bis zur letzten Klasse an allen Schulen in Bayern."
Hedwig von Beverfoerde
Vor allem das Kapitel "Geschlechterrollen und Identitätssuche“ ist ein Stein des Anstoßes. Darin geht es auch um die Vielfalt der Lebensformen wie Hetero-, Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualität.
Die Themen sollen vorurteilsfrei angesprochen werden, im Geiste von Toleranz und Akzeptanz gegenüber sexuellen Orientierungen. So sehen es die neuen Richtlinien vor.
"Das ist genau das Problem, denn das verstößt gegen das Indoktrinationsverbot."
Hedwig von Beverfoerde
Das Kultusministerium zögert - wegen der Kritiker?
Hat die Kritik des Aktionsbündnisses Bayerns Kultusminister Spaenle veranlasst, die Richtlinien kurz vor Beginn des Schuljahres zu stoppen? Sein Sprecher Ludwig Unger beschwichtigt.
"Zu den Richtlinien hat es verschiedene Gespräche gegeben mit verschiedenen Gruppen, mit 'Demo für alle', aber auch die Kirchen waren im Gespräch mit dem Minister. Das ist ganz normal, wenn man Richtlinien entwickelt."
Ludwig Unger, Sprecher des Kultusministeriums
Warten auf die neuen Richtlinien für Bayerns Schulen
Dass die Richtlinien bereits zum Schuljahr 2016/2017 in Kraft treten sollten - das bestreitet der Ministeriumssprecher. Sie würden derzeit noch redaktionell bearbeitet. "Manchmal liegt im Detail mehr Arbeit als man vermutet", betont Ludwig Unger - und ergänzt: "Jetzt im Jahr 2016 wird es, soll es neue Richtlinien geben."
Die redigierte Fassung der Richtlinie für die Sexualerziehung werden sich nicht nur die Akteure von "Demo für alle“ ganz genau ansehen, sondern auch die Mitglieder des Münchner Bündnisses "Vielfalt statt Einfalt“. Die hier organisierten Gruppen, Verbände und Einzelpersonen verstehen sich als Gegenentwurf zur "Demo für alle".
"Uns geht es ja drum, dass junge Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, transidente Menschen oder intersexuelle Menschen zu sich selber stehen können, in der Schule nicht mehr gemobbt werden, ein Selbstbewusstsein haben und als Menschen anerkannt und akzeptiert werden."
'Vielfalt statt Einfalt'-Sprecher Werner Gaßner