Bayern 2 - Hörspiel


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Die apokalyptische Glühbirne Hörspiel/Film von Frank Witzel

Stand: 02.03.2018 | Archiv

Frank Witzel Zeichnung "Die apokalyptische Glühbirne" | Bild: Frank Witzel

Hörspiel-Film-Vorführung auf dem KÖLNER KONGRESS 2018

Am 2. und 3 März lädt der Deutschlandfunk zum zweiten Kölner Kongress: Mit Radioperformances, Vorträgen, Gesprächen, Installationen kommen zahlreiche internationale Vertreter des medialen Erzählens und ein großes Publikum bei freiem Eintritt zusammen.

Hörspiel-Film "Die apokalyptische Glühbirne", im Anschluss Publikumsgespräch
Sonntag, 03. März 2018, 17:00 Uhr, Konferenzraum 2

Frank Witzel/Leonhard Koppelmann: Statements zu "Die apokalyptische Glühbirne"

Frank Witzel beherrscht ein einzigartiges Verfahren um unserer leicht flüchtigen Realität Herr zu werden: er ver-rückt sie.

In seinem Originalhör- und Sehspiel Die apokalyptische Glühbirne im geradezu wörtlichen Sinne, denn im Zentrum seiner Geschichte steht die schriftliche Hinterlassenschaft des seit seinem 9. Lebensjahr in verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen weggesperrten Christoph Wendel. Von ihrer Mutter beauftragt, soll seine Großnichte Bettina die persönliche Habe des Verstorbenen aufräumen und stößt dabei auf ein dunkles Kapitel Familien- und Gesellschaftsgeschichte. Gegen das systematische Schweigen seiner Umwelt hat ihr Großonkel mit vermeintlich ver-rückten Briefen angeschrieben – sein verzweifelter Versuch ein für ihn tief traumatisches Erlebnis während der Nazizeit zu „bewältigen“.

Frank Witzel schafft mit dieser Setzung eine doppelte Leerstelle, – durch Christoph Wendel, der ver-rückte Schlaufen um sein Trauma legt und durch das „Totschweigen“ der Familie –, die wir automatisch mit unseren eigenen Erfahrungen anfüllen. Erfahrungen mit Familienbiographien über die ebenso dröhnend geschwiegen wurde und wird und die dann doch irgendwann wie wuchernde Schwären aufbrechen und unsere sozialen Gefüge erschüttern.

Dieses große „deutsche“ Thema packt Frank Witzel jenseits aller schulbuchmäßigen Didaktik mit den Mitteln des Absurden und der Groteske ohne es jedoch zu banalisieren oder gar zu bagatellisieren. Durch die Erweiterung seines Textes mit einem Zyklus ergänzender Zeichnungen und einer eigens dazu komponierten Musik, breitet sich vor uns der dissoziierte Gedankenkosmos der Hauptfigur aus, eine vielfältige Einladung zur Selbstreflektion. Frank Witzel schafft mit seinem Verfahren Anknüpfpunkte für unsere medialen und persönlichen Vorerfahrungen, denn die Auseinandersetzung mit der Schuldfrage beginnt ja zum Glück nicht erst heute, dennoch müssen wir uns gewahr sein, dass sie eben auch noch lange nicht abgeschlossen ist und „zu den Akten gelegt“ werden kann.

Für Christoph Wendel spendet die titelgebende Glühbirne als einzige Quelle Licht, Wärme und Hoffnung, gleichzeitig bedeutet das sprichwörtliche „Licht das mit ihr aufgeht“ aber auch das Ende jeglicher Unschuld. Keiner kann nachher mehr sagen, er habe nichts gewusst. Diese Aufklärung ist aber kein neues Trauma, im Gegenteil, es ist der erste und notwendige Schritt zur „Bewältigung“ und macht so ein „befreites“ Leben erst möglich. Im Mikrokosmos der Familie genauso, wie für uns als geschichtlich schuldbeladene Nachgeborene.

Frank Witzel: Die apokalyptische Glühbirne

Mit Peter Brombacher, Gaby Dohm, Thomas Hauser, Julia Riedler, Michael Tregor, Sophie von Kessel, Irina Wanka, Anton Winstel

Komposition: Frank Witzel
Regie: Leonhard Koppelmann
BR 2017

Frank Witzel, geb. 1955 in Wiesbaden, Autor, Essayist, Zeichner, Musiker. Für seinen Roman Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch depressiven Teenager im Sommer 1969 erhielt er den Deutschen Buchpreis 2015 sowie den Robert Gernhardt Preis 2012. Weitere Veröffentlichungen u.a. Bluemoon Baby (2001), Revolution und Heimarbeit (2003), Vondenloh (2008). Hörspieladaption Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch depressiven Teenager im Sommer 1969 (BR 2016, Hörspiel des Monats Juni 2016, Deutscher Hörbuchpreis 2017 in der Kategorie Bestes Hörspiel).


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