hör!spiel!art.mix Peter Weiss: Abschied von den Eltern (2/4)
Freitag, 16.06.2017
21:05
bis 22:30 Uhr
BAYERN 2
Abschied von den Eltern (2/4)
Von Peter Weiss
Mit Robert Stadlober
Komposition: The Notwist
Regie: Karl Bruckmaier
BR 2013
Als Podcast verfügbar im Hörspiel Pool
Abschied von den Eltern erscheint als erster Teil einer autobiografischen Künstlerprosa, die in Fluchtpunkt (1962) ihre Fortsetzung findet. Obwohl Peter Weiss immer sehr nah an seinen persönlichen Erfahrungen bleibt, bekommen seine Schilderungen etwas entwicklungspsychologisch Allgemeingültiges. Gleichzeitig schafft er durch die differenzierte Beschreibung des Einflusses von Familie auf das Individuum auch eine kritische Betrachtung des konservativen
Bürgertums Mitte des 20. Jahrhunderts, wodurch seine Erzählung zu einem wichtigen Werk für die Jugendprotestbewegung von 1968 wurde. Die Stimmung
der hier ungekürzten Audiofassung der Erzählung wird auch durch den Sound der Independent Band The Notwist zur Geltung gebracht. Grundlage für die musikalischen Intermezzi sind acht Collagen, die Peter Weiss 1962 zu Abschied von den Eltern angefertigt hat, um die Geschichte mit anderen Mitteln noch
einmal zu erzählen.
Peter Weiss, geb. 1916 in Nowawes (heute Potsdam). Sohn eines jüdische Textilfabrikanten ungarischer Herkunft und einer deutschen Schauspielerin. Deutsch-schwedischer Schriftsteller, Maler, Filmemacher und Illustrator. 1934 Tod der Schwester Margit und Emigration über London nach Prag. Studium
der Malerei an der Prager Kunstakademie. 1938 Aussiedlung über die Schweiz ins Exil nach Schweden. Durch intensiven Briefwechsel mit seinem Idol Hermann Hesse Bestärkung zur künstlerischen Arbeit. In den 30er-40er Jahren vorrangig Beschäftigung mit expressionistischer Malerei. Ab den 50er
Jahren erste kleinere Erfolge als Experimentalfilmer. 1960 Durchbruch mit "Der Schatten des Körpers des Kutschers" und Aufnahme in die Künstlerverbindung Gruppe 47. Auf die surrealistische Prosa folgen politische Werke analytisch-dokumentarischen Charakters. Zentral ist dabei die vergangenheitspolitische Aufarbeitung Europas in der Kunst. Weiss propagiert, Kunst und Leben nicht zu trennen. 1982, im Jahr seines Todes, sollte Weiss mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt werden, er erhält die Auszeichnung posthum. Werke u.a. "Dokument I/Der Vogelfreie. Erzählung" (1949), "Abschied von den Eltern. Erzählung" (1961), "Fluchtpunkt. Roman" (1962), "Die Ästhetik des Widerstands" (3 Bände; 1975, 1978, 1981), "Die Versicherung" (1971), "Hölderlin. Stück in 2 Akten" (1971). Hörspiele u.a. "Die Ermittlung" (ARD/DRS 1965), "Die Ästhetik des Widerstands" (BR/WDR 2007), "Der Schatten des Körpers des Kutschers" (BR 2009).