Bayern 2

     

Zündfunk Generator Simulierte Realitäten als Wahrnehmungstrips im Film

Sonntag, 02.02.2014
22:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

Öffne die Augen!
Simulierte Realitäten als Wahrnehmungs-Trips im Film
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast verfügbar

Das Kino spielt - nach einem schönen Wort von Alfred Hitchcock - mit den Gefühlen der Zuschauer wie auf einer Orgel der Empfindungen. Manchmal spielt es aber auch mit dem Verstand, und besonders gern spielt es mit der Wahrnehmung. Dieses Spiel mit Wahrnehmung und Verstand im Kino geht zurück auf Erzähltechniken, die es schon in der Literatur und auf dem Theater gibt: unlineares oder "unzuverlässiges" Erzählen, Mehrfachperspektive, Wechsel der Bewusstseinsebene. Der etwas derbe Ausdruck für diese Manipulation, Verwirrung und Überraschung des Zuschauer-Verstandes im Film ist Mindfuck. Der Mindfuck als Wahrnehmungstrip im Kino ist ein ästhetischer Reflex auf das, was die Wissenschaft "simulierte Realität" nennt. Wir als Zuschauer lassen uns dabei auf ein Spiel mit einer Wirklichkeit ein, die plötzlich oder allmählich "nachgibt", sich aufspaltet, spiegelt oder negiert. Die Grundpfeiler der Wahrnehmung - ein eindeutiger Raum, eine lineare Zeit und ein halbwegs stabiles Subjekt - werden neu gemischt. Der Trick ist, dass wir dabei auf eine filmische Realität hereinfallen, die wir als "eigentliche" Wirklichkeit ansehen, bis der Film uns eben dies mit seinen Mitteln wieder austreibt. Im Gegensatz zu einem "Whodunit" geht es dabei nicht um Maskeraden und Rollenspiele, sondern um wirkliche Auflösungen. M. Night Shyamalans "The Sixth Sense" treibt ein Spiel zwischen den Lebenden und den Toten auf die Spitze. Tarsem Singhs "The Cell" oder Danny Boyles "Trance" zeigen mehr oder weniger buchstäblich die Reise in einen Kopf, in Erinnerungen, Träume und Ängste. Oder ein Film identifiziert sich mit dem Wahnsystem eines Protagonisten, das nach und nach Risse bekommt oder von außen aufgebrochen wird.