Zündfunk Generator Über den Zusammenhang von Kunst und politischer Gewalt
Sonntag, 08.02.2015
22:05
bis 23:00 Uhr
BAYERN 2
Terror als Text
Über den Zusammenhang von Kunst und politischer Gewalt
Von Jan Drees
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast verfügbar
"Das war das größte Kunstwerk, das es je gegeben hat." Mit diesen abscheulichen Worten reagierte der Komponist Karlheinz Stockhausen auf die Terroranschläge von 9/11 in New York. Die Empörung war exorbitant. Doch es gibt einen Zusammenhang zwischen Kunst und Terrorismus, der seit einiger Zeit genauer untersucht wird. Was bedeutet diese unheilvolle Allianz?
"Es gibt in meinem Buch einen Satz, der mehrfach wiederkommt und umgedreht wird. Der heißt eigentlich ‚Phantasie ist eine der schlimmsten Möglichkeiten des Terrorismus’ . Kluges, strategisches Denken. Aber dieser Satz lässt sich umdrehen: 'Terror ist eine der schlimmsten Möglichkeiten der Phantasie.' Er kommt also aus dem Vermögen, in den berühmten Musilschen Möglichkeitsräumen zu denken, sich fiktive Szenarien auszudenken, jenem Vermögen, aus dem auch das Erfinden von Fiktion, das Schreiben von Romanen resultiert. Man sieht sozusagen, wie eine Möglichkeit sich wenden und in verschiedene Richtungen bewegen kann." Ulrike Draesner über ihren Roman "Spiele"
Generator-Autor Jan Drees macht sich nach den Terroranschlägen in Paris auf die Suche nach dem Zusammenhang von Terrorismus und Kunst. Er besucht den bald 75-jährigen Schriftsteller Uwe Timm in dessen Münchner Wohnung - und spricht mit ihm über die '67er-Revolte, die RAF und das Schreiben mit Blick auf die Schusswaffe. Er diskutiert mit Bestsellerautorin Ulrike Draesner über die Geburt des internationalen Terrorismus und den Anschlag auf die israelische Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Er spricht mit dem jungen Geisteswissenschaftler Michael König, der gerade einen Band über "Die Poetik des Terrors" vorgelegt hat und fragt mit dem Siegener Professor Thomas Hecken nach der Verbindung von "Avantgarde und Terrorismus". Eine Stunde über politische Gewalt, Terrorliteratur und ein perfides Narrativ, das die amerikanische Politik nach 9/11 etabliert hat und das von Orson Welles' Hörspiel "The War of the World" direkt in das Gefangenenlager von Guantanamo auf Kuba führt.